Leitsatz (amtlich)
Persönlichkeitsrechtsverletzung im Internet: Darlegungslast zur Bewertungsauswahl durch den Betreiber eines Bewertungsportals für Dienstleister.
Normenkette
BGB § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 27.01.2015; Aktenzeichen 27 O 252/14) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 27.1.2015 verkündete Urteil des LG Berlin - 27 O 252/14 - wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Kostenbetrages zuzüglich 10 % vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Wegen des Tatbestands wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Die Klägerin ist der Auffassung, das LG habe die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Software der Beklagten arbeite willkürlich. Angesichts der von ihr, der Klägerin, aufgezeigten Einzelfälle, nach denen die Einstufung als "empfohlener Beitrag" nicht einem unterschiedslos angewandten Muster folge, müsse die Beklagte die Arbeitsweise ihrer Software vollumfänglich darlegen. Jedenfalls sei ein Sachverständiger mit der Überprüfung der Software der Beklagten zu beauftragen. Durch die bei Google erscheinende Trefferanzeige, auf die die Beklagte Einfluss habe, werde zudem der unzutreffende Eindruck erweckt, dass es sich bei der angezeigten Anzahl von Bewertungen um sämtliche und nicht um die von der Beklagten empfohlenen Bewertungen handeln würde.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des LG Berlin vom 27.1.2015 - 27 O 252/14 - zu ändern und
1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen am Geschäftsführer, zu unterlassen, im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland auf www.y.de und/oder www.y.com
a) die Bewertungen der Klägerin als "nicht empfohlene Beiträge" in anderer Art und Weise anzuzeigen als "empfohlene Beiträge";
b) die als "nicht empfohlene Beiträge" gekennzeichneten Beiträge bei der Gesamtbewertung der Unterlassungsgläubigerin nicht zu berücksichtigen;
sowie hilfsweise,
c) in Bezug auf das Unternehmen der Klägerin Bewertungen von Nutzern der vorbenannten Internetseiten als zur Zeit "nicht empfohlene Beiträge" nicht in die Gesamtbewertung einfließen zu lassen und die so berechnete Gesamtbewertung sowie die Anzahl von Beiträgen unter www.google.de anzuzeigen und/oder anzeigen zu lassen, ohne hierbei darauf hinzuweisen und/oder hinweisen zu lassen, dass es sich bei der Anzahl der angezeigten Beiträge lediglich um von der Beklagten "empfohlene Beiträge" handelt, weitere Beiträge abgegeben wurden, die jedoch nicht in die Gesamtbewertung eingeflossen sind, da die Beklagte diese als "nicht empfohlene Beiträge" eingestuft hat, wie aus Anlage K 16 ersichtlich.
2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 865,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit dem 18.3.2014 zu zahlen.
3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die in Ziffer 1) angeführten Handlungen bereits entstanden ist bzw. noch entstehen wird.
Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen,
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II. Die gemäß § 511 ZPO statthafte Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht im Sinne der §§ 517, 519, 520 ZPO eingelegt und begründet worden. In der Sache erweist sie sich als unbegründet. Das LG hat einen Unterlassungsanspruch zu Recht verneint.
Mit dem LG ist davon auszugehen, dass es sich bei der Art und Weise der Selektion von auf der Plattform der Beklagten eingestellten Bewertungen um eine zulässige Meinungsäußerung handelt. Die Beklagte bedient sich für die Unterscheidung von empfohlenen und derzeit nicht empfohlenen Beiträgen einer Empfehlungssoftware und versucht dadurch, anhand bestimmter Merkmale herauszufinden, welche Bewertungen für die Nutzer der von ihr betriebenen Internetplattform Y. hilfreich sind und welche nicht. Dies dient angesichts der auf der Hand liegenden Missbrauchsmöglichkeit der von der Beklagten betriebenen Bewertungsplattform durch das Einstellen von Gefälligkeitsbeiträgen einerseits und nicht auf tatsächlichen Erfahrungen beruhenden negativen Bewertungen andererseits der Effektivität des angebotenen Dienstes. Denn eine Bewertung einzelner Unternehmen, die nicht auf tatsächlichen Erfahrungen beruht, ist für den Nutzer unbrauchbar. Die Entscheidung der Beklagten, aus diesem Grund nicht alle eingestellten Bewertungen zu veröffentlichen und auch nicht einzelne Bewertungen, die einen Missbrauch vermuten lassen, zu löschen, sondern alle Bewertungen einer dynamischen, d.h. einer andauern...