Normenkette
BGB §§ 328, 398, 577, 652
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 08.06.2022; Aktenzeichen 50 O 76/21) |
LG Berlin (Urteil vom 15.09.2021; Aktenzeichen 50 O 76/21) |
Tenor
Das Versäumnisurteil vom 15.09.2021 wird aufgehoben.
Der Beklagte wird unter Abweisung im Übrigen verurteilt, an die Klägerin 42.480,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.04.2021 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz fallen der Klägerin zu 53% und dem Beklagten zu 47% zur Last. Die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz haben die Klägerin und der Beklagte jeweils zu 1/2 zu tragen. Die Kosten der Säumnis fallen der Klägerin zur Last.
II. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen jeweils die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des beizutreibenden Betrages leistet.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Die Klägerin nahm den Beklagten zunächst auf Zahlung einer Maklerprovision und anteiliger Kosten der Beurkundung des Erstkaufvertrags in Höhe von 45.724,69 EUR in Anspruch, nachdem der Beklagte sein Vorkaufsrecht an einer Wohnung auf dem Grundstück ... in ... ausgeübt hat. Bezüglich der anteiligen Notarkosten von 2.884,69 EUR nahm die Klägerin die Klage zurück. Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf das angegriffene Urteil Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage durch Versäumnisurteil vom 15.09.2021 abgewiesen. In der auf den Einspruch der Klägerin anberaumten mündlichen Verhandlung vom 02.03.2022 erklärten sich die Parteien mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO einverstanden. Mit dem am 08.06.2022 verkündeten Urteil hat das Landgericht das Versäumnisurteil vom 15.09.2021 aufrechterhalten. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Klägerin der Anspruch weder aus eigenem noch aus abgetretenem Recht der Maklerin zustehe. Ein Anspruch folge nicht aus § 20 (2) des notariellen Kaufvertrages, denn eine Forderung des Maklers gegenüber der Klägerin bestehe nicht, da der Beklagte sein Vorkaufsrecht ausgeübt habe und damit eine Pflicht zur Zahlung des Maklerlohns durch die Klägerin entfallen sei. Unabhängig davon handele es sich bei der Regelung um einen unzulässigen Vertrag zu Lasten Dritter, der gegenüber dem Beklagten keine Wirkung entfalte. Bereicherungsrechtliche Ansprüche bestünden nicht, da die Klägerin bei Zahlung der Provision an den Makler auf eine vermeintlich eigene Schuld gezahlt habe. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch aus dem abgetretenen Recht der Maklerin gemäß § 20 (1) des Kaufvertrages i.V.m. § 398 BGB. § 20 (1) des Kaufvertrages sei nicht Gegenstand des Vertrages zwischen dem Beklagten und dem Verkäufer geworden. Es habe kein berechtigtes Interesse des Verkäufers an der Beauftragung eines Maklers für die streitgegenständliche Wohnung bestanden. Auch habe kein legitimes Interesse der Parteien an der Maklerklausel im Kaufvertrag vorgelegen.
Gegen das ihr am 09.06.2022 zugestellte Urteil vom 08.06.2022 hat die Klägerin mit dem am 01.07.2022 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit dem am 09.08.2022 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründet.
Die Klägerin meint, die Entscheidung beruhe auf einer Rechtsverletzung. Das Landgericht habe die langjährige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, nach der der Vorkaufsberechtigte durch eine echte Maklerklausel die Provisionszahlungsverpflichtung des (Erst-)Käufers übernimmt, wenn diese kein Fremdkörper ist, nicht beachtet. Dies sei auch vorliegend nicht der Fall. Anders als das Landgericht meine, stehe dem auch die Regelung in § 8a (3) des Kaufvertrages nicht entgegen. Es entspreche der gängigen Vertragspraxis, dass ein beidseitiges Rücktrittsrecht im Kaufvertrag vereinbart werde, um zu verhindern, dass nach Ausübung des Vorkaufsrechts zwei Kaufverträge bestünden, von denen einer nicht erfüllt werden könne. Der Provisionsanspruch werde durch ein vertraglich eingeräumtes oder gesetzliches Rücktrittsrecht wegen nicht vertragsgemäß erbrachter Leistungen nicht berührt. Es handele sich nicht um einen Vertrag zu Lasten Dritter. Der Beklagte habe die Verpflichtung aus § 20 (2) des Kaufvertrages vielmehr selbst übernommen, indem er sein Vorkaufsrecht ausgeübt habe. Sie, die Klägerin, habe die Provision auch nicht auf eine vermeintlich eigene Schuld geleistet. Denn bei Zahlung war die Ausübungsfrist noch nicht abgelaufen, so dass unklar war, wer die Provision zahlen müsse. Zu Unrecht nehme das Landgericht an, § 20 (1) des Kaufvertrags gelte nicht für den Vorkaufsberechtigten. Auch die Annahme der Notwendigkeit eines eigenen Interesses des Verkäufers an der Provisionszahlung sei fehlerhaft. Die vom Beklagten zitierte Entscheidung betreffe eine überzogene Provisionshöhe bei einem Erbteilskauf, die sich als Fremdk...