Rz. 87a
Gemäß Art. 240 § 2 Abs. 1 EGBGB kann der Vermieter ein Mietverhältnis über Grundstücke oder über Räume nicht allein aus dem Grund kündigen, dass der Mieter im Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 trotz Fälligkeit die Miete nicht leistet, sofern die Nichtleistung auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht. Der Zusammenhang zwischen COVID-19-Pandemie und Nichtleistung ist glaubhaft zu machen. Sonstige Kündigungsrechte bleiben unberührt. Dieses Moratorium des Kündigungsrechts ist gemäß § 2 Abs. 3 auf Pachtverhältnisse entsprechend anzuwenden. Die Vorschrift gilt nur für Mietverhältnisse und Pachtverhältnisse, nicht dagegen bei einem Leihverhältnisse. Das Kündigungsmoratorium gilt sowohl bei der Vermietung von beweglichen als auch von unbeweglichen Sachen als auch bei Wohn- und Gewerberaummietverhältnissen. Sämtliche Kündigungen sind ausgeschlossen, die darauf beruhen, dass der Miete die Miete trotz Fälligkeit wegen der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie nicht geleistet hat. Damit sind sowohl die Kündigung gemäß § 543 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 3 BGB als auch diejenige aus § 573 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB ausgeschlossen, soweit sie auf Mietrückständen des Mieters wegen der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruhen.
Rz. 87b
Zur Miete i. S. d. Art. 240 § 2 Abs. 1 EGBGB gehören auch Betriebskostenvorschüsse, die als Pauschale ausgewiesenen Betriebskosten i. S. d. § 556 Abs. 2 Satz 1 und die in Mietverträgen vor dem 1.9.2001 vereinbarten unabänderlichen Betriebskostenpauschalen. Die Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses durch den Vermieter wegen eines Zahlungsrückstands mit Beträgen, um die der Vermieter die Betriebskostenvorauszahlungen gemäß § 560 Abs. 4 BGB einseitig erhöht hat, ist ebenfalls bis 30. Juni 2022 ausgeschlossen, wenn im Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 die Nichtleistung auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht. Soweit eine Nachforderung von Betriebskosten darauf gestützt, wird, dass die vollständig gezahlten Vorschüsse zur Deckung der Betriebskosten nicht ausreichten, dürfte bis zum 30. Juni 2022 eine in Betracht kommende Kündigung ebenfalls ausgeschlossen sein. Die Kündigung wäre auch ausgeschlossen, wenn der Mieter in dieser Zeit wegen der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie mit vereinbarten Zuschlägen wie Untermietzuschlägen, Zuschlägen für die (teil-)gewerbliche Nutzung, Möblierungszuschlägen in Verzug gekommen wäre. Zur Miete gehört dagegen nicht die Mietkaution. Auch der Vermieter von Wohnraum ist daher auch vor dem 30.Juni 2020 weiterhin berechtigt, das Mietverhältnis zu kündigen, selbst wenn der Mieter im Zeitraum vom 1.4.2020 bis zum 30.6.2020 wegen Covid-19 mit der Kaution in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der zwei Monatskaltmieten entspricht (§ 569 Abs. 2a Satz 1 BGB). Ebenfalls kann der Vermieter auch in diesem Zeitraum wegen der Mietrückstände in diesem Zeitraum auf die Kaution zurückgreifen, weil das Moratorium nur die Kündigung ausschließt, nicht aber den Mieter von der Mietzahlungspflicht befreit (so auch Tschäpe, GE 2020, 492).
Rz. 87c
Dem Mieter kann nicht gekündigt werden, wenn er trotz Fälligkeit der Miete wegen der Covid-19-Folgen im Zeitraum vom 1.4.2020 bis 30.6.2020 nicht leistet. Die Miete bleibt auch fällig, da das Moratorium die Mietzahlungspflicht unberührt fortbestehen lässt. Ein vorheriger Zahlungsverzug schließt die Kündigung ebenso wenig aus wie ein nachträglicher Zahlungsrückstand (so auch Tschäpe a. a. O.). Vollendet sich der Kündigungstatbestand erst nach dem 1. April 2020 und vor dem 30. Juni – z. B. weil erst in diesem Zeitraum der kündigungsbegründende Zahlungsrückstand erreicht worden ist – kann der Vermieter bis zum 30. Juni 2022 (Art. 240 § 2 Abs. 4 EGBGB) auch dann nicht kündigen, wenn der Zahlungsrückstand sich teilweise aus Nichtzahlungen vor diesem Zeitraum zusammensetzt und Nichtleistungen nur im Übrigen auf den Auswirkungen der COVID-19.Pandemie beruhen (Schmidt-Futterer,§ 243 Rn. 261). Nach dem 30. Juni 2022 dagegen lebt das Kündigungsrecht wegen sämtlicher Mietzahlungsrückstände wieder auf, auch wenn sie teilweise in den Zeitraum vom 1.Juni bis 30. Juni 2020 fallen. Denn gemäß § 2 Abs. 4 sind die Absätze 1 bis 3 nur bis zum 30. Juni 2022 anzuwenden. Soweit der Zahlungsverzug mit den Mieten April bis Juni 2020 auch darüber hinaus bestehen bleibt, kann eine Kündigung mithin hierauf wieder gestützt werden.
Sonstige Kündigungsrechte bleiben erhalten. Der Vermieter kann daher aus anderen Gründen, insbesondere aus sonstigen wichtigen Gründen, die im Zeitraum vom 1.April 2020 bis zum 30.Juni 2020 eintreten, kündigen.
Rz. 87d
Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 der Vorschrift muss die Nichtleistung auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht, also kausal dafür sein. Beruht die Nichtleistung des Mieters auf anderen Gründen, z. B., weil der Mieter zahlungsunwillig ist oder seine Zahlungsunfähigkeit andere Ursachen als die Covid-19-Pandemie hat, ist die Kündigung hingegen nicht ausgeschlossen. Eine Leistungsunfähigkeit aufg...