Entscheidungsstichwort (Thema)
Angabe des Tachometerstandes in privater Kleinanzeige
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 07.05.2003; Aktenzeichen 28 O 436/02) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der Zivilkammer 28 des LG Berlin vom 7.5.2003 - 28 O 436/02 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.
A. Das LG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Dem von der Klägerin erworbenen Fahrzeug Mercedes Benz fehlte, wie das LG zutreffend ausgeführt hat, weder eine zugesicherte Eigenschaft (§ 459 Abs. 2 BGB a.F.), noch hat der Beklagte einen Fehler des Fahrzeugs arglistig verschwiegen (§ 463 Satz 2 BGB a.F.). Zu den Berufungsangriffen im Einzelnen:
1. Laufleistung
Das Vorbringen der Klägerin ist bereits nicht ausreichend, eine tatsächliche Laufleistung des Fahrzeugs von 350.000 km anzunehmen, weil es sich bei dieser Zahl um eine bloße Schätzung des Privatgutachters T. handelte, der die bestrittene und durch keinen Tatsachenvortrag unterlegte Annahme zugrunde lag, das Fahrzeug sei drei Jahre lang als Taxi genutzt worden. Weitere Anhaltspunkte, wie bspw. Abnutzung oder sonstiger Zustand des Fahrzeugs, sind vom Gutachter hingegen nicht berücksichtigt worden.
Selbst wenn jedoch das Vorbringen der Klägerin hierzu als wahr unterstellt würde, läge jedenfalls, wie das LG in seinem Urteil richtig dargestellt hat, in der Angabe der Kilometerzahl in Anzeige und Kaufvertrag keine Zusicherung der tatsächlichen Laufleistung.
Richtig ist, dass in Literatur und Rechtsprechung die Frage, ob der private Autoverkäufer bei der Angabe des Tachometerstandes bereits eine Zusicherung hinsichtlich der Laufleistung abgegeben hat, nicht einheitlich beantwortet wird. So ist bspw. entschieden worden, dass schon die Angabe der Kilometerzahl in der zum Kaufvertrag führenden Anzeige eine Zusicherung darstellt (KG, Urt. v. 2.6.1995 - 7 U 300/95, MDR 1995, 903 = KGReport Berlin 1995, 145 = NJW-RR 1996, 173 [174], die, wenn sie nicht in den Vertragsverhandlungen oder dem Kaufvertrag zurückgenommen oder eingeschränkt wird, für den Verkäufer eine Einstandspflicht bedeutet. Demgegenüber wurde jedoch auch die Auffassung vertreten, dass bei bloß beschreibenden Angaben, wenn sie, wie hier, nicht ausdrücklich zur Laufleistung, sondern lediglich zum Tachometerstand erfolgten, keine Zusicherung vorliegt (vgl. Palandt/Putzo, 61. Aufl., § 459 BGB Rz. 31, m.w.N.).
Entscheidend ist die im Einzelfall gegebene Interessenlage und die für den Verkäufer erkennbare Erwartung des Käufers an der Richtigkeit der Angaben. Dabei ist davon auszugehen, dass sich beide Interessenlagen zunächst grundsätzlich gleichwertig gegenüberstehen (KG, Urt. v. 24.7.2000 - 10 U 2784/99, KGReport Berlin 2001, 10 [11]). So hat der Verkäufer ein Interesse daran, nur für die Angaben einzustehen, die ihm tatsächlich bekannt sind. Der Käufer hat die berechtigten Erwartungen, dass die Angaben des Verkäufers nach bestem Wissen und nicht ins Blaue hinein erfolgen.
Angaben zur Kilometerzahl erfolgen in privaten Kleinanzeigen fast ausnahmslos, da sie dem Käufer einen ersten Hinweis über den vermutlichen Zustand des Fahrzeugs geben. Hierin bereits eine Zusicherung zur tatsächlichen Laufleistung zu sehen, würde die Interessen des privaten Autoverkäufers nicht ausreichend berücksichtigen. Eine Anzeige ohne Angabe des Kilometerstandes beschneidet bereits die Chancen des Anrufs von potentiellen Interessenten erheblich. Der teilweise geforderte Zusatz, dass es sich allein um den abgelesenen Tachometerstand handelt, für die tatsächliche Laufleistung aber keine Gewähr übernommen wird, kann dazu führen, dass Interessenten abgeschreckt werden. Der private Verkäufer, der den Wagen selbst bereits aus zweiter oder dritter Hand erworben hat, kann jedoch, sofern ihm die Vorgeschichte des Fahrzeugs nicht im Einzelnen bekannt ist, nicht mehr mitteilen als den Tachometerstand. Dies muss dem Käufer eines Fahrzeugs mit mehr als zwei Vorbesitzern bewusst sein. Er kann deshalb bei bloßen Angaben zum Tachometerstand, die er selbst durch einfaches Ablesen überprüfen kann, nicht erwarten, dass der Verkäufer dafür einstehen will, dass diese mit der Gesamtlaufleistung identisch sind (so auch KG, Urt. v. 24.7.2000 - 10 U 2784/99, KGReport Berlin 2001, 10 [11]). Dem damit vorhandenen Risiko einer tatsächlich höheren Laufleistung steht der regelmäßig erheblich günstigere Kaufpreis eines gebrauchten Fahrzeugs mit mehreren Vorbesitzern von Privat ggü.
Anderes mag gelten, wenn der Käufer ausdrücklich nachfragt, ob der Tachometerstand auch tatsächlich richtig ist. Hier wird vom Verkäufer zu erwarten sein, dass er, sofern ihm über die Vorgeschichte des Fahrzeuges nichts weiter bekannt ist, dies dem Käufer offenbart. Antwortet er auf eine zusätzliche Nachfrage damit, dass der Tachometerstand zutreffend sei, so wird darin eine Zusicherung zu sehen sein. Dies ist jedoch vorliegend auch von der Klägerin nicht vorgebracht worden. Di...