Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 27.02.2003; Aktenzeichen 27 O 899/02)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 27.2.2003 verkündete Urteil des LG Berlin - 27 O 899/02 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

(Ohne Tatbestand gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO).

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das LG festgestellt, dass der Klägerin ein Anspruch auf Geldentschädigung wegen der Veröffentlichung der von einer dritten Person verfassten Kontaktanzeige auf der Internetseite der Beklagten nicht zusteht. Der Senat nimmt in vollem Umfang Bezug auf S. 5 f. des angefochtenen Urteils.

Ergänzend wird ausgeführt:

Die Beklagte ist nach §§ 8 Abs. 1, 11 TDG für den Inhalt der Kontaktanzeige rechtlich nicht verantwortlich.

Nach § 8 Abs. 1 TDG sind Diensteanbieter für eigene Informationen, die sie zur Nutzung bereithalten, nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich. Nach § 11 TDG sind Diensteanbieter für fremde Informationen, die sie für einen Nutzer speichern, nicht verantwortlich, sofern sie keine Kenntnis von der rechtswidrigen Handlung oder Information haben und ihnen im Falle von Schadensersatzansprüchen auch keine Tatsachen oder Umstände bekannt sind, aus denen die rechtswidrige Handlung oder die Information offensichtlich wird (Nr. 1), oder sie unverzüglich tätig geworden sind, um die Information zu entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren, sobald sie diese Kenntnis erlangt haben (Nr. 2). Dies gilt nicht, wenn der Nutzer dem Diensteanbieter untersteht oder von ihm beaufsichtigt wird.

Nach diesen Vorschriften ist eine deliktische Haftung der Beklagten ausgeschlossen. Das LG hat zutreffend ausgeführt, dass es sich bei den in der Kontaktanzeige enthaltenen Inhalten um für die Beklagte i.S.v. § 8 Abs. 1 TDG "fremde" Informationen gehandelt hat. Denn es ist unstreitig, dass ein unbekannt gebliebener Dritter die Kontaktanzeige unter dem Namen der Klägerin in das Internet eingestellt hat.

Zwar sind "eigene Inhalte" auch von Dritten hergestellte Inhalte, die sich der Anbieter zu Eigen macht (BT-Drucks. 13/7385, 19), indem er sie so übernimmt, dass er aus Sicht eines objektiven Nutzers für sie Verantwortung tragen will. Dazu bedarf es wertender Betrachtung aller Umstände des Einzelfalls (Spindler, NJW 1997, 3193 [3196]). In erster Linie ist dabei die Art des Dienstes entscheidend. So ist beispielsweise für die Nutzer einer Newsgroup offensichtlich, dass der Diensteanbieter nur eine Kommunikationsplattform zur Verfügung stellt und mit den dort verschobenen Inhalten in der Regel nichts zu tun hat. (Beck'scher JuKDG-Kommentar, § 5 TDG Rz. 21).

Nach diesen Grundsätzen hat die Beklagte jedoch keine "eigene Information bereitgestellt, denn jeder Besucher der Internetseite erfährt, wie die Kontaktanzeigen zustande kommen, dass - wie das LG richtig ausgeführt hat - die Beklagte nicht etwa eine Vorauswahl trifft oder die Texte redigiert, sondern lediglich den Rahmen zur Verfügung stellt, den die Besucher der Internetseite selbst ausfüllen.

Die Beklagte hat sich den Inhalt der fraglichen Kontaktanzeige auch nicht dadurch zu Eigen gemacht, dass sie einen Rahmen für die Beiträge der Nutzer vorgegeben hat (Rubriken "Steckbrief", "Profil", "Beschreibung- "Das mag ich:" usw.). Die Vorgabe einer solchen Struktur ist erforderlich, um das mit dem Dienst verfolgte Ziel zu erreichen. Den Nutzern des Dienstes soll die Möglichkeit gegeben werden, Kontakt mit anderen Nutzern aufzunehmen, die einem bestimmten "Suchprofil" entsprechen. Die Vorgabe einer Struktur besagt aber nichts darüber, mit wessen Informationen der "Rahmen" ausgefüllt wird. Genügte allein die Vorgabe eines "Rahmens" durch den Diensteanbieter, um die Inhalte zu "eigenen" Informationen i.S.v. § 8 Abs. 1 TDG zu machen, würde der Zweck verfehlt, den der Gesetzgeber mit den Regelungen des TDG verfolgt. § 8 Abs. 2 S. 1 TDG setzt Art. 15 Abs. 1 ECRL in innerstaatliches Recht um. Nach der Richtlinienbestimmung dürfen die Mitgliedsstaaten Diensteanbietern i.S.d. Art. 12, 13 und 14 ECRL keine allgemeine Verpflichtung auferlegen, die von ihnen übermittelten. oder gespeicherten fremden Informationen zu überwachen oder aktiv nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen. Im Hinblick auf die Masse der übermittelten und gespeicherten Daten erfordert die Nutzung des Internets in weiten Bereichen die Vorgabe einer Struktur durch die Diensteanbieter, um dem einzelnen Nutzer die Suche und den Zugriff auf bestimmte Informationen zu ermöglichen. Ohne Ordnungsstrukturen wäre eine sinnvolle Nutzung des Internets in diesen Bereichen nicht möglich. Führte bereits die Bereitstellung eines "Rahmens" durch den Diensteanbieter dazu, von einer "eigenen" Information auszugehen, wären die Anbieter entgegen Art. 15 Abs. 1 ECRL gehalten, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Daten zu überwachen, um ggf. einer zivilrechtlichen Haftung für...

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