4.1 Allgemeines
Rz. 5
§ 536 setzt einen Sachmangel voraus. Üblicherweise versteht man unter einem Fehler (= Sachmangel) die nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustands der Mietsache vom vertraglich geschuldeten (vgl. BGH, Urteil v. 13. 4.2016, VIII ZR 198/15, NZM 2016, 673; BGH, Urteil v. 6.10.2004, VIII ZR 355/03, GE 2004, 1586– Trittschalldämmung).
Bestehendes Gebäude
Mangels abweichender Abreden der Parteien ist zumindest derjenige Zustand der Mietsache vertragsgemäß, der bei Übergabe besteht (a. A. AG Wedding, Urteil v. 3.3. 2023, 16 C 301/21, GE 2024, 151 z.Zt.der Errichtung des Gebäudes); das gilt auch für einen objektiv schlechten Zustand (LG Hanau, Hinweisbeschluss v. 11.9.2023, 2 S 94/22, BeckRS 2023, 30640).
Rz. 6
Der Zuschnitt und die Ausstattung der Mietsache, die der Mieter zum Zeitpunkt der letzten Besichtigung vor Abschluss des Mietvertrages oder zu Beginn des Mietverhältnisses vorgefunden hat, gelten auch ohne ausdrückliche mietvertragliche Regelung der Parteien als konkludent vereinbart (LG Berlin, Beschluss v. 8.8.2019, 67 S 131/19, GE 2019, 1243). Mit der Abrede, dass der Mieter die vorhandene Küche gegen eine Küche eigener Wahl austauschen durfte, die ausgebaute Küche aber – vorrangig im Interesse des Vermieters für den Fall eines Wiedereinbaus nach Beendigung des Mietverhältnisses – aufzubewahren hatte, haben die Parteien den Mietvertrag unter Beibehaltung der vereinbarten Gesamtmiete dahin abgeändert, dass sich die Gebrauchsgewährungspflicht des Vermieters jedenfalls so lange nicht auf eine Einbauküche erstreckte, als der Mieter die Wohnung selbst mit einer Küche ausgestattet hatte (BGH, Urteil v. 13. 4.2016, VIII ZR 198/15, a. a. O.).
4.2 Umweltfehler
Rz. 7
Es kommt darauf an, ob der nach § 535 geschuldete Mietgebrauch beeinträchtigt wird, sodass der Fehler auch in einem tatsächlichen bzw. rechtlichen Verhältnis bestehen kann (sog. Umweltfehler), das nach den allgemeinen Verkehrsanschauungen den Mietgebrauch unmittelbar beeinträchtigt (vgl. BGH, Urteil v. 19. 12. 2012, VIII ZR 152/12, BGH, Urteil v. 26.9.2012, XII ZR 122/11, NZM 2013, 27).
4.2.1 Asbest
Rz. 8
Gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 GefStoffV besteht heute weitgehend ein Herstellungs- und Verwendungsverbot für Asbest. Nach Abschn. 2 des Anhangs zur ChemVerbotsV dürfen Asbeststoffe grds. nicht in den Verkehr gebracht werden. Asbestfasern in Trennwänden einer Mietwohnung stellen einen Mietmangel dar (LG Berlin, Urteil v. 3.12.2010, 63 S 42/10, GE 2011, 205). Asbesthaltige Fußbodenfliesen stelle jedenfalls dann einen zur Minderung berechtigenden Mangel der Mietsache dar, wenn eine Gesundheitsgefährdung durch gelöste Fasern besteht, weil durch eine Beschädigung der Fußbodenfliesen die in der Fliese gebundenen Asbestfasern an den Bruchkanten freigesetzt werden können; ein eben der vorhandenen allgemeinen Belastung vorhandenes zusätzliches Gefahrenpotenzial durch Asbestfasern freisetzende gerissene oder gebrochene Fußbodenfliesen muss der Mieter jedenfalls nicht hinnehmen (LG Berlin, Urteil v. 16.1.2013, 65 S 419/10, GE 2013, 353). Beschädigte asbesthaltige Fußbodenfliesen stellen auch dann einen Mangel der Mietsache dar, wenn der Mieter Fliesen lediglich als Untergrund zur Verlegung eines Teppichbodens nutzt (LG Berlin, Urteil v. 16.1.2013, 65 S 419/10, a. a. O.).
Minderungsquote
Bei beschädigten Asbestplatten ist eine Minderung von 20 % angenommen worden (LG Berlin, 25.9.2019, 66 S 212/2018).
Nachtspeicheröfen
Bei vor 1977 gebauten Nachtspeicheröfen müssen besondere Umstände hinzutreten, die eine Freisetzung von Asbestfasern – etwa infolge Beschädigung der asbesthaltigen Bauteile – wahrscheinlich erscheinen lassen (LG Berlin, ZMR 2013, 715). Es kann dabei aber schon ausreichen, wenn ältere Geräte sich in einem technisch schlechten Zustand befinden und häufig betrieben werden (LG München I, WuM 1998, 18).
4.2.2 Elektrosmog
Rz. 9
Der Vermieter ist nur dann verpflichtet, Abwehrmaßnahmen gegen Elektrosmog zu ergreifen, wenn durch die festgestellte Belastung die Grenzwerte der aktuell geltenden DIN-Normen überschritten werden (BVerfG ZMR 1997,218; BGH, Urteil v. 15.3.2006,VIII ZR 74/05, WuM 2006, 304 (Ls.) OLG Hamm WuM 1997, 182).
Mobilfunkantennen
Der Mieter kann von dem Vermieter keine Maßnahmen verlangen, die das Eindringen von elektromagnetischen Strahlungen von auf dem Gebäude über der Mietwohnung errichteten Mobilfunkantennen verhindern, sofern die Strahlung die in der 26. Bundesimmissionsschutzverordnung festgelegten Grenzwerte nicht überschreitet (LG Hamburg, Urteil v. 21.6.2007, 307 S 15/07, WuM 2007, 692; LG Berlin, Urteil v. 23.7.2002, 63 S 366/01, GE 2003, 53; AG Hamburg – Harburg, Urteil v. 8.1.2007, 644 S 334/05, NZM 2007, 621).
4.2.3 Formaldehyd
Rz. 10
Die Mietsache ist auf jeden Fall aber dann mangelhaft, wenn die Gesundheit des Mieters durch den Zustand der Räume und ihrer Einrichtungen nachhaltig gefährdet wird (LG München WuM 1998, 18; LG Berlin GE 1996, 1547; GE 1998, 1091; GE 1999, 47; LG Berlin, Urteil v. 18.6.1999, 64 S 36/99). Ob eine derartige Gefährdung der Gesundheit vorlie...