Rz. 71
Die bisherige Regelung des § 541 a. F. ist jetzt in § 536 aufgenommen. Eine inhaltliche Änderung tritt damit nicht ein.
14.1 Allgemeines
Rz. 72
§ 536 Abs. 3 verdrängt die allgemeinen Regeln über Unmöglichkeit der Leistung nach § 311a (BGH, Urteil v. 5.7.1991, V ZR 115/90, NJW 1991, 3277 für den Fall der Doppelvermietung). Das Bestehen des Rechts eines Dritten für sich genommen ist (zunächst) unbeachtlich. Die schuldrechtliche Verpflichtung als Vermieter ist nicht von der dinglichen Rechtsstellung als Eigentümer abhängig, sodass auch der Nichteigentümer Vermieter sein kann. Erst wenn der Dritte (z. B. Eigentümer) seine Rechte geltend macht, dem Mieter den vertragsgemäßen Gebrauch streitig macht oder entzieht, findet die Rechtsmängelhaftung des § 536 Abs. 3 Anwendung (sog. Eviktionshaftung). Als häufig vorkommendes Beispiel mag hier der Mietvertrag der Hausverwaltung im eigenen Namen dienen, ohne dass die Hausverwaltung im Verhältnis zum Eigentümer das Recht hatte, entsprechend tätig zu werden. Verlangt der Eigentümer nach § 985 die Herausgabe seines Eigentums/Mietwohnung von dem Mieter, so hat der Mieter die Rechte aus § 536 Abs. 3, § 536a.
14.2 Rechtsmangel
Rz. 73
Unter Rechtsmängel fallen nicht öffentlich-rechtliche Beschränkungen als Mangel der Mietsache, wie fehlende Nutzungsgenehmigungen, Zweckentfremdungsgenehmigungen, Sperrung der Wohnung wegen Baufälligkeit und dgl. Diese Beschränkungen sind Sachmängel i. S. d. § 536 Abs. 1, da sie sich auf Beschaffenheit, Benutzbarkeit oder Lage der Mietsache beziehen und nicht auf die persönlichen Verhältnisse des Mieters (Emmerich/Sonnenschein, § 536 Rn. 24; BGH, Urteil v. 11.12.1991, XII ZR 63/90, WuM 1992, 313; BGH, Urteil v. 23.9.1992, XII ZR 44/91, WuM 1992, 687; BGH, Urteil v. 2.3.1994, XII ZR 175/92, DWW 1994). § 536 Abs. 3 meint Rechte Dritter nur als Privatrechte, obligatorische oder dingliche Rechte, sofern der Mieter dadurch bei Geltendmachung in dem ihm zustehenden vertragsgemäßen Gebrauch gestört wird (Hauptvermieter im Verhältnis zum Untermieter – BGH, Urteil v. 30.10.1974, VIII ZR 69/73, BGHZ 63, 132, Doppelvermietung; andere Wohnungseigentümer, die gegenüber dem Mieter eines Sondereigentums unmittelbar Rechte geltend machen – BGH, Urteil v. 18.1.1995, XII ZR 30/93, NJW-RR 1995, 715).
14.3 Zeitpunkt
Rz. 74
§ 536 Abs. 3 gilt sowohl für Rechtsmängel, die erst nach Überlassung der Mietsache an den Mieter entstehen (Entziehung der Mietsache ganz oder zum Teil), als auch für den Fall, dass dem Mieter die Mietsache erst gar nicht überlassen wird (vgl. Emmerich/Sonnenschein, § 541 Rn. 4).
Rechtsmangel und Gewährleistung
Im Falle des Rechtsmangels tritt die Gewährleistungshaftung (§§ 536 ff. BGB) vor die allgemeinen Vorschriften auch dann, wenn dem Mieter die Sache noch nicht übergeben wurde (BGH, NJW 1991, 917).
Kann der Vermieter bspw. die Räume nicht übergeben, weil der Vormieter oder ein sonstiger Dritter sie zu Recht in Besitz hat, muss der Vermieter gemäß § 536a Abs. 1 Alt. 1 (Garantiehaftung) dafür einstehen. Kann der Mieter die Räume dagegen nicht übernehmen, weil der Vormieter vertragswidrig nicht auszieht, dann kann der Vermieter die Räume wegen anfänglicher subjektiver Unmöglichkeit (BGH, NJW 1983, 446) nicht übergeben. Im Einzelfall kann aber bei verspäteter Übergabe nicht (Teil-) Unmöglichkeit, sondern Verzug vorliegen (BGH, NJW 1992, 687), für den der Vermieter bei Vertretenmüssen Schadensersatz nach den §§ 280, 286 zu leisten hat.
14.4 Unmöglichkeit – Doppelvermietung
Rz. 75
Bei der Doppelvermietung sind beide Verträge wirksam, da sich jede Person mehrfach zur Erbringung derselben Leistung verpflichten kann (BGH VIII ZR 46/61, MDR 1962, 398; LG Berlin, Urteil v. 27.9.2013,63 S 127/13, GE 2013,1587), ohne dass darauf ankommt, welcher Mieter den Mietvertrag zuerst abgeschlossen hat (OLG Hamm, NJW-RR 2004,521), auch dann nicht, wenn unterschiedliche Personen dieselbe Wohnung vermietet haben (AG Frankfurt/Main, WuM 1991, 336). die Vermietung von unterschiedlichen Personen vorgenommen wird. Die h. M. verweist darauf, dass es die Vertragsfreiheit gebiete, jede Partei eigenverantwortlich entscheiden zu lassen, wem sie hinsichtlich der von ihr abgeschlossenen schuldrechtlichen Verträge Erfüllung oder Schadensersatz leisten will. Die Unmöglichkeit und damit der Wegfall des Erfüllungsanspruchs sind anzunehmen, wenn der Vermieter die Sache übergeben hat, weil er dann nicht mehr an den anderen Mieter leisten kann.
Einstweilige Verfügung und Besitzeinräumung
Umstritten ist, ob der Vermieter im Wege der einstweiligen Verfügung vor Besitzeinräumung an einen der beiden Mieter gezwungen werden kann, dem anderen Mieter den Besitz zu versagen (so Kohler, NZM 2008, 545; a. A. u. a. KG Berlin, WuM 2017, 1220; OLG Koblenz, Urteil v.25.10.2007,5 U 1148/07, ZMR 2008,50; KG Berlin, Beschluss v. 25.1.2007, 8 W 7/07, GE 2007, 590).
Hat ein Mieter den Besitz rechtmäßig (vom Vermieter eingeräumt) erlangt, hat er Besitzschutzansprüche nach §§ 854ff. gegen jedermann, also auch gegen den anderen Mieter, der schuldrechtlich einen wirksamen Mietvertr...