Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen, unter denen ein deutscher Staatsangehöriger mit kurdischer Herkunft vom Vermieter die Anbringung einer Parabolantenne auf dem Balkon der Wohnung zum Empfang kurdischer Fernsehprogramme verlangen kann.
Verfahrensgang
AG Berlin-Neukölln (Urteil vom 11.10.2006; Aktenzeichen 9 C 78/06) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das am 11.10.2006 verkündete Urteil des AG Neukölln - 9 C 78/06 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages zzgl. 10 % abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
1. Die Beklagten, die kurdischer Abstammung sind und die deutsche Staatsbürgerschaft erworben haben, sind seit Februar 1995 Mieter einer im dritten Obergeschoss gelegenen Wohnung auf dem Grundstück ... Die Klägerin ist seit dem 18.5.2005 Eigentümerin des Grundstücks und verlangt von den Beklagten die Entfernung einer von diesen an dem Geländer des zur Wohnung gehörenden Balkons angebrachten, deutlich sichtbaren Parabolantenne. Mit dieser Parabolantenne ist es den Beklagten möglich, die über einen Satelliten ausgestrahlten kurdischen Fernsehsender ROJTV, Kurdistan TV und KURD Sat zu empfangen. Nr. 3 der besonderen Vertragsbedingungen zum Mietvertrag enthält u.a. folgende Regelungen:
"Gemeinschaftsantenne; Breitbandkabelnetz (sofern vorhanden)
Ist die Wohnung an eine Gemeinschaftsantenne oder an eine mit einem Breitbandkabelnetz verbundene Verteilanlage angeschlossen, darf der Mieter außerhalb seiner Wohnung keine eigene Antenne für Hörfunk oder Fernsehen anbringen."
Nr. 7 der zum Mietvertrag gehörenden Allgemeinen Vertragsbestimmungen enthält unter der Überschrift: "Zustimmungsbedürftige Handlungen des Mieters:" in Abs. 1e) folgende Regelung:
"Mit Rücksicht auf die Gesamtheit der Mieter und im Interesse einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Hauses und der Wohnung bedarf der Mieter der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Wohnungsunternehmens, wenn er Antennen anbringt oder verändert."
Abs. 2 der Regelung lautet:
"Das Wohnungsunternehmen wird eine Zustimmung nicht verweigern, wenn Belästigungen anderer Hausbewohner und Nachbarn sowie Beeinträchtigungen der Mietsache und des Grundstücks nicht zu erwarten sind."
Auf dem Balkon im zweiten Obergeschoss unter der Wohnung der Beklagten befindet sich ebenfalls eine deutlich sichtbare Parabolantenne. Mieter dieser Wohnung ist ein vietnamesischer Staatsangehöriger, dem die Klägerin die Aufstellung der Parabolantenne gestattet hat.
Mit der Klage begehrt die Klägerin die Entfernung der Parabolantenne im Wesentlichen mit der Begründung, dass die Beklagten als deutsche Staatsangehörige kein Informationsbedürfnis hinsichtlich kurdischer, nur über eine Parabolantenne zu empfangender Fernsehsender geltend machen könnten.
Das AG hat die Klage abgewiesen und ausgeführt, dass den Beklagten wegen ihrer kurdischen Abstammung ein Informationsbedürfnis hinsichtlich des Geschehens in ihrer ehemaligen Heimat zustünde und dieses Interesse dem Interesse der Klägerin an der Gestaltung der Hausfassade vorginge.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Begehren weiter. Sie hält das Urteil nicht für zutreffend. Da die Beklagten - wohl schon bei Abschluss des Mietvertrages - deutsche Staatsbürger gewesen seien, bestünde auch kein Wille zur Rückkehr in ihr Heimatland, so dass für den Empfang kurdischer Fernsehprogramme kein Interesse der Beklagten bestünde, das ihr eigenes Interesse an einer einheitlichen Gestaltung der Außenfassade des Hauses überwiege. Soweit es den Mieter unterhalb der Wohnung der Beklagten angehe, habe sie die Anbringung der Parabolantenne gestattet, weil dessen Bedürfnis am Empfang vietnamesischer Fernsehsender vorrangig zu berücksichtigen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Klägerin in der Berufungsinstanz wird auf die Berufungsbegründung vom 16.11.2006 und die weiteren Schriftsätze der Klägerin vom 20.2., 24.4. und 5.9.2007 verwiesen.
Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des am 11.10.2006 verkündeten Urteils des AG Neukölln
1. die Beklagten zu verurteilen, die an der Balkonbrüstung der von ihnen im Hause der Klägerin, ..., im 2. Obergeschoss innegehaltenen Wohnung, bestehend aus 3 Zimmern, Diele/Flur, Küche, Toilette mit Bad, angebrachte Parabolantenne zu entfernen;
2. die Beklagten - unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, für jeden Fall der Zuwiderhandlung - zu verurteilen, die Aufstellung oder Installation einer Parabolantenne auf dem Balkon der von ihnen im Hause der Klägerin, ..., im 2. Obergeschoss innegehaltenen Wohnung, bestehend aus 3 Zimmern, Diele/Flur, Küche, Toilette mit Bad, oder an der Hauswand des Gebäudes zu unterlassen, sofern hierzu nicht eine vorherige schriftliche Zustimmung der Klägerin vorliegt.
Die Bekla...