Verfahrensgang

LG Berlin (Entscheidung vom 05.01.2007; Aktenzeichen 28 O 209/06)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 12.07.2010; Aktenzeichen II ZR 269/07)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 5. Januar 2007 verkündete Urteil der Zivilkammer 28 - 28 O 209/06 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 110% des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I.

Die klagende Insolvenzverwalterin verlangt von der Beklagten Zahlung eines bisher nicht eingezahlten Teilbetrags ihrer Kommanditeinlage.

Die Beklagte ist der insolventen Kommanditgesellschaft mit Zeichnungsschein vom 19.11.93 (K 2 = Bd. I, Bl. 21 d.A.) als Kommanditistin beigetreten. Nach dem Inhalt des Zeichnungsscheins war eine "Pflichteinlage" von 100.000 DM zu erbringen. Die in das Handelsregister einzutragende "Hafteinlage" sollte 200.000 DM betragen. Der Anspruch der Gesellschaft auf Einzahlung des über die "Pflichteinlage" hinausgehenden Betrages sollte an die finanzierende Bank abgetreten werden können, was auch geschehen ist.

Die Beklagte ist mit einer Einlage von 200.000 DM als Kommanditistin im Handelsregister eingetragen. Sie hat bis auf den hier eingeklagten Betrag ihre Einlage erbracht.

Die Beklagte behauptet, sie sei in einer Haustürsituation zum Beitritt bestimmt worden; sie hat am 9. März 2006 den Widerruf ihrer Beitrittserklärung erklärt.

Im Insolvenzverfahren der Gesellschaft sind Forderungen in Höhe von 24.939.204,49 EUR zur Tabelle festgestellt worden, hiervon entfallen 24.679.307,68 EUR auf Darlehens- und Zinsforderungen der finanzierenden Bank.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zur Zahlung von 14.725,00 EUR nebst Rechtshängigkeitszinsen zu verurteilen. Das Landgericht hat der Klage mit Urteil vom 5. Januar 2007, auf dessen tatsächliche Feststellungen im übrigen Bezug genommen wird, antragsgemäß stattgegeben. Die Beklagte hat gegen das ihr am 10. Januar 2007 zugestellte Urteil am 9. Februar 2007 Berufung eingelegt und diese am 12. März 2007 (Montag) begründet.

Die Beklagte rügt nach wie vor die örtliche Unzuständigkeit des Landgerichts Berlin. Sie beharrt ferner auf ihrer Ansicht, dass sie nach wirksamem Widerruf ihres Beitritts der Gesellschaft gegenüber nicht mehr zur Einzahlung der Einlage verpflichtet sei und daher auch nicht von der Klägerin im Interesse von Gesellschaftsgläubigern auf Einzahlung ausstehender Einlagen in Anspruch genommen werden könne. Sie wendet weiterhin ein, dass die Forderung der finanzierenden Bank verjährt sei.

Im Berufungsverfahren rechnet die Beklagte in Höhe der Klageforderung mit einem Schadensersatzanspruch auf, der sich daraus ergeben soll, dass sie durch den Verkaufsprospekt der Gesellschaft nicht richtig über die sie betreffenden Haftungsrisiken aufgeklärt worden sei.

Die Beklagte beantragt,

die Klage unter Aufhebung des angefochtenen Urteils abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin stellt klar, dass sie die Beklagte vorrangig aus der gesetzlichen Haftung gemäß

§ 171 I, II HGB in Anspruch nehme und den an die Gläubigerbanken abgetretenen "Anspruch auf Zahlung der Haftsumme" (K 8, K 10, § 166 II InsO) nur hilfsweise geltend mache. Die Klägerin erhebt hinsichtlich des zur Aufrechnung gestellten Schadensersatzanspruchs die Einrede der Verjährung und widerspricht der Zulassung der Aufrechnung im Berufungsverfahren.

II.

Die Berufung der Beklagten wahrt die gesetzlichen Formen und Fristen und ist daher zulässig.

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Das angefochtene Urteil ist im Ergebnis richtig. Die Beklagte haftet den Gläubigern der insolventen Kommanditgesellschaft gemäß § 171 I HGB in Höhe ihrer unstreitig nicht erbrachten Einlage; die Rechte der Gläubiger sind gemäß § 171 II HGB von der klagenden Insolvenzverwalterin geltend zu machen.

Die von der Beklagten erhobenen Einwendungen sind unbegründet.

1.

Die Rüge der Unzuständigkeit des Landgerichts Berlin ist gemäß § 513 II ZPO unbeachtlich.

2.

Der Widerruf des Beitritts - seine Zulässigkeit unterstellt - hat auf die Haftung der Beklagten gegenüber außenstehenden Gläubigern (§ 171 I, II HGB) keinen Einfluss. Richtig ist, dass nach wirksamem Widerruf die Rechtsbeziehung des Gesellschafters zur Gesellschaft nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft abzuwickeln ist (vgl. zuletzt BGH, Urt. vom 10.04.06 - II ZR 218/04). Richtig ist auch, dass infolgedessen die Gesellschaft nach wirksamem Widerruf keinen isolierten Anspruch auf Einzahlung von Einlagen mehr hat (vgl. BGH, Urt. vom 15.05.00 - II ZR 6/99 = NJW 2000, 2586). Darum geht es hier aber nicht. Die Klägerin macht hier primär nicht einen Anspruch der insolventen Gesellschaft auf Zahlung der Einlage geltend. Streitgegenstand sind viel...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge