Leitsatz (amtlich)
Es erscheint überwiegend wahrscheinlich (§ 287 ZPO), dass etwa 8 Jahre alte Fahrzeuge des Typs AUDI A 4 mit einer Laufleistung von 197.000 km üblicherweise von Privat und damit umsatzsteuerfrei angeboten und gesucht werden. Der Wiederbeschaffungswert ist deshalb nicht um einen Umsatzsteueranteil zu vermindern.
Es bestehen keine Bedenken dagegen, die Nebenkostenpauschale für Verkehrsunfälle nach Einführung des EUR mit 20 EUR zu bemessen (§ 287 ZPO).
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 20.10.2005; Aktenzeichen 17 O 639/04) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers, die im Übrigen zurückgewiesen wird, wird das am 20.10.2005 verkündete Urteil der Zivilkammer 17 des LG Berlin - 17 O 639/04 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 3.930,35 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.1.2005 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten der ersten Instanz tragen die Beklagten zu 73 % und der Kläger zu 27 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen den Beklagten zu 61 % und dem Kläger zu 39 % zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Berufung ist zulässig und hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
A. Haftungsquote
Nach dem Ergebnis der in zweiter Instanz wiederholten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senates fest, dass der Unfall von dem Beklagten zu 1) dadurch verursacht wurde, dass er die für ihn maßgebliche Kreuzungsampel bei rotem Ampellicht überfahren hat. Die Beklagten haften für den Unfall mithin zu 100 %. Eine Mithaftung des Klägers war nicht festzustellen, da dieser seinen Abbiegevorgang erst nach Aufleuchten des für ihn maßgeblichen Grünpfeils fortgesetzt hat und die Betriebsgefahr seines Fahrzeuges ggü. dem schuldhaften Verhalten des Beklagten zu 1) nicht ins Gewicht fällt.
Der Senat folgt den Aussagen der Zeugen ... und ... sowie den Angaben des persönlich gehörten Klägers, aus denen sich unter Auswertung des in zweiter Instanz beigezogenen Ampelschaltplans die oben wiedergegebene tatsächliche Feststellung ergibt. Entgegen der Ansicht des LG in der angefochtenen Entscheidung weichen die Angaben der Zeugen ... nicht von den Darlegungen des Klägers ab. Das LG hat übersehen, dass der Kläger die Situation aus seiner Sicht, die Zeugin Caliebe die Situation dagegen aus der Sicht des Gegenverkehrs beschrieben hat. Diesen vermeintlichen Widerspruch hätte das LG bereits erstinstanzlich durch gezielte Nachfrage an die Zeugen und insb. durch eine Beiziehung des Lage - und Signalzeitenplans der Unfallkreuzung aufklären können. In zweiter Instanz haben die persönlich gehörten Parteien sowie die Zeugen anhand dieses Lage - und Signalzeitenplans den Unfallhergang nachvollziehbar und verständlich darlegen können.
Der Zeuge ... konnte zwar zum Unfallhergang keine konkreten Angaben machen, er konnte aber die Verkehrssituation sowie das Geschehen kurz vor dem Unfall präzise schildern. Wenn seinen zeitlichen Angaben auch nicht auf die Sekunde genau gefolgt werden kann, so ergibt sich aus seiner Aussage jedoch, dass er gegen Ende der für ihn maßgeblichen Grünphase in den Kreuzungsbereich eingefahren sein muss.
Die Zeugen ... hat den Unfall nachvollziehbar und in sich widerspruchsfrei geschildert, sie hat offen zugegeben, wenn sie sich an Einzelheiten nicht mehr erinnern konnte. Sie hat dargelegt, dass sie das Verkehrsgeschehen wegen der Suche nach einer Tankstelle und des hohen Verkehrsaufkommens aufmerksam beobachtet hat, um den das Fahrzeug führenden Kläger zu unterstützen.
Die Einlassung des persönlich gehörten Beklagten zu 1) widerspricht dagegen in einem wesentlichen Punkt den Angaben der beiden Zeugen sowie des persönlich gehörten Klägers. Der Beklagte zu 1) hat ausgesagt, dass sich auf den beiden Spuren links neben ihm keine Fahrzeuge befunden hätten. Dagegen haben die Zeugen ... und ... in Übereinstimmung mit dem Kläger bekundet, dass auf den beiden Fahrstreifen links neben dem Beklagten zu 1) reger Fahrzeugverkehr war und dass die Fahrzeuge in diesen in beiden Fahrspuren an der Haltelinie der Kreuzung zum Stehen gekommen waren. Den Angaben des Beklagten zu 1) kann deshalb insgesamt nicht gefolgt werden.
B. Schadenshöhe
Wiederbeschaffungswert (Rest 662,10 EUR)
Der vom LG vorgenommene Abzug der Umsatzsteuer ist aufgrund des Fahrzeugalters (Erstzulassung am 22.3.1996) und der Laufleistung von 197.000 km vorliegend nicht gerechtfertigt.
Da das schädigende Ereignis nach dem 31.7.2002 eingetreten ist, bestimmt sich die Ersatzpflicht der Beklagten gem. Art. 229 § 8 Abs. 1 EGBGB nach den Vorschriften der §§ 249 ff. BGB in der Fassung des zweiten Gesetzes zur Änderung schadensrechtlicher Vorschriften vom 19.7.2002 (BGBl. I 2674). Nach dieser gesetzlichen Neuregelung schließt der bei der Beschädigung einer Sache zur Wiederherstellung erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist (§ 249 Abs. 2 Satz 2 BGB). Dies gi...