Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 11.01.2011; Aktenzeichen 16 O 494/09) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das am 11.1.2011 verkündete Urteil des LG Berlin - 16 O 494/09 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das unter Ziff. 1) genannte Urteil des LG Berlin ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Die Klägerin - ein Tochterunternehmen - macht gegenüber den Beklagten - einem Onlineservice zur Vermittlung von Musikdateien aus dem Internet und dem dort empfangbaren Webradio und dessen ehemaligem Geschäftsführer - Unterlassungsansprüche hinsichtlich der Vervielfältigung bestimmter Musiktitel geltend, an denen ihr die ausschließlichen Nutzungsrechte an den Leistungsschutzrechten des Tonträgerherstellers und der ausübenden Künstler zustehen; darüber hinaus will sie die Verpflichtung der Beklagten zum Schadensersatz festgestellt wissen und verfolgt Auskunftsansprüche über den Umfang der Vervielfältigungshandlungen und der daraus erzielten Bruttoeinnahmen.
Für alle weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird zunächst auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr, 1 ZPO).
Das LG hat die Klage abgewiesen. Zwar komme es im Zuge der Inanspruchnahme des Dienstes der Beklagten zu einer ungenehmigten Vervielfältigung von Musikdateien. Als Hersteller dieser Kopien sei nach der Rechtsprechung des BGH (insbesondere dem Urteil vom 22.04, 2009 - I ZR 216/06 - Internet-Videorecorder - GRUR 2009, 845) aber nicht die Beklagte zu 1), sondern der Nutzer des Dienstes anzusehen. Denn dieser gebe den Anstoß zur Fertigung der Kopien, die alsdann aufgrund eines vollautomatischen Ablaufs der von der Beklagten zur Verfügung gestellten Software gefertigt würden. Die Beklagte zu 1) liefere nur die technischen Hilfsmittel zur Fertigung der Kopien. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass der Nutzer lediglich abstrakt ein Musikstück auswähle und die konkrete Kopiervorlage sodann durch die Software der Beklagten festgelegt werde. Entscheidend sei, dass das konkrete Werkstück voilautomatisiert ohne weiteren menschlichen Eingriff auf "Knopfdruck" des Nutzers gefertigt werde. Dass die Kopiervorlage ebenfalls automatisiert ausgewählt werde, ändere daran nichts; wer eine Software zur Verfügung stelle, die vollautomatisch eine Werkstück auswähle, von dem ebenfalls vollautomatisch eine Kopie hergestellt werde, werde dadurch nicht zum Hersteller dieser Kopie. Die Klägerin nehme die Beklagten auch nicht als Teilnehmer an der Fertigung einer urheberrechtswidrigen Musikaufnahme oder als Störer in Anspruch, sondern allein als Täter. Insoweit seien aber weder die Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs noch der weiter geltend gemachten Auskunfts- und Schadensersatzansprüche erfüllt, weil die Beklagte zu 1) nicht Herstellerin der Kopien der Musikdateien sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin. Diese macht im Wesentlichen geltend: Das LG habe die Herstellereigenschaft der Beklagten zu l.) rechtsfehlerhaft verneint. Anders als in dem vom BGH (Internet-Videorecorder) entschiedenen Fall verlaufe die Kopienherstellung nicht vollautomatisch. Denn die Suche im Internet und die anschließende Aufnahme werde nicht durch die Software - den sog. "flatster-Client" - durchgeführt, sondern durch die IT-Systeme der Beklagten zu 1), die durch den "flatster-Client" nur aktiviert würden. Entscheidend sei, bei wem die Organisationshoheit über Gegenstand und Umfang der Vervielfältigungen liege. Wesentliches Kriterium dafür sei, wer das konkrete Werkstück auswähle, also insbesondere die konkrete Anfangszeit der Aufnahme und die Quelle bestimme, aus der die Vervielfältigung erzeugt werden solle. Dieser Prozess werde allein durch die Beklagte zu 1) beherrscht, die die Suchparameter und -kriterien und die Vorauswahl der Internetquellen steuere, auf die während der Recherche zugegriffen werde. Die Software schaffe nur den Zugang zu einer Suchfunktion, die allein von der Beklagten zu 1) - sei es auch mit Hilfe eines automatisierten Verfahrens - betrieben und kontrolliert werde. Die Auswahlentscheidung mit der genauen Bestimmung der Kopiervorlage (welche konkrete Tonaufnahme aus welchem konkreten Internetradio mit welcher URL zu welcher Uhrzeit) werde deshalb nicht von dem Kunden getroffen, der nur einen Rechercheauftrag in Form einer allgemeinen Titelanfrage übermittle, sondern ausschließlich von der Beklagten zu 1) im Rahmen eines geschlossenen Systems ("black box"). Der Kunde habe auf diese Echtzeit-Recherche keinen Einfluss und könne ihn mangels verfügbarer Programmvorschauen (sog. "Playlists") auch ni...