4.8.2.1 Konzession
Rz. 40
Ein Mietmangel liegt darin, dass aufgrund des Zustandes der Räume die erforderliche Konzession für ein dem Mietzweck entsprechenden Gewerbe nicht erlangt werden kann (BGH NJW-RR 1993, 519; KG, Urteil v. 16.3.2023, 8 U 76/21, a. a. O.; OLG Naumburg, Urteil v. 3.8. 1999, 11 U 25/99, NZM 2001, 100; OLG Düsseldorf NJW-RR 1988, 1424) oder auf dem vermieteten Grundstück nicht gebaut werden darf (BGH NJW 1992, 1384). Ist wegen der mit einem Gaststättenbetrieb verbundenen Lärmbelästigung eine Konzession zum Betrieb der Gaststätte nicht zu erlangen, liegt ein Mangel vor (BGH, GE 1988, 937).
Der Vermieter haftet auch dafür, dass die für den Betrieb notwendige Bau- oder Nutzungsänderungsgenehmigung für das Mietobjekt vorliegt (OLG Düsseldorf, Urteil v. 12.1.2016, I-24 U 62/15, ZMR 2017, 639). Werden Räume zum Zweck des Betreibens eines brasilianischen Restaurants mit Live-Musik vermietet mit der Verpflichtung des Vermieters, den Gebrauch der Räume in einem dem vorgesehenen gewerblichen Zweck grundsätzlich geeigneten Zustand zu gewähren, beschränkt sich dies nicht auf den Restaurantbetrieb ohne Live-Musik. Die Mietsache ist daher mangelhaft, wenn das zur vertraglichen Nutzung gehörende Spielen von Live-Musik nach 21.00 Uhr öffentlich-rechtlich unzulässig ist und die Versagung der für Live-Musik erforderlichen Genehmigung ohne weiteren Schallschutz in den Räumen zu erwarten ist (KG Berlin, Urteil v. 18.12.2008, 12 U 110/07, ZMR 2010, 31).
Mängel des Brandschutzes, die nicht ohne weiteres behebbar sind und die zur Versagung der Gaststättenerlaubnis führen, begründen ebenfalls einen Mangel der Sache (OLG Düsseldorf, ZMR 1993, 275). Bei vorübergehender Unbenutzbarkeit der Betriebsräume durch einen außerhalb des Mietgebrauchs verursachten Brand ist der vertragsgemäße Gebrauch aufgehoben, solange die Verwaltungsbehörde die Erteilung der Genehmigung für die Wiederbenutzung der Betriebsräume versagt (BGH, WuM 187, 315). Der Vermieter ist auch dafür verantwortlich, dass dem Objekt nicht von Anfang an die Stellplatznachweise fehlen (BGH, WuM 1997, 617).
4.8.2.2 Bauordnungsgenehmigung
Rz. 41
Das Fehlen einer an sich erforderlichen Bauordnungsgenehmigung führt erst dann zur Annahme eines Mangels, wenn das Fehlen eine Aufhebung oder erhebliche Beeinträchtigung der Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch zur Folge hat ; eine solche liegt im allgemeinen erst dann vor, wenn die zuständige Behörde die Nutzung des Mietobjekts zu dem vereinbarten Zweck untersagt oder wenn ein behördliches Einschreiten angekündigt (OLG Düsseldorf, Urteil v. 12.1. 2016, I-24 U 62/15, GE 2017, 951) oder konkret zu erwarten ist (OLG Düsseldorf, Urteil v. 12.5.2005, I, 10 U 190/04, a. a. O.; LG Frankfurt (Oder), Urteil v. 5.4.2007, 15 S 129/06, GE 2007, 1385; AG Hamburg-Blankenese, Urteil v. 20.4.2007, 509 C 325/06, a. a. O.).
Beanstandung durch Gewerbeaufsicht
Verfügt der Mieter über die gaststättenrechtliche Erlaubnis zum Betrieb eines Restaurants in den Mieträumen, wird ein Mangel noch nicht dadurch begründet, dass durch die Gewerbeaufsicht wegen des Zustandes der Räume Beanstandungen erhoben werden, ohne dass es bisher zu einem Entzug der Erlaubnis oder gewerbeaufsichtsrechtlich angeordneten Einschränkung des Gewerbebetriebs gekommen ist (OLG Naumburg, Urteil v. 12.1.2016, I-24 U 62/15, a. a. O.).
4.8.2.3 Zweckentfremdungsgenehmigung
Rz. 42
Im Falle einer verbotswidrig vollgewerblichen Nutzung der Mieträume ist die Miete nicht allein wegen einer fehlenden Zweckentfremdungsgenehmigung gemindert (KG, Urteil v. 3.5.2000, 8 U 5568/99, GE 2001, 989). Es genügt für die Annahme eines öffentlich-rechtlichen Fehlers aber, dass die Ungewissheit über den Fortbestand der öffentlichen-rechtlichen Beschränkung besteht, ohne dass die endgültige Entscheidung im Verwaltungsverfahren oder verwaltungsgerichtlichen Verfahren über die Rechtswirksamkeit der öffentlich-rechtlichen Beschränkung abgewartet zu werden braucht.
Die nach der Behördenpraxis ernst zu nehmende Androhung von Zwangsmaßnahmen gegen den Mieter wegen Verstoßes gegen das Zweckentfremdungsverbot stellt daher einen Sachmangel dar, der den Mieter berechtigt, den vereinbarten Gewerbezuschlag einzubehalten (vgl. dazu VerfGH Berlin, Beschluss v. 3.5.2001, VerfGH 39/00, GE 2001, 1054).
Untersagungsverfügbarkeit oder Bußgeld
Besteht für die zu Gewerbezwecken vermieteten Wohnräume ein Zweckentfremdungsverbot, so ist der Mieter zur Minderung erst dann berechtigt, wenn eine behördliche Untersagungsverfügung oder ein Bußgeldbescheid unmittelbar bevorsteht (so auch Sternel, Mietrecht aktuell, Rn. 385 S. 294).
Kein Minderungsrecht des Mieters
Das Minderungsrecht besteht allerdings dann nicht, wenn die Frage der öffentlich-rechtlichen Gebrauchsbeschränkung im Mietvertrag ausdrücklich angesprochen und offen gelassen worden ist und der Mieter trotz des Hinweises darauf die Wohnung angemietet hat (LG Berlin, GE 1994, 459).