Leitsatz (amtlich)
1. Die Räumungsfrist nach § 721 ZPO kann auch gewährt werden, wenn die tatsächliche Wohnnutzung Gegenstand eines gewerblichen Mietverhältnisses ist (hier: Wohnheim für kranke bzw. betreuungsbedürftige Menschen).
2. Es bestehen keine Bedenken dagegen, je nach Lage des Falles die Räumungsfrist dahin auszugestalten, dass sie sich unter der Bedingung der rechtzeitigen Zahlung der Nutzungsentschädigung jeweils um einen Monat (bis zum festgesetzten Endtermin) verlängert.
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 24.10.2011; Aktenzeichen 25 O 476/11) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 24.10.2011 verkündete Urteil der Zivilkammer 25 des LG Berlin -25 O 476/11 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.309,89 EUR zu zahlen.
Wegen seitens der Klägerin geltend gemachter weiterer Zahlungsansprüche i.H.v. 76.776,19 EUR ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt.
Die Beklagte wird verurteilt, das auf dem Grundstück K...63a, 1...Berlin befindliche Gebäude - in dem als Anlage beigefügten Lageplan grün umrandet und mit dem Buchstaben "A" gekennzeichnet - zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung wegen des Räumungsausspruchs durch Sicherheitsleistung i.H.v. 672.500 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Wegen der Kosten darf die Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Beklagten wird eine Räumungsfrist bis zum 31.1.2013 gewährt, die sich um jeweils einen Monat, längstens bis zum 30.9.2013 verlängert, wenn die Nutzungsentschädigung für den jeweils vorhergehenden Monat i.H.v. 68.347,59 EUR bis zum 15. des Monats an die Klägerin gezahlt worden ist.
Der hier folgende Lageplan kann aus technischen Gründen nicht wiedergegeben werden.
Gründe
A. Die Berufung der Klägerin richtet sich gegen das am 24.10.2011 verkündete Urteil der Zivilkammer 25 des LG Berlin, soweit darin die auf Räumung und Herausgabe des (im Lageplan mit "A" gekennzeichneten) Gebäudes K., 1...Berlin gerichtete Klage abgewiesen worden ist. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen. Der Tatbestand wird dahin ergänzt, dass die Klägerin erstinstanzlich behauptet hat, ihr Handlungsbevollmächtigter S...habe der Beklagten gegenüber im Gespräch am 27.6.2011 die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses für den Fall "als unvermeidlich angekündigt", dass die im Schreiben vom 28.6.2011 noch niedergelegten Voraussetzungen nicht erfüllt würden. Das Schreiben der Klägerin vom 28.6.2011 lautet in Ziff. 1. (s. Anl. B 8):
"Es dürfen zukünftig, so insbesondere beginnend ab dem Monat Juli keine Verspätungen mehr hinsichtlich der monatlich geschuldeten 68.347,59 EUR entstehen. Bitte tragen Sie dafür Sorge, dass diese Mieten stets pünktlich wie vertraglich vereinbart, an uns gezahlt werden."
Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Berufung vor:
Die Kündigung vom 20.7.2011 sei entgegen der Ansicht des LG nicht in der Summe der besonderen Umstände des Falles rechtsmissbräuchlich gewesen. Dass in vergangenen Jahren Mietrückstände in vergleichbarer Höhe nicht zum Anlass einer Kündigung genommen worden seien, könne der Klägerin nicht entgegen gehalten werden, zumal sie sich in der Vergangenheit im Zusammenhang mit den Zahlungsklagen die Kündigung regelmäßig vorbehalten habe.
Zahlungsrückstände der Sozialträger änderten nichts an der Verpflichtung der Beklagten zur pünktlichen Mietzahlung.
Der Abschluss der Mietvertragsverlängerung im Frühjahr 2011 sei im Vertrauen der Klägerin darauf erfolgt, dass die Beklagte nunmehr künftig pünktlich zahlen werde.
Die drucktechnische Hervorhebung der Ankündigung eines Mahnverfahrens in Bezug auf den bestehenden Mietrückstand von 166.699,18 EUR im Schreiben vom 27.5.2011 (Anl. K 2) ändere nichts daran, dass darin ferner "bei Fortsetzung der vertragswidrig verspäteten Zahlung" die fristlose Kündigung angedroht worden sei.
Die Verhandlungen der Parteien über den Ausgleich der offenen Mietforderung, insbesondere das Ratenzahlungsangebot der Klägerin vom 28.6.2011 (Anl. B 8), stünden der Kündigung nicht entgegen, da in diesem Schreiben unter Ziff. 1 die Notwendigkeit künftiger pünktlicher Zahlung ausdrücklich betont worden sei.
Entgegen der Ansicht des LG habe das Schreiben der Beklagten vom 13.7.2011 (Anl. B 9) eine gravierende Änderung des Vorschlags vom 28.6.2011 enthalten. Denn darin sei nicht die pünktliche Zahlung der Juli-Miete am 15.7.2011 angekündigt worden, sondern gebeten worden, die künftigen Mieten "zum 17. eines folgenden Monats" zahlen zu dürfen.
Ferner sei auch die Kündigung im Schriftsatz vom 23.8.2011 (z...