Leitsatz (amtlich)
1. Durch die Auszahlung eines Kontoguthabens an einen Geschäftsunfähigen tritt zwar keine Erfüllungswirkung ein. Der Geschäftsunfähige ist aber der Bank zur Herausgabe des erlangten Geldbetrages bzw. zum Wertersatz verpflichtet (§§ 812 Abs. 1, 818 Abs. 2 BGB).
2. Dem Bereicherungsschuldner obliegt die Darlegungs- und Beweislast für den Wegfall der Bereicherung. Dies gilt auch für den Fall der Geschäftsunfähigkeit des Bereicherungsschuldners (vgl. BGH NJW 2003,3271).
Normenkette
BGB § 812 Abs. 1, § 818 Abs. 2
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 11. September 2017 verkündete Urteil der Zivilkammer 37 des Landgerichts Berlin - 37 O 23/17 - wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil des Landgerichts und dieses Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages zuzüglich 10 % abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 10 % leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Berufung der Klägerin als Erbin der im Laufe des Berufungsrechtsstreits verstorbenen Frau Dr. H... (im Folgenden: Erblasserin) H... richtet sich gegen das am 11. September 2017 verkündete Urteil der Zivilkammer 37 des Landgerichts Berlin, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.
Die Klägerin trägt zur Begründung der Berufung vor:
1. Entgegen der Ansicht des Landgerichts sei ausreichend dargetan, dass die Erblasserin zum Zeitpunkt der Verfügung über den Betrag von 30.000,00 EUR geschäftsunfähig im Sinne des § 104 Ziffer 2 BGB gewesen sei.
Aus dem als Anlage K 4 vorgelegten Gutachten von Frau Dr. med. W... für das Amtsgericht ... im Betreuungsverfahren gehe hervor, dass die Erblasserin unter einer langjährigen bipolaren Störung gelitten habe und verschiedene Erkrankungen gehabt habe. Die Gutachterin habe aufgrund der Erkrankungen recht eindrucksvoll beschrieben, dass die Erblasserin von Reichtümern aber auch Verlusten durch die Klägerin, ihre damalige Bevollmächtigte und spätere Betreuerin, berichtet hätte und der Eindruck entstanden sei, dass sie keinen Überblick über ihre Finanzen gehabt habe.
Bestätigt würden die Diagnosen durch die Berichte des V... Klinikums ... vom 03. Juni 2016 (Anlage K 18) und vom 16. Juni 2016 (Anlage K 19). Hiernach seien ein Delir unklarer Genese, psychische Verhaltensstörungen durch Alkohol und weitere Herz- und Lungenkrankheiten diagnostiziert worden.
Dieser chronische Krankheitsverlauf, insbesondere die bipolare Erkrankung, habe bei der Erblasserin dazu geführt, dass sie am 14. Juni 2016 geschäftsunfähig gewesen sei. Dies ergebe sich auch aus dem Entlassungsbericht des V... Klinikum vom 16. Juni 2016 (Anlage K 20).
Das Landgericht habe daher zu Unrecht keine Beweisaufnahme über die Frage der Geschäftsunfähigkeit durchgeführt.
2. Zudem liege ein Verstoß gegen den Bankvertrag vor. Zwar sei die Beklagte nicht über das Betreuungsverfahren unterrichtet gewesen. Es sei aber nicht damit zu rechnen gewesen, dass die Erblasserin Geld von dem Konto abheben würde, weil sie dies zuvor nie getan hatte.
Die Erblasserin habe zwar die Bankvollmacht für die Klägerin widerrufen, die notariell errichtete Generalvollmacht sei aber nie widerrufen worden. Die Erblasserin habe bei ihrem Besuch in der Filiale der Beklagten behauptet, dass sie von der Klägerin betrogen worden sei. Dies sei ihr von Frau D... eingeredet worden. Die Mitarbeiter der Beklagten hätten hier hellhörig werden müssen und zumindest mit der Klägerin als Generalbevollmächtigten in telefonischen Kontakt treten müssen.
3. Die Klägerin habe alles in ihrer Macht Stehende getan, um den Verbleib des Geldes aufzuklären. Frau D..., die mit der Erblasserin das Geld in der Filiale der Beklagten abgeholt habe und mit dieser dann nach Polen gefahren sei, habe gegenüber der Klägerin mündlich angegeben, dass 5.000,00 EUR an den Tierschutz und 5.000,00 EUR an die Kirche gespendet worden seien. Über den Verbleib der übrigen 20.000,00 EUR könne keine Auskunft erteilt werden. Es sei weder etwas angespart noch ein Äquivalent in das Vermögen der Erblasserin geflossen; das Geld sei "weg". Die Erblasserin habe auf intensives Befragen durch die Klägerin keinerlei Auskünfte über den Verbleib des Geldes geben können.
Die Klägerin sei bereit, sämtliche Rückforderungsansprüche an die Beklagte Zug-um-Zug gegen Gutschrift des entsprechenden Betrages abzutreten.
Die Klägerin beantragt,
1. unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Berlin vom 26. Juni 2017 zum Geschäftszeichen - 37 O 23/17 - die Beklagte zu verurteilen, auf das bei ihr geführte Tagesgeldkonto Nr. 0127852201 einen Betrag von 30.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19. August 2016 gutzuschreiben;
2. unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Berlin vom 26. Juni 2017 zum Geschäftszeichen - 37 O 23/1...