9.1 Allgemeines

 

Rz. 58

Nach § 536 Abs. 2 besteht das Minderungsrecht auch, wenn eine zugesicherte Eigenschaft fehlt oder später wegfällt. Es wird auf § 536 Abs. 1 Satz 1 und 2 Bezug genommen, sodass die Gewährleistung auch bei einer unerheblichen Minderung der Tauglichkeit in Betracht kommt.

Der Begriff der Zusicherung ist derselbe wie zu § 434 (Sachmängelhaftung beim Kauf). Zugesichert ist daher eine Eigenschaft, wenn der Vermieter durch eine vertraglich bindende Erklärung dem Mieter zu erkennen gibt, dass er für den Bestand der betreffenden Eigenschaft und alle Folgen ihres Fehlens einstehen will.

Unter Eigenschaft versteht man die Beschaffenheit der Mietsache selbst und jedes tatsächliche oder rechtliche Verhältnis, das für den Gebrauch der Mietsache von Bedeutung ist, was bei der Wohnraummiete weniger relevant, bei der Gewerbemiete aber von großer Wichtigkeit sein kann, z. B. Tragfähigkeit von Zwischendecken eines Lagerhauses (BGH, Urteil v. 15.6.1964, VIII ZR 255/62, MDR 1964, 915), Umsatz bei einer Gastwirtschaft, Zusicherung der Brauereifreiheit; Möglichkeit der Bebauung eines Grundstücks.

Der vertraglich geschuldete Zustand der Mietsache bestimmt sich in erster Linie nach den Beschaffenheitsvereinbarungen der Mietvertragsparteien, die auch durch schlüssiges Verhalten (konkludent) getroffen werden können. Soweit Parteiabreden zur Beschaffenheit der Mietsache fehlen, wird der zum vertragsgemäßen Gebrauch geeignete Zustand unter Berücksichtigung des vereinbarten Nutzungszwecks und des Grundsatzes von Treu und Glauben nach der Verkehrsanschauung bestimmt (BGH, Urteil v. 23.9.2009, VIII ZR 300/08, NJW 2010, 1133). Das führt z. B. nicht dazu, dass in der durch – die straßenbaubedingten Umleitung des Verkehrs verursachten – erhöhten Lärmbelastung kein Mangel zu sehen ist, der den Mieter in dem entsprechenden Zeitraum zur Mietminderung berechtigt (BGH, Urteil v. 19.12.2012, VIII ZR 152/12, GE 2013, 261).

9.2 Flächenangaben

 

Rz. 59

Wesentliche Probleme treten sowohl bei der Wohnraum- als auch der Geschäftsraummiete bei der Größenangabe der Nutz- oder Wohnfläche auf.

 
Hinweis

Flächenangabe als Zusicherung

Eine Flächenangabe in einem Geschäftsraummietvertrag, in dem es nach dem Vertragszweck entscheidend auf die Größe des Objekts ankommt (Verkaufsfläche, Lagerfläche und dgl.), kann im Zweifel als Zusicherung angesehen.

Auch die Angabe einer bestimmten Fläche im Wohnraummietvertrag (und zwar auch dann, wenn es sich um eine "ca."-Fläche handelt: BGH, Urteil v. 24.3.2004, VIII ZR 133/03, GE 2004, 583) bedeutet nicht nur eine unverbindliche Objektbeschreibung bedeutet, sondern ist stets als insoweit vertraglich festgelegte Sollbeschaffenheit der Mieträume aufzufassen ist, die dann Minderung der Miete und die weiteren Gewährleistungsrechte des Mieters auslösen kann, wenn die tatsächliche Fläche von der im Mietvertrag angegebenen um mehr als 10 % abweicht (siehe oben Rz. 3; vgl. hierzu auch BGH, Urteil v. 28.10.2009, VIII ZR 164/08, GE 2010, 54, für den Fall der Vermietung einer Doppelhaushälfte nebst Garten: keine Anhebung der 10 %-Grenze wegen Größe des Gartens). Die Rechtsprechung des BGH gilt auch für den Bereich der Geschäftsraummietverhältnisse (Urteil v. 4.5.2005, XII ZR 254/01, GE 2005, 861), bei denen i. d. R. dem Umfang der angemieteten Fläche eine noch größere Bedeutung zukommt als bei Wohnraummietverhältnissen (z. B. Speditionen, Gaststätten, Veranstaltungsräumen usw.). Das gilt auch bei ca.-Angaben. Anders kann es sein, wenn der Empfänger der Zusicherung gewusst hat oder ihm grob fahrlässig verborgen blieb, dass die zugesicherte Eigenschaft nicht vorliegt; bloße Zweifel genügen nicht.

9.3 Überbezahlte Miete

 

Rz. 60

Soweit der Mieter in der Vergangenheit wegen der Zugrundelegung einer falschen Fläche zu viel Miete bezahlt hat, kommt eine Rückforderung nach § 812 Abs. 1 Satz 1 in Betracht, wobei bloße Zweifel des Mieters an der Richtigkeit der im Vertrag angegebenen Fläche nicht ausreichen, um einen Ausschluss der Rückforderung nach § 814 rechtfertigen zu können. Insoweit ist eine positive Kenntnis des Mieters von der Flächenabweichung erforderlich.

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