Normenkette
BGB §§ 823, 1004
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 16 O 626/01) |
Tenor
I. Die Berufung des Verfügungsbeklagten gegen das Urteil des LG Berlin vom 10.1.2002 – 16 O 626/02 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
II. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Verfügungskläger (nachfolgend: Kläger) macht gegen den Verfügungsbeklagten (nachfolgend: Beklagter), der im Internet Mobiltelefone nebst Zubehör vertreibt, einen Unterlassungsanspruch wegen unerbetener E-Mail-Werbung geltend.
Die Internet-Seiten des Beklagten sind unter … abrufbar. Auf eine der Seiten wurde auf ein E-Mail-Newsletter hingewiesen; nach dem Anklicken der dazugehörigen Schaltfläche ging ein Fenster auf, in das unter dem Hinweis „Newsletter Abonnement – Anmelden – Ja, ich möchte 1–2 mal pro Monat über Produktinformationen, aktuelle Angebote und Neuigkeiten per E-Mail informiert werden” Name und E-Mail-Anschrift des Interessenten eingetragen werden konnten. Nachfolgend versandte das Computerprogramm selbsttätig eine E-Mail an die angegebene Adresse mit der Aufforderung, die Newsletter-Anmeldung durch Anklicken eines Links zu bestätigen.
An die – auch privat genutzte – E-Mail-Anschrift des Klägers gelangte im Oktober 2001 eine solche Nachricht des Beklagten mit der Aufforderung, seine (des Klägers) Newsletter-Anmeldung zu bestätigen.
Der Kläger, der behauptet, auf den Internetseiten des Beklagten keinen „Newsletter” bestellt und hiermit auch keinen Dritten beauftragt zu haben, hat im November 2001 eine einstweilige Verfügung erwirkt, mit der dem Beklagten bei Vermeidung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt worden ist, im Wege der E-Mail-Werbung an den Kläger unter der Adresse … heranzutreten, es sei denn, der Kläger habe der jeweiligen Sendung zuvor zugestimmt oder das Einverständnis könne vermutet werden.
Auf den Widerspruch des Beklagten hat das LG die einstweilige Verfügung mit Urteil vom 10.1.2002 bestätigt und zur Begründung ausgeführt: Die Versendung von Werbe-E-Mails greife in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Empfängers ein, weil dieser die Mail nur unter Verursachung von eigenen Kosten lesen und überhaupt als Werbung erkennen könne. Gerechtfertigt sei der Eingriff nur dann, wenn der Empfänger der Werbung zugestimmt habe oder das Einverständnis vermutet werden könne. Das habe der Beklagte jedoch nicht glaubhaft gemacht. Aus seiner eidesstattlichen Versicherung, keine fremden E-Mail-Adressen in das von ihm verwendete Computerprogramm eingegeben zu haben, folge nicht, dass der Kläger um die Zusendung des Newsletter gebeten habe. Wegen des weiteren Inhalts des Urteils wird auf den Tatbestand und die Gründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen.
Mit seiner rechtzeitig eingelegten und begründeten Berufung macht der Beklagte geltend: Das angegriffene Urteil verletze geltendes Recht. Das LG habe verkannt, dass Störungen einen Mindestgrad individueller Beeinträchtigung aufweisen müssten, um rechtlich relevant zu sein. Dieser Grad sei vorliegend nicht erreicht. Es entspreche der normalen Verhaltensweise eines Benutzers im Internet, jedes Mal, wenn er sein virtuelles Postfach öffne, erst einmal allen Müll zu leeren, d.h. erkennbar unerwünschte Mails oder solche von unbekannten Absendern nicht zu öffnen, sondern anzuklicken und zu löschen. Hierdurch würden keinerlei Ressourcen verbraucht; der Zeitaufwand betrage kaum eine Sekunde. Die Postfächer verstopften heute auch nicht mehr, da der individuelle Speicherplatz pro Nutzer erheblich ausgeweitet worden sei.
Unzutreffend sei die Charakterisierung der beanstandeten Mail als Werbung. Mit der Mail sei kein Produkt angepriesen worden. Er, der Beklagte, sei lediglich seiner Pflicht gem. § 312e Abs. 1 Nr. 3 BGB nachgekommen, wonach ein Unternehmer dem Kunden dessen Bestellung unverzüglich auf elektronischem Wege zu bestätigen habe.
Ferner sei die Beweislastverteilung des LG unbillig. Auch wenn er erfassen würde, von welchen Computern aus auf seinen Internetseiten Bestellungen erfolgten, könnte dieses System in verschiedenster Weise unterlaufen werden. Folglich werde von ihm eine Glaubhaftmachung verlangt, die er niemals erbringen könne.
Jedenfalls aber sei die Belästigung des Klägers nicht so gravierend, als dass die Zubilligung von Eilrechtsschutz erforderlich sei.
Der Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil zu ändern und die einstweilige Verfügung vom 22.11.2001 – 16 O 626/01 – aufzuheben.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
A. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das LG hat die beantragte einstweilige Verfügung zu Recht erlassen und im angefochtenen Urteil bestätigt.
I. 1. Dem Kläger steht aus seinem allgemeine Persönlichkeitsrecht ein Anspruch gegen den Beklagten zu, die Zusendung unverlangter E-Mail-Werbung zu unterlassen (§§ 823 Abs. 1, 1004 BGB). Das allgemeine Persönlichkeitsrecht u...