Leitsatz (amtlich)
Für die nach Widerruf seiner Darlehensvertragserklärung vom Darlehensnehmer erhobene Klage auf Feststellung der Umwandlung des Darlehensvertrags in ein Rückgewährschuldverhältnis fehlt auch dann ein Feststellungsinteresse i.S. von § 256 Abs. 1 ZPO, wenn Rückgewähransprüche des Darlehensnehmers nach §§ 357 a.F., 346 ff BGB aufgrund Aufrechnung gegen (höhere) Rückgewähransprüche der Bank nicht im Wege der Leistungsklage geltend gemacht werden können (Aufgabe der Senatsrechtsprechung, etwa Urt. v. 17.05.2018 - 8 U 225/16, WM 2018, 1449).
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 4 O 152/16) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 10.02.2017 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin - 4 O 152/16 - teilweise abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.729,84 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.07.2018 bis zum 17.10.2018 und in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.10.2018 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Berufung - unter Abweisung der weitergehenden Klageänderung gemäß Schriftsatz vom 10.10.2018 - zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz zu tragen.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger 8/10 und die Beklagte 2/10 zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Von der Wiedergabe tatsächlicher Feststellungen wird abgesehen, da ein Rechtsmittel gegen das Urteil unzweifelhaft nicht zulässig ist (§ 313 a Abs. 1 S. 1, 540 Abs. 2, 544 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO).
B. Die zulässige Berufung des Klägers hat teilweise Erfolg. Die Beklagte ist nach der gemäß § 533 ZPO zulässigen Klageänderung gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB zu verurteilen, an den Kläger von der Ablösezahlung von 79.387,87 EUR vom 31.07.2018 einen Teilbetrag von 5.729,84 EUR zurückzuzahlen.
I. Der Kläger hat ursprünglich Feststellung begehrt, dass der mit der Beklagten geschlossene Darlehensvertrag mit der Darlehenskontonummer ... durch seinen Widerruf vom 30.11.2015 in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis umgewandelt wurde und er aus dem "Darlehensvertrag" (gemeint war: aus dem Rückabwicklungsschuldverhältnis) nicht mehr als 66.698,32 EUR schuldet. Das Landgericht hat die Feststellungsanträge als zulässig angesehen, jedoch wegen Verwirkung des Widerrufsrechts (als unbegründet) abgewiesen. Der Kläger hat mit seiner Berufungsbegründung vom 06.06.2017 die erstinstanzlichen Anträge weiter verfolgt.
Nachdem der Kläger die Finanzierung mit einer Zahlung entsprechend der Anforderung der Beklagten vom 18.07.2018 (K 18) abgelöst hat, haben die Parteien den Rechtsstreit im Umfang dieser Feststellungsanträge zu Beginn der Verhandlung am 29.11.2018 übereinstimmend für erledigt erklärt.
Die durch diese Feststellungsanträge verursachten Kosten des Rechtsstreits hat gemäß
§ 91 a Abs. 1 ZPO der Kläger zu tragen, da das Landgericht die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen hat und die Berufung daher - mit der Maßgabe, dass die Feststellungsanträge als unzulässig abzuweisen waren - ohne Abgabe der Erledigungserklärungen zurückgewiesen worden wäre.
1) Allerdings wäre es auf die Zulässigkeit der Feststellungsanträge nicht angekommen, wenn die Anträge unbegründet gewesen wären. Denn das Feststellungsinteresse i.S. von § 256 Abs. 1 ZPO ist nur echte Prozessvoraussetzung für die Stattgabe der Feststellungsklage, so dass auch eine unzulässige Feststellungsklage als unbegründet abgewiesen werden kann (s. etwa BGH, Urt. v. 17.04.2018 - XI ZR 446/16 Tz. 27 m.N.).
Indessen vermag der Senat dem Landgericht nicht darin zu folgen, dass die Widerrufsausübung am 30.11.2015 unwirksam war.
a) Nach § 355 Abs. 3 S. 3 BGB in der vorliegend anzuwendenden, zwischen dem 01.08.2002 und dem 10.06.2010 geltenden Fassung (s. BGH, Urt. v. 12.07.2016 - XI ZR 564/15, NJW 2016, 3512 Tz. 14) erlosch das Widerrufsrecht nicht, wenn der Verbraucher nicht ordnungsgemäß, also deutlich in Textform nach Maßgabe des § 355 Abs. 2 S. 1 BGB über sein Widerrufsrechtbelehrt worden war.
Die Widerrufsbelehrung (Anl. K 3) entsprach, wie das Landgericht zutreffend erkannt hat, wegen des Einschubs des Worts "frühestens" nicht dem Deutlichkeitsgebot in Bezug auf die Information über den Fristbeginn des Widerrufsrechts (s. BGH a.a.O., Tz. 18 m.N.).
Der Beklagten kommt die Gesetzlichkeitsfiktion des Musters für die Widerrufsbelehrung gemäß Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV a.F. nicht zugute, was das Landgericht ebenfalls zutreffend entschieden hat. Nach der Rechtsprechung des BGH hat der Gesetzgeber mit Einführung des Art. 245 EGBGB a.F. den Verordnungsgeber ermächtigt, das von letzterem geschaffene Muster für die Widerrufsbelehrung einem Streit über seine Gesetzmäßigkeit zu entziehen (BGH a.a.O., Tz. 21; BGHZ 194, 238 = NJW 2012, 3298 Tz. 15 f.). Nach § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. ist die Gesetzlichkeitsfiktion jedoch an die Bedingung geknüpft, dass "das Muster der Anlage 2 in Textform verwandt wird". Nach § 14 Abs. 3 BGB-InfoV darf der Unternehme...