Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 27.01.2004) |
AG Berlin-Tiergarten (Entscheidung vom 05.12.2003) |
Tenor
1.
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin vom 5. Dezember 2003 wird verworfen.
2.
Der Beschluss des Landgerichts Berlin vom 27. Januar 2004 wird aufgehoben.
3.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Das Amtsgericht Tiergarten hat den Angeklagten wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu je 15,00 EUR verurteilt. Sein gegen dieses Urteil zunächst unbestimmt eingelegtes Rechtsmittel hat der Angeklagte nach Zustellung der schriftlichen Urteilsgründe durch Erklärung zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle am 30. Januar 2004 als Revision bezeichnet; zugleich hat er die Verletzung sachlichen und formellen Rechts gerügt. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft hat das Landgericht durch Beschluss vom 27. Januar 2004 "die Berufung" des Angeklagten nach § 313 Abs. 2 StPO als unzulässig verworfen. Der Senat hat nunmehr über die Sprungrevision des Angeklagten, die von der Generalstaatsanwaltschaft Berlin vertreten wird, zu entscheiden; das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1.
Die Revision des Angeklagten ist zulässig. Er hat innerhalb der Frist des § 345 Abs. 1 StPO, die mit der Zustellung der schriftlichen Urteilsgründe am 30. Dezember 2003 zu laufen begonnen hatte, ordnungsgemäß durch Erklärung gegenüber dem zuständigen Urkundsbeamten der Geschäftsstelle das von ihm eingelegte unbestimmte Rechtsmittel als Revision bezeichnet und begründet. Der Zulässigkeit dieses Rechtsmittels steht nicht entgegen, dass das Landgericht es als Berufung behandelt und wegen offensichtlicher Unbegründetheit als unzulässig verworfen hat. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senates (vgl. etwa Beschluss vom 4. September 2000 - (4) 1 Ss 192/00 (101/00) - m.w.Nachw.) ist die Zulässigkeit der Sprungrevision unabhängig davon zu beurteilen, ob eine Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts hätte angenommen werden können.
2.
Die Revision ist jedoch im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO unbegründet.
a)
Die Verfahrensrüge ist nicht ordnungsgemäß ausgeführt (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) und deshalb unzulässig.
b)
Mit seiner Sachrüge dringt der Angeklagte nicht durch.
Nach den Feststellungen des Amtsgerichts (UA S. 2) fühlte sich der Angeklagte am 25. Mai 2003 im Rahmen einer von dem Zeugen S. und dem späteren Geschädigten, dem uniformierten Polizeikommissar K., durchgeführten Fahrausweiskontrolle in der Berliner U-Bahn schikaniert. Als der Zeuge K. dem Verlangen des Angeklagten, ihm seinen Dienstausweis zu zeigen, zunächst nicht nachkam, äußerte der Angeklagte, "Da kann ja jeder Clown kommen, ich möchte Ihren Dienstausweis sehen", wobei er mit dem Wort "Clown" seine Nichtachtung gegenüber dem Polizeibeamten zum Ausdruck bringen wollte. Diese Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten wegen Beleidigung (§ 185 StGB).
aa)
Unter einer Beleidigung ist der Angriff auf die Ehre eines anderen durch vorsätzliche Kundgabe der Missachtung oder Nichtachtung zu verstehen (vgl. BGHSt 1, 288, 289; KG, Beschluss vom 27. September 2000 - (5) 1 Ss 365/99 (15/00) -; Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl., § 185 Rdnr. 4; jeweils m.w.Nachw.). Missachtung, Geringschätzung oder Nichtachtung bringt eine Äußerung dann zum Ausdruck, wenn nach ihrem objektiven Sinngehalt der betroffenen Person der ethische, personale oder soziale Geltungswert ganz oder teilweise abgesprochen und dadurch ihr grundsätzlich uneingeschränkter Achtungsanspruch verletzt wird (vgl. BayObLGSt 2004, 46, 48; Tröndle/Fischer aaO, § 185 Rdnr. 8; jeweils m.w.Nachw.). Die Ehre kann danach auch durch Vorwürfe oder Äußerungen verletzt werden, die sich auf das Sozialverhalten des Betroffenen wie etwa die Art seiner Dienst- oder Berufsausübung beziehen (vgl. KG aaO).
bb)
Bei der Auslegung der festgestellten Äußerung ist von deren objektivem Sinngehalt (Erklärungsinhalt) auszugehen, wie ihn ein unbefangener verständiger Dritter versteht (vgl. BGHSt 19, 235, 237; KG aaO; BayObLG aaO; jeweils m.w.Nachw.). Maßgeblich ist dabei weder die subjektive Sicht des sich Äußernden noch das subjektive Verständnis des von der Äußerung Betroffenen, sondern der Sinn, den die Äußerung nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums hat. Dabei ist stets vom Wortlaut der Äußerung auszugehen. Dieser legt ihren Sinn aber nicht abschließend fest. Er wird vielmehr auch von dem sprachlichen Kontext, in dem die umstrittene Äußerung steht, und den Begleitumständen, unter denen sie fällt, bestimmt, soweit diese für die Beteiligten erkennbar waren (vgl. BVerfGE 93, 266, 295; BayObLG aaO; Tröndle/Fischer aaO, § 185 Rdnr. 8; jeweils m.w.Nachw.).
cc)
Die Auslegung der Äußerung des Angeklagten ist zwar allein dem Tatrichter vorbehalten; an sie ist das Revisionsgericht gebunden (vgl. BGHSt 21, 371, 372; Senat, Beschluss vom 11. Mai 1998 - (4) 1 Ss 26/98 (18/98) -; jeweils m.w.Nachw.). Dieses muss die Auslegung des Tatrichters aber d...