Leitsatz (amtlich)

1. Macht der Käufer eines Pkw Nutzungsausfall als Schadensersatz statt der Leistung geltend, weil der Schaden auf dem infolge seines Rücktritts vom Kaufvertrag (und des damit verbundenen Erlöschens der ursprünglichen Leistungspflicht) endgültigen Ausbleiben der Leistung beruht (BGH, 14.04.2010 - VIII ZR 145/09 - in dieser Sache), so spricht die Lebenserfahrung für den erforderlichen Nutzungswillen, also dafür, dass er den privat erworbenen Pkw genutzt hätte, wenn er zur Verfügung gestanden hätte.

2. Ist der Käufer finanziell nicht in der Lage, sich ein Interimsfahrzeug anzuschaffen, und hatte der Verkäufer jegliche Sachmängelansprüche endgültig zurückgewiesen, kann auch ein Anspruch auf Nutzungsausfall für 168 Tage zugesprochen werden.

3. Als Schadensersatz statt der Leistung kann der Käufer auch die Zulassungskosten (hier: 75 EUR) für ein angeschafftes Ersatzfahrzeug verlangen.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 05.12.2007; Aktenzeichen 8 O 325/07)

 

Tenor

1. Auf die Berufungen der Klägerin und der Beklagten wird das Urteil des LG Berlin vom 5.12.2007 - 8 O 325/07 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6.459 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 4.5.2007 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits - einschließlich der Kosten der Revision - haben die

Klägerin 12 % und die Beklagte 88 % zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

A. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist zum einen noch der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Ersatz des Nutzungsausfalls, der vom LG mit Urteil vom 5.12.2007 i.H.v. 2.100 EUR zugesprochen und im Übrigen aberkannt worden ist. Wegen des aberkannten Teils des Anspruchs hat die Klägerin, wegen des zuerkannten Teils die Beklagte Berufung eingelegt.

Zum anderen ist noch über den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Zulassung eines Ersatzfahrzeugs zu entscheiden, der vom LG zuerkannt worden ist und gegen den sich die Beklagte mit ihrer Berufung wendet.

Die Klage ist hinsichtlich der weiteren Schadensersatzpositionen, die die Klägerin geltend gemacht hat, auf die Berufung der Beklagten unter Abänderung des Urteils des LG mit Urteil des Senats vom 30.4.2009 rechtskräftig abgewiesen worden. Die gegen dieses Urteil gerichtete Revision der Klägerin (über die der BGH durch Urt. v. 14.4.2010 - VIII ZR 145/09 - entschieden hat) hatte insoweit keinen Erfolg.

B. Die zulässige Berufung der Klägerin, die auf eine weitergehende Verurteilung der Beklagten gerichtet ist, hat Erfolg. Die zulässige Berufung der Beklagten, mit der sie eine vollständige Klageabweisung begehrt, hat - soweit über sie noch zu entscheiden ist - keinen Erfolg.

1. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Schadensersatz wegen des Nutzungs-ausfalls ihres Pkw in der Zeit vom 8.12.2005 bis zum 24.4.2006 nicht nur i.H.v. 2.100 EUR, wie vom LG angenommen, sondern i.H.v. insgesamt 6.384 EUR (168 × 38 EUR) gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1, § 249 Abs. 1, 2 S. 1 BGB zu. Insoweit hat die Berufung der Klägerin Erfolg, während die Berufung der Beklagten unbegründet ist.

a) Die Klägerin macht den Nutzungsausfallersatz in Form des Schadensersatzes statt der Leistung geltend, weil der Schaden auf dem infolge des Rücktritts und des damit verbundenen Erlöschens der ursprünglichen Leistungspflicht endgültigen Ausbleiben der Leistung beruht (BGH, Urt. v. 14.4.2010 - VIII ZR 145/09, Tz. 13).

b) Zu Recht hat das LG angenommen, dass die Beklagte die Lieferung des unstreitig mangelhaften Fahrzeugs zu vertreten hat. Die Beklagte dringt insoweit mit ihrer Berufungsrüge, sie habe alles getan, was sie habe tun können, nicht durch.

Die Beklagte ist aufgrund der ihr bekannten Vorschädigung des Fahrzeugs verpflichtet gewesen, dieses zu untersuchen. Da sie sich zur Erfüllung dieser Pflicht u.a. eines Gutachtendienstes bedient hat, hat sie sich das Verschulden dieses von ihr beauftragen Unternehmens gem. § 276 Abs. 2 BGB zurechnen zu lassen (BGH, Urt. v. 14.4.2010 - VIII ZR 145/09, Tz. 29).

Dieses Unternehmen hätte die vom Gerichtssachverständigen im Verfahren LG Berlin - 37 O 36/06 - festgestellten Mängel ebenfalls feststellen müssen. Denn zu Recht geht das LG davon aus, dass die erheblichen Mängel ohne weiteres sichtbar gewesen sind. Der Senat ist an diese Feststellung gem. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gebunden.

Der hiergegen gerichtete Angriff der Berufung, es könne nicht nachvollzogen werden, weshalb das LG davon ausgegangen sei, dass alle Mängel ohne weiteres sichtbar gewesen seien, hat keinen Erfolg.

Das LG hat sich ausdrücklich auf das in der Parallelsache eingeholte Sachverständigen Gutachten bezogen. Der Gerichtssachverständige hat dort erhebliche Mängel durch bloße Inaugenscheinnahme des Pkw feststellen können. Die Beklagte setzt sich mit diesem Gutachten im ...

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