Harald Kinne, Hans-Jürgen Bieber
Rz. 10
Von besonderer Bedeutung für die Praxis ist die Wahrung der Schriftform im Falle von Nachträgen, Zusätzen und Änderungen des ursprünglichen Mietvertrags. Da diese unmittelbar auf den Regelungsgehalt des langfristigen Vertrages einwirken, müssen sie dessen Form ebenfalls entsprechen:
Nachträgliche Abrede
Eine in mündlicher Form getroffene nachträgliche Abrede, die eine Bestimmung des Vertrages abändert oder aufhebt oder den Vertrag als solchen ergänzt, führt zur Nichteinhaltung der Schriftform des gesamten Vertrages und damit zu dessen Kündbarkeit.
Umgekehrt kann eine formgültig abgeschlossene Nachtragsvereinbarung die fehlende Schriftform der Ursprungsvereinbarung "heilen", und zwar dann, wenn sie eine lückenlose Bezugnahme auf den Vertrag und alle etwa danach gefertigten Schriftstücke, aus denen sich die wesentlichen vertraglichen Vereinbarungen der Parteien ergeben, enthält (BGH, Urteil v. 10.2.2021, XII ZR 26/20, NZM 2021, 472; BGH, Urteil v. 4.11.2020, XII ZR 104/19, ZMR 2021, 215; BGH, Urteil v. 29.4.2009, XII ZR 142/07, NZM 2009, 515 = ZMR 2009,750; BGH, Urteil v. 9.4.2008, XII ZR 89/06, GE 2008, 805; Urteil v. 4.11.2009, XII ZR 86/07, NJW 2009, 2195 m. Anm. Ingendoh, JurisPR-MietR 19/2009 Anm. 4).
Urkundeneinheit
Es gilt der Grundsatz der Urkundeneinheit. Zur Einhaltung der Schriftform kann die Änderung auf die ursprüngliche Urkunde gesetzt oder der Nachtrag mit der ursprünglichen Urkunde so verbunden werden, dass der Nachtrag nur unter teilweiser Substanzverletzung entfernt werden kann.
Jedenfalls muss die Änderung wiederum die Unterschrift beider Vertragspartner aufweisen (s. o.).
Der Streit, wie die einzelnen Blätter miteinander verbunden werden müssen, ist überwiegend schon Rechtsgeschichte. Nach der grundlegenden Entscheidung des BGH (Urteil v. 24.9.1997, XII ZR 234/95, WuM 1997, 667) ist die gesetzlich vorgeschriebene Schriftform gewahrt, wenn sich die Einheit der Urkunde aus fortlaufender Paginierung der Blätter, Nummerierung der einzelnen Bestimmungen, einheitlicher graphischer Gestaltung, inhaltlichem Zusammenhang des Textes oder vergleichbaren Merkmalen zweifelsfrei ergibt. Bei Einlageblättern ist darauf zu achten, dass sich der Kopf der Einlage auf den bestimmten Mietvertrag bezieht und am Ende der zusätzlichen Vereinbarungen beide Mietvertragsparteien unterschreiben.
Wahrung der Schriftform
Die gesetzliche Schriftform ist nicht gewahrt, wenn eine der unterschriebenen Urkunden nur die Willenserklärung einer Partei enthält und sich die Willensübereinstimmung erst aus der Zusammenfassung mit anderen Urkunden ergibt (BGH, Urteil v. 18.10.2000, XII ZR 179/98, NJW 2001, 221 [223]). Für § 126 Abs. 2 Satz 2 genügt es zur Wahrung der gesetzlichen Schriftform nur, wenn gleich lautende Urkunden aufgenommen werden und jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet.