Verfahrensgang
AG Berlin-Pankow/Weißensee (Entscheidung vom 25.08.1999; Aktenzeichen 25 F 5291/98) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 25. August 1999 verkündete Urteil des Amtsgerichts Pankow/Weißensee unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels geändert:
Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen über sein Endvermögen am 6. April 1994 mit Ausnahme von gemeinsamen ehelichen Hausratsgegenständen und persönlichen Gebrauchsgegenständen durch Vorlage eines vollständigen systematischen Bestandsverzeichnisses über alle zu diesem Zeitpunkt vorhandenen Aktivposten und Schuldposten mit Angabe der Daten, die eine Wertfeststellung ermöglichen, und zwar hinsichtlich der vom Beklagten während der Ehezeit aufgebauten und erweiterten Arztpraxis auch durch Vorlage der Einnahmen-Überschuss-Rechnungen für die Kalenderjahre 1991 bis 1993. Im Übrigen wird die Auskunftsklage abgewiesen.
Das vorgenannte Urteil und das Verfahren werden insoweit aufgehoben, als die Klage mit den Klageanträgen zu 3. und 4. abgewiesen worden ist. Insoweit wird die Sache zur erneuten Verhandlung an das Amtsgericht zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Berufung der Klägerin ist, nachdem sie ihr Rechtsmittel teilweise zurückgenommen hat, in dem aus der Urteilsformel ersichtlichen Umfang begründet; im Übrigen hat das Rechtsmittel keinen Erfolg.
Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Auskunftserteilung gemäß § 1379 Abs. 1 Satz 1 BGB zu. Der Beklagte hat ihr, wie aus der Urteilsformel ersichtlich, Auskunft über den Bestand seines Endvermögens am 6. April 1994 durch Vorlage eines Verzeichnisses zu erteilen (§ 260 Abs. 1 BGB). Der Auskunftsanspruch umfasst auch die Vorlage der zur Beurteilung der Ertragslage der Arztpraxis des Beklagten benötigten Einnahme-Überschuss-Rechnungen für die Kalenderjahre 1991 bis 1993. Ein Vorlageanspruch besteht nach § 242 BGB immer dann, wenn die Vorlage der Urkunden unabdingbare Voraussetzung dafür ist, dass sich der Gläubiger ein ausreichendes Bild über den Vermögensgegenstand und seine Bewertung machen kann. Nach diesen Grundsätzen haben Angehörige der freien Berufe regelmäßig die Einnahme-Überschuss-Rechnungen aus den letzten fünf Jahren vor dem Bewertungsstichtag vorzulegen (vgl. BGH BB 1975, 1083; BGH FamRZ 80, 37, 38; OLG Bamberg FamRZ 80, 573, 575; OLG Koblenz FamRZ 82, 280, 281; OLG Düsseldorf FamRZ 86, 168, 169; OLG Hamburg FamRZ 88, 1167, 1170; Baumeister in FamGb, § 1379 Rn 25; Johannsen/Henrich/Jaeger, Eherecht, 3. Aufl., § 1379 Rn 7; Münchener Kommentar/Koch, 4. Aufl., § 1379 Rn 20). Dementsprechend steht der Klägerin ein Anspruch auf Vorlage der streitbefangenen Einnahme-Überschuss-Rechnungen für die Kalenderjahre 1991 bis 1993 zu.
Der weitergehende Anspruch auf Vorlage auch der Einnahme-Überschuss-Rechnungen für die Kalenderjahre 1994 und 1995 ist dagegen unbegründet. Nach - soweit ersichtlich - einhelliger. Auffassung in Rechtsprechung und Literatur sind grundsätzlich nur die Geschäftsunterlagen aus der Zeit vor dem Bewertungsstichtag vorzulegen. Dass eine genaue und realistische Bewertung der Arztpraxis des Beklagten zum 6. April 1994 etwa nur möglich ist, wenn auch deren Entwicklung in der Zeit nach dem Stichtag bis zum 31. Dezember 1995 berücksichtigt wird und wenn daher auch die Einnahme-Überschuss-Rechnungen für die Kalenderjahre 1994 und 1995 vorgelegt werden, hat die Klägerin nicht dargetan. Mit Schriftsatz vom 17. Juni 1999 hat sie vielmehr selbst zugestanden, keinen Anspruch auf Unterlagen aus der Zeit nach dem Stichtag zu haben.
Der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) im Hinblick auf die von dem Beklagten erhobene Einrede der Verjährung steht dem Auskunftsbegehren der Klägerin nicht entgegen. Der Anspruch der Klägerin auf Zugewinnausgleich ist entgegen der Ansicht des Amtsgerichts nicht verjährt. Die Verjährung ist nämlich durch die von ihr erhobene Stufenklage (§ 254 ZPO) unterbrochen worden. Eine Stufenklage reicht zum Eintritt der Unterbrechungswirkung nach § 209 Abs. 1 BGB aus (RGZ 115, 27, 29; BGH NJW 75, 1409, 1410). Der Anspruch auf Zugewinnausgleich verjährt gemäß § 1378 Abs. 4 Satz 1 BGB innerhalb von drei Jahren. Voraussetzung des Fristbeginns ist die Kenntnis des berechtigten Ehegatten von der Beendigung des Güterstandes, hier von der Rechtskraft des Scheidungsurteils. Das Scheidungsurteil ist seit dem 9. September 1995 rechtskräftig. Die vorliegende Klage ist am 27. August 1998 mitsamt Postüberweisung für die Gerichtskosten eingereicht und am 14. Oktober 1998 zugestellt worden. Die Verzögerung der Zustellung beruhte ausschließlich auf dem gerichtlichen Geschäftsablauf. Die Verjährung ist somit in jedem Fall infolge der Rückbeziehung gemäß § 270 Abs. 3 ZPO bereits am 27. August 1998 unterbrochen worden. Dass die Einreichung der Klage bei dem unzuständigen Amtsgericht Tempelhof/Kreuzberg erfolgt ist, ist unschädlich, da der Rechtsstreit danach an das zuständige Amtsgericht Pankow/Weißensee...