Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe. Keine ausreichende Konkursmasse. Zumutbarkeit der Kostenaufbringung. Anteilige Aufbringung der Prozesskosten im Verhältnis zu der zu erwartenden Quotenverbesserung. Risikogemeinschaft der wirtschaftlich Beteiligten. Zumutbarkeit. Außergerichtliche Kosten gehören zu den Masseverbindlichkeiten
Leitsatz (redaktionell)
1. Nach § 116 Nr. 1 ZPO wird Prozesskostenhilfe nur bewilligt, wenn die Kosten aus der verwalteten Vermögensmasse nicht aufgebracht werden können und eine Kostenübernahme den am Rechtsstreit wirtschaftlich Beteiligten nicht zuzumuten ist. Für die Unzumutbarkeit werden dabei nicht die gesamten Verfahrenskosten in Beziehung zu einzelnen Gläubigern gesetzt. Die wirtschaftlich Beteiligten bilden vielmehr eine Risikogemeinschaft, innerhalb der der gesamte Vorschuss aufgebracht werden muss.
2. Das Verhältnis der von den Insolvenzgläubigern gemeinschaftlich aufzubringenden und auf sie verhältnismäßig zu verteilenden Kosten muss in einem angemessenen Verhältnis zu der zu erwartenden Quotenerhöhung stehen.
Normenkette
ZPO § 116 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 31 O 27/02) |
Nachgehend
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des LG vom 22.8.2002 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
A. I. Die Antragstellerin will den Antragsgegner als früheren Alleingesellschafter der Gemeinschuldnerin auf Zahlung von 562.421,07 Euro in Anspruch nehmen und begehrt für die beabsichtigte Rechtsverfolgung Prozesskostenhilfe. Die freie Konkursmasse beläuft sich gegenwärtig lediglich auf 1.536,12 Euro. Das LG hat die Erfolgsaussichten der Klage bezweifelt und den Antrag mit der Begründung zurückgewiesen, die Voraussetzungen des § 116 S. 1 Nr. 1 ZPO lägen nicht vor. Insbesondere dem als wirtschaftlich Beteiligten im Sinne der Vorschrift anzusehenden Insolvenzgläubiger mit der laufenden Nr. 18 der Tabelle gem. § 175 InsO (O. GmbH & Co. KG mit einer Forderung von 310.867,79 DM), ferner den Insolvenzgläubigern mit den laufenden Nrn. 15 und 16 mit festgestellten Forderungen um ca. 80.000 bis 90.000 DM sowie dem Gläubiger mit der laufenden Nr. 20 mit festgestellten Forderungen von nahezu 58.000 DM sei zuzumuten, die Prozesskosten aufzubringen, weil sich bei vollem Erfolg der Klage eine Insolvenzquote von 43,33 % ergebe. Im Nichtabhilfebeschluss vom 27.10.2002 hat das LG dem hinzugefügt, der Insolvenzgläubiger mit der Nr. 21 sei ebenfalls heranzuziehen, auch wenn seine Gesamtforderung über 684.624,34 DM bestritten sei.
II. Die Beschwerde hält dem entgegen, bei einer erfolgreichen Klage und abschließenden Vollstreckung müssten die Gläubiger mit den laufenden Nrn. 15 und 16 in Anbetracht der zu erwartenden Quote ein Prozesskostenrisiko in Höhe des Doppelten ihrer möglichen Befriedigung übernehmen. Im Falle des Gläubigers zur laufenden Nr. 20 übersteige dieses bereits die angemeldete Forderung und betrage ca. das Zweifache der maximal zu erwartenden Befriedigung. Vor diesem Hintergrund sei schließlich auch dem Insolvenzgläubiger zur laufenden Nr. 18 die Leistung eines Prozesskostenvorschusses nicht zumutbar, weil er ein Prozesskostenrisiko in Höhe der Hälfte des maximal möglichen finanziellen Erfolges tragen müsste. Würde die O. GmbH & Co. KG einen Betrag in Höhe der ihr zustehenden Quote einklagen, träfe sie ein Prozesskostenrisiko in Höhe von lediglich 10.366,40 Euro.
B. Die sofortige Beschwerde ist nicht begründet. Das LG hat die Gewährung von Prozesskostenhilfe zu Recht versagt.
Nach § 116 Nr. 1 ZPO erhält eine Partei kraft Amtes auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die Kosten aus der verwalteten Vermögensmasse nicht aufgebracht werden können und den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten nicht zuzumuten ist, die Kosten aufzubringen. An letzterer Voraussetzung fehlt es. Unter den vom LG in beiden Beschlüssen genannten Insolvenzgläubigern – allesamt wirtschaftlich Beteiligte im Sinne des Gesetzes – ist keiner, von dem die Antragstellerin geltend machen würde, er sei zur zumindest teilweisen Aufbringung der Prozesskosten erster Instanz (vgl. dazu Uhlenbruck, Komm. zur InsO, 2003, § 80 Rz. 77) nicht in der Lage. Unerheblich ist, ob alle Gläubiger herangezogen werden können. Die wirtschaftlich Beteiligten bilden eine Risikogemeinschaft, innerhalb der unabhängig von der Zahl der leistungsfähigen oder -bereiten Beteiligten der gesamte Vorschuss – im Rahmen der Zumutbarkeit – aufgebracht werden muss (vgl. BGH v. 7.7.1997 – II ZB 7/97, MDR 1997, 969 = NJW 1997, 3318 [3319]; Uhlenbruck, Komm. zur InsO, 2003, § 80 Rz. 81). Mehrere Gläubiger können zur anteiligen Aufbringung der Verfahrenskosten jeweils im Verhältnis zu der zu erwartenden Quotenverbesserung herangezogen werden (vgl. BGH, Beschl. v. 8.2.1999 – II ZB 24/98, MDR 1999, 702 = ZIP 1999, 494 [495]).
Die anteilige Aufbr...