Leitsatz (amtlich)
Rechtsfolge des § 103 Abs. 2 InsO ist, dass die Beklagte ihre möglicherweise bestehende Forderung wegen der Nichterfüllung nur als Insolvenzforderung geltend machen kann. Die zwingenden Folgen der Insolvenzeröffnung sind der vertraglichen Gestaltung durch die Parteien entzogen.
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 27.08.2003; Aktenzeichen 105 O 81/03) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 27.8.2003 verkündete Urteil der Kammer für Handelsachen 105 des LG Berlin - 105 O 81/03 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
A. Für den Sachvortrag und die Anträge der Parteien in erster Instanz, die dort gestellten Anträge und die Entscheidung des LG wird auf das angefochtene Urteil verwiesen.
Gegen das am 24.9.2003 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 21.10.2003 Berufung eingelegt und diese nach wiederholter Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 25.1.2004 am Montag, dem 26.1.2004 begründet.
Die Beklagte, die insb. rügt, dass das LG im ersten Termin der Klage stattgegeben hat, ohne ihr Gelegenheit zu geben, ihre Prämienansprüche im Einzelnen dem Grunde und der Höhe nach darzulegen, hat mit der Berufungsbegründung, auf die insoweit verwiesen wird, die Entwicklung des Vertragsverhältnisses zwischen ihr und der Schuldnerin und die daraus nach
ihrer Auffassung noch bestehenden Ansprüche auf Zahlung von Versicherungsprämien für die Zeit vom 1.10.2000-1.10.2003 i.H.v. 23.084,83 EUR (45.150 DM = 15.050 DM pro Jahr) dargelegt. Dabei handelt es sich nur um Prämien, die nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 4.7.2000 angefallen sein sollen. Ansonsten setzen die Parteien ihren Streit um die Rechtsfrage fort, ob und ggf. auf welcher Rechtsgrundlage das zwischen der Beklagten und der Schuldnerin entstandene Rechtsverhältnis mit welchen Rechtsfolgen im Verhältnis zum Kläger noch fortwirkt.
Die Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die Beklagte mit ihrem ergänzenden Sachvortrag für ausgeschlossen, weil die Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen, bestreitet diesen Vortrag in der Sache und verteidigt unter Vertiefung seines bisherigen Vorbringens das angefochten Urteil.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
B. Die Berufung ist zulässig, denn die Beklagte hat ihr Rechtsmittel form- und fristgerecht eingelegt und begründet. In der Sache hat das Rechtsmittel aber keinen Erfolg, denn das LG hat im Ergebnis zurecht festgestellt, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, von dem Kläger aus dem vormals zwischen ihr und der Schuldnerin bestehenden Kautionsversicherungsvertrag, Versicherungsprämien für den Zeitraum nach dem 4.7.2000, soweit sie hier Streitgegenstand sind, zu verlangen.
Auf das Berufungsverfahren waren grundsätzlich die Vorschriften der ZPO in der nach dem 1.1.2002 geltenden Fassung anzuwenden, denn die mündliche Verhandlung, auf die das angefochtene Urteil ergangen ist, wurde nach diesem Zeitpunkt geschlossen (§ 26 Nr. 5 EGZPO). Materiell waren der Entscheidung die Vorschriften der am 1.1.1999 in Kraft getretenen Insolvenzordnung zugrunde zu legen, denn das Verfahren ist nach dem 31.12.1998 beantragt worden (Art. Art. 104 EGInsO).
Im Ansatz ist das LG zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte die Darlegungslast für das Bestehen der Forderung, der sie sich berühmt hat, trägt (Darlegungslast der Beklagten bei negativer Feststellungsklage; Zöller/Greger, 22. Aufl., § 256 Rz. 18). Das LG hätte die Beklagte aber auf diese von ihr in seinen Konsequenzen offenbar nicht richtig eingeschätzten Umstand nach § 139 Abs. 2 ZPO hinweisen müssen, denn sie konnte kaum erwarten, dass das LG die Klage im ersten Termin schlicht daran scheitern lassen will, dass die Prämienansprüche bisher nicht hinreichend dargetan sind, nachdem die Rechtsfragen im Vordergrund der Diskussion gestanden hatten. Dies ist ein wesentlicher Verfahrensfehler (§ 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Gleichwohl erweist sich das Urteil aus anderen Gründen als richtig.
Die Beklagte kann von dem Kläger nicht mehr die Erfüllung des Kautionsversicherungsvertrages verlangen, denn die wechselseitigen Ansprüche aus dem Vertragsverhältnis sind nach § 103 InsO nicht mehr durchsetzbar.
Entgegen der Auffassung des Klägers liegt kein Fall der §§ 115, 116 InsO vor. Für den Anwendungsbereich dieser Vorschriften besteht in der Literatur Streit darüber, ob der Vertrag selbst erlischt oder nur die Geschäftsbesorgungsbefugnis (vgl. Vosberg, ZIP 2002, 968 [970 f.]). Die Beantwortung dieser Frage kann im Ergebnis offen bleiben, denn hier geht es letztlich nicht um die Geschäftsbesorgung durch die Beklagte i...