Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Verzugsbegründung bei im Amtsblatt von Berlin veröffentlichen Leistungsbedingungen

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 07.08.2003; Aktenzeichen 9 O 682/02)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 7.8.2003 verkündete Anerkenntnisteil- und Schlussurteil der Zivilkammer 9 des LG Berlin - Geschäftsnummer: 9 O 682/02 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 8.403,73 Euro nebst Zinsen i.H.v. drei Prozentpunkten über dem jeweils maßgeblichen Basiszinssatz nach § 1 DÜG

aus 662,38 Euro v. 16.2.2000 bis 15.5.2000,

aus weiteren 1.039,25 Euro v. 16.5.2000 bis 31.5.2000,

und

nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweils maßgeblichen Basiszinssatz nach § 1 DÜG

v. 1.6.2000 bis 15.8.2000,

aus weiteren 1.039,25 Euro v. 16.8.2000 bis 27.9.2000,

aus weiteren 1.211,76 Euro v. 28.9.2000 bis 15.11.2000,

aus weiteren 1.039, 25 Euro v. 16.11.2000 bis 15.2.2001,

aus weiteren 1.186,76 Euro v. 16.2.2001 bis 15.5.2001,

aus weiteren 1.112,54 Euro v. 16.5.2001 bis 15.8.2001

und aus weiteren 1.112,54 Euro v. 16.8.2001 bis 31.12.2001

sowie i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweils maßgeblichen Basiszinssatz seit dem 1.1.2002 zu zahlen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz haben die Klägerin 1/10 und die Beklagte 9/10 zu tragen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Von der Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird abgesehen, §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO.

II. Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 517, 519, 520 ZPO), mithin zulässig. Sie hat in der Sache, soweit noch über sie zu entscheiden war, Erfolg.

A. Der erkennende Senat erachtet es für nicht zutreffend, dass im angefochtenen Urteil hinsichtlich der Straßenreinigungskosten Verzugszinsen erst seit der Zustellung des Mahnbescheides zuerkannt worden sind. Nach seiner Ansicht stehen der Klägerin ggü. der Beklagten Verzugszinsen seit Ablauf der Fälligkeitszeitpunkte, die in den jeweiligen "Leistungsbedingungen der Berliner Stadtreinigungsbetriebe aufgeführt sind, zu, § 7 Abs. 2 S. 1 Bln StrReinG i.V.m. § 284 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. und Nr. 1.5.2. der Leistungsbedingungen der Berliner Stadtreinigungsbetriebe (Abl. Bln 1992, S. 67 ff.) (und den entsprechenden Regelungen in den Leistungsbedingungen v. 1.1.1994 (Abl Bln 1994, S. 17 ff.) sowie v. 18.5.2000 (Abl Bln 2000, S. 1834 ff.) zu (vgl. insoweit bereits die am verkündeten Entscheidungen des Senats - KG v. 9.1.2004 - 25 U 101/03; 25 U 104/03, 25 U 124/03).

Nach § 284 Abs. 1 S. 1 BGB a.F. kommt ein Schuldner, der auf eine Mahnung des Gläubigers nicht leistet, die nach dem Eintritte der Fälligkeit erfolgt, erst durch die Mahnung in Verzug. Ist für die Leistung aber eine Zeit nach dem Kalender bestimmt, kommt der Schuldner ohne Mahnung in Verzug, wenn er nicht zu der "bestimmten" Zeit leistet, § 284 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. Letzteres liegt hier vor.

1. Zwischen den Parteien besteht ein Sonderrechtsverhältnis. Die Straßenreinigungspflicht ist durch das Berliner Straßenreinigungsgesetz weitgehend auf die Anlieger abgewälzt, zum Teil aber für diese hinsichtlich der tatsächlichen Erfüllung auf das Land zurückübertragen. Nach § 4 Abs. 1 S. 1 Bln StrReinG obliegt (für die in den Straßenreinigungsverzeichnissen A. und B. aufgeführten Straßen) dem Land Berlin die ordnungsgemäße Reinigung insoweit "für die Anlieger" und wird als öffentliche Aufgabe von den Berliner Straßenreinigungs-Betrieben durchgeführt. Hieraus wird hergeleitet, dass gem. § 7 Abs. 1 S. 2 Bln StrReinG von den entsprechenden Anliegern Entgelte auf der Grundlage der Tarife der BSR zu entrichten sind. Damit besteht zwischen den Anliegern und dem Land eine Leistungsbeziehung in Gestalt eines sog. Benutzungsverhältnisses (KG GE 1985, 360 f.). Das Straßenreinigungsentgelt wird nicht für die Reinigung der unmittelbar vor einem Grundstück liegenden Straßenfläche entrichtet, sondern für die Benutzung einer Einrichtung des Landes Berlin, die den Anliegern den Vorteil bringt, dass sie von der Erfüllung ihrer grundsätzlich bestehenden Straßenreinigungspflicht befreit sind. Die Heranziehung der Grundstückseigentümer zu Straßenreinigungsgebühren oder -entgelten findet ihre sachliche Rechtfertigung darin, dass die Grundstücke an öffentliches Straßenland angrenzen. Denn das Angrenzen bringt die durch die Straße gegebene Möglichkeit der wirtschaftlichen oder verkehrlichen Nutzung des Grundstücks, insb. die Möglichkeit der Schaffung eines Zugangs oder einer Zufahrt mit sich, bei deren Vorliegen die Straßenreinigung für den Eigentümer des angrenzenden Grundstücks in aller Regel sich auch vorteilhaft auswirkt und demgemäß ein objektiv begründetes Interesse des Angrenzers an der Reinhaltung der Straße begründet. Das Straßenreinigungsentgelt dient als Ausgleich des besonderen Interesses, das die Anlieger an der Reinigung der...

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