Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 90 O 16/17)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts vom 23. Oktober 2017 wie folgt abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für ihren Vergütungsanspruch aus dem "Funktionalpauschalpreisvertrag" vom 1. Oktober 2014 eine Sicherheit in Höhe von 291.714,36 EUR zu leisten.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits über beide Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.

4. Dieses und fortan auch das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin ist ein Bauunternehmen, die Beklagte Eigentümerin des Grundstücks H... ..., ... ... .

Mit Vertrag vom 1. Oktober 2014 beauftragte die Beklagte die Klägerin, ein auf dem Grundstück stehendes "ehemaliges Kulturhaus" (Haus Nr. 3) in ein "multifunktionales Zentrum" und ein anderes Gebäude (Haus Nr. 10) zu einem "Gästehaus-Beherbergungsbetrieb" umzubauen und zu sanieren (Anlage K 1 - im Folgenden Bauvertrag).

Die Klägerin verpflichtete sich zu einer näher bestimmten "schlüsselfertigen Herstellung" (§ 1 des Bauvertrags), für die Bauleistungen im Haus Nr. 10 vereinbarten die Parteien eine Vergütung 2.725.588,47 EUR netto, was 3.243.350,28 EUR einschließlich 19 % Mehrwertsteuer entspricht (§ 7 des Bauvertrags). Zugleich hielten die Parteien fest, dass dieser Preis das Budget der Beklagten von 2.600.000,- EUR netto überschreite, weshalb einzelne Gewerke nur "dem Grunde nach" beauftragt seien. Der Auftrag "der Höhe nach" solle erst folgen, wenn die Klägerin auf Grundlage der noch ausstehenden Ausführungsplanung ein näheres Angebot hierfür vorgelegt hat. Auf die Vergütung für die Bauleistungen der Klägerin im Haus Nr. 3 wollten sich die Parteien ebenfalls erst danach einigen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage K 1 verwiesen.

Die Klägerin wollte die Bauleistungen nicht mit dem eigenen Betrieb erbringen, sondern vollständig an Nachunternehmer weitervergeben. Im Februar 2015 hatte die Klägerin nur Abriss- und Rückbauarbeiten erbracht, deren genauer Umfang zwischen den Parteien umstritten ist, deren Vergütung sich aber auch aus Sicht der Klägerin auf nicht mehr als rund 50.000,- EUR netto beläuft. Mit Schreiben vom 24. Februar 2015 forderte die Klägerin die Beklagte gemäß § 648a BGB zu einer Sicherheitsleistung in Höhe von 3.542.698,44 EUR bis zum 6. März 2018 auf (Anlage K 2). Dieser Betrag entspricht der ungeminderten Bruttovergütung von 3.243.450,28 EUR zuzüglich 10 % und abzüglich der bis dahin geleisteten Zahlungen von 25.096,87 EUR (einschließlich Mehrwertsteuer).

Mit Schreiben vom 5. März 2015 erklärte die Beklagte der Klägerin die außerordentliche Kündigung des Bauvertrags mit sofortiger Wirkung (Anlage K 3). Wegen der Begründung auf die Anlage K 3 verwiesen.

Nachdem die Beklagte keine Sicherheit geleistet hatte, erklärte ihr die Klägerin am 7. März 2015 schriftlich die Kündigung des Bauvertrags gemäß § 648a Abs. 5 BGB.

Im Zeitpunkt der Kündigung hatte die Klägerin über die ausgeführten Arbeiten hinaus keine weiteren Leistungen an Nachunternehmer beauftragt. Nach der Kündigung erbrachte sie der Beklagten keine weiteren Dienste.

Mehr als 18 Monate später, am 7. November 2016 legte die Klägerin der Beklagten ihre Schlussrechnung über einen Vergütungsanspruch von 557.131,85 EUR. Diesen Betrag ermittelte sie wie folgt:

In der Anlage 2 zur Schlussrechnung gliedert sie ihre Gesamtvergütung von 2.725.573,29 EUR auf 28 Gewerke auf, die teilweise in einzelne Titel unterteilt und in dieser Detaillierungsebene anteilig bepreist sind. In der Anlage 3 stellt sie in mehreren Aufmaßblättern ihre geleisteten Arbeiten (im Wesentlichen: Abriss von Innenwänden und Ausbau alter Fenster) zusammen. Auf Grundlage der Aufgliederung der Gesamtpauschale ermittelt die Klägerin eine Vergütung für die erbrachten Leistungen (im Folgenden: Vergütung EL) von 49.499,05 EUR. In der Anlage 1 zur Schlussrechnung teilt die Klägerin ihre "Zuschläge auf Einzelkosten der Teilleistungen (EKT) hier NU-Vergaben" wie folgt mit: Gemeinkosten der Baustelle 1 %, Allgemeine Geschäftskosten 9 %, Wagnis 0,5 %, Gewinn 14,5 %, insgesamt 25 %. Dies bedeutet einen Zuschlagsfaktor von 1,25 oder 5/4. Die Klägerin ermittelt sodann ihre Vergütung für kündigungsbedingt nicht erbrachte Leistungen (im Folgenden: Vergütung NEL) wie folgt:

Vereinbarte Vergütung

2.725.588,47 EUR

abzüglich erbrachte Leistungen

- 49.499,50 EUR

Gesamtwert nicht erbrachte Leistungen:

2.676.088,97 EUR

abzüglich ersparte Aufwendungen:

- 2.140.871,18 EUR

abzüglich ersparte Gemeinkosten der Baustelle

- 11.893,48 EUR

Vergütung NEL:

523.324,32 EUR

Zuzüglich der Vergütung EL von 49.499,50 E...

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