Rz. 88
Der Vermieter kann das Mietverhältnis fristlos kündigen, wenn der Mieter entweder für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete "im Verzug ist" (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3a) oder in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrags "in Verzug ist", der die Miete von zwei Monaten erreicht (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3b). Unerheblich ist, ob die Miete monatlich oder in längeren Zeitabschnitten – hier: jährlich – zu entrichten ist (BGH, Urteil v. 17.9.2008, XII ZR 61/07, ZMR 2009, 106). Ein Vermieter kann sich aber zur Begründung einer Kündigung wegen Zahlungsverzuges nicht auf einen Rückstand berufen, der vor dem Eigentumsübergang entstanden ist, es sei denn, diese Mietrückstände sind ihm vom Veräußerer/Vorvermieter abgetreten worden (LG Berlin, Urteil v.18.1.2005, 63 S 354/04, GE 2005, 487).
Bei der Herabsetzung der Miete gemäß § 313 wegen der durch eine landesrechtliche Corona-Schutzverordnung verfügten Betriebsschließung bemisst sich der für eine Zahlungsverzugskündigung gemäß § 543 Abs. 2 notwendige kündigungsrelevante Rückstand nach der angepassten Miete (LG Krefeld, Urteil v. 30.6.2021, 2 O 546/20, GE 2021, 1125).
Hat der Mieter wegen Mängeln der Mietsache, die ihre Tauglichkeit mindern, nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten, ist der kündigungsbegründende Rückstand nach der vereinbarten Miete zu berechnen (BGH, Urteil v. 27.9.2017, VIII ZR 193/16, ZMR 2018, 17).
Vereinbarte Miete
Der Mieter zahlt von der vereinbarten monatlichen Miete von 600 EUR im Juli und August jeweils nur 300 EUR, weil er zu einer Minderung von 50 % berechtigt ist. Obwohl er insgesamt mit 600 EUR in Rückstand geraten ist, ist ein kündigungsbegründender Rückstand noch nicht entstanden, weil dieser erst bei mehr als einer vereinbarten Monatsmiete von 600 EUR besteht.
Die erste Alternative des § 543 Abs. 2 Nr. 1a – Verzug für zwei aufeinanderfolgende Termine – ist im Übrigen unproblematisch.
Zwei aufeinander folgende Termine
Der Mieter zahlt die monatliche Miete im Juli nicht und die Miete für den Monat August erst nach dem dritten Werktag. Mit Ablauf des dritten Werktags des Monats August ist ein kündigungsbegründender Rückstand entstanden.
Bei der zweiten Alternative des § 543 Abs. 2 Nr. 3a – nicht unerheblicher Rückstand für zwei aufeinander folgende Monate – ist der Gesamtrückstand, bezogen auf die Summe der beiden Termine (BGH, Urteil v. 27.9.2017, VIII ZR 193/16, NZM 2018, 28; BGH, Urteil v. 15.4.1987, VIII ZR 126/86, WuM 1987, 317) maßgebend (a. A. LG Berlin, WuM 1988, 401 bei Verzögerung infolge Verschuldens des Kreditinstituts).
Der entgegenstehenden Ansicht (LG Berlin, Urteil v. 6.11.2019, 66 S 181/18, GE 2020, 197; Sternel, Mietrecht, IV 269 und 410 m. w. N.), wonach der Rückstand für den einzelnen Termin maßgebend ist, ist nicht zu folgen (LG Berlin, Urteil v. 16.5.1995, 64 S 403/94, GE 1995, 941; Brinkmann, S. 21 m. w. N.).
Addition der Rückstände
Ist der Mieter im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung im Juni mit der halben Monatsmiete für April und zwei Drittel der Monatsmiete für Mai in Rückstand, sind diese beiden Rückstände mit der Folge zu addieren, dass sie die für einen Monat geschuldete Miete übersteigen, so dass die Kündigung gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3a gerechtfertigt ist.
Bei Wohnraummietverhältnissen ist die Kündigung nur dann gerechtfertigt, wenn die rückständige Miete in den zwei aufeinander folgenden Terminen den Rückstand für einen Monat übersteigt (§ 569 Abs. 3 Nr. 1).
Gesamthöhe der rückständigen Teilbeträge
Dieser Rückstand ist allein nach der Gesamthöhe der beiden rückständigen Teilbeträge zu bestimmen. Für eine darüber hinausgehende gesonderte Bewertung der Höhe der einzelnen monatlichen Rückstände im Verhältnis zu jeweils einer Monatsmiete lässt das Gesetz keinen Raum (BGH, Urteil v. 8.12.2021, VIII ZR 32/20, GE 2022, 147).
Auch bei gewerblichen Mietverhältnissen rechtfertigt erst ein Mietrückstand von über einer Monatsmiete eine Kündigung gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3. Ein Rückstand von einer Monatsmiete oder weniger berechtigt nur dann zu einer derartigen Kündigung, wenn besondere Einzelfallumstände hinzutreten. Als solche kommen in der Gewerberaummiete neben der Kreditwürdigkeit des Mieters insbesondere die finanzielle Situation des Vermieters und die Auswirkungen des konkreten Zahlungsrückstands auf diese in Betracht (BGH, Urteil v. 13.5.2015, XII ZR 65/14, GE 2015, 905; BGH, Urteil v. 23.7.2008, XII ZR 134/06, WuM 2008, 1980; OLG Düsseldorf, Urteil v. 7.9.2006, 10 U 30/06, GE 2007, 514).
Bei der Kündigung nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3b reicht es dagegen aus, dass der Mieter für einen Zeitraum von mehr als zwei Fälligkeitsterminen mit der Entrichtung der Miete in der Höhe eines Betrags in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht. Diese Bestimmung ist wörtlich auszulegen. Der Mieter muss inner...