Rz. 21
Lediglich diejenigen Vereinbarungen des Wohnraummietvertrags, die zum Nachteil des Mieters von den gesetzlichen Regelungen abweichen, sind unwirksam; die übrigen Mietvertragsvereinbarungen bleiben grundsätzlich wirksam. Nur wenn mehrere unwirksame Vereinbarungen von anderen Vertragsklauseln nicht getrennt werden können, erstreckt sich gemäß § 139 die Unwirksamkeit der Vereinbarung auch auf die anderen Vertragsklauseln.
Unwirksamkeit von Staffelvereinbarungen und Wertsicherungsklauseln
Die Unwirksamkeit von Staffelmietvereinbarungen und Wertsicherungsklauseln führt ebenfalls nicht dazu, dass der Mietvertrag insgesamt unwirksam ist.
Zunächst ist ohnehin zu prüfen, ob die Staffelmietvereinbarung oder Indexklausel teilweise aufrechterhalten werden kann. Soweit die Staffelmietvereinbarung jedoch kürzere Fristen für die Mieterhöhungen als ein Jahr vorsieht, dürfte die Staffelmietvereinbarung insgesamt unwirksam sein (LG Berlin, Urteil v. 21.9.1999, 64 S 187/99, GE 1999, 1428; LG Berlin, Urteil v. 16.2.1999, 64 S 356/98, GE 2000, 345; LG Berlin, MM 1990, 40; LG Berlin, GE 2001, 852).
Hat der Mieter aufgrund der unwirksamen Vereinbarung eine höhere Miete an den Vermieter bezahlt, so hat er ein Anspruch auf Rückzahlung des entsprechenden Teilbetrages der überhöhten Miete (§ 812 Abs. 1 Satz 1). Dieser Bereicherungsanspruch des Mieters entfällt ausnahmsweise nur dann, wenn der Mieter positiv wusste, dass er zur Zahlung der Miete in dieser Höhe oder unter diesen Voraussetzungen nicht verpflichtet war (§ 814 1. Alt.). Zur positiven Kenntnis reichen Zweifel an der Wirksamkeit der Vereinbarung jedoch nicht aus. Zudem hat der Mieter trotz Kenntnis der Unwirksamkeit der Vereinbarung dann einen Rückforderungsanspruch, wenn er die Miete jeweils unter Vorbehalt gezahlt hat. Denn mit diesem Vorbehalt behält er sich gerade die Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs vor (vgl. dazu u. a. LG Berlin, MM 1994, 361). Der Mieter kann aber nicht sämtliche aufgrund einer unwirksamen Kostenmieterhöhung gezahlten Mieten zurückverlangen. Vielmehr ist der Wohnraummietvertrag wegen Fehlens der Geschäftsgrundlage anzupassen, wenn sich die vom Vermieter einseitig nach §§ 10, 8a WoBindG vorgenommenen Mieterhöhungen nach langjähriger Mietdauer deswegen als unwirksam erweisen, weil die Wohnung entgegen den übereinstimmenden Vorstellungen der Parteien bei Vertragsschluss mangels Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen (hier: § 17 Abs. 1 II. WoBauG) nicht der Preisbindung unterliegt. Die Anpassung hat in der Weise zu erfolgen, dass die ortsübliche Vergleichsmiete als Obergrenze der geschuldeten Miete anzusehen ist, so dass nur die darüber hinaus gezahlten Beträge zurückgefordert werden können (BGH, Urteil v. 24.3.2010, VIII ZR 160/09, GE 2010, 685).
Zudem kann ein Anspruch des Mieters auf Rückzahlung der aufgrund der unwirksamen Vereinbarung geleisteten Miete daraus hergeleitet werden, dass der Vermieter durch die Entgegennahme der Miete gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen hat (§ 817 Satz 1). Voraussetzung für diesen Rückforderungsanspruch ist jedoch die positive Kenntnis des Vermieters davon, dass die Vereinbarung, aufgrund derer die Miete gezahlt worden ist, von den Vorschriften der §§ 558 ff. abwich. Große Zweifel daran reichen ebenso wenig aus wie die bloße Kenntnis der Vereinbarung oder der Vorschriften der §§ 558 ff.
Überstieg zudem die gezahlte Miete infolge der Ausnutzung eines geringen Angebots an vergleichbaren Räumen die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als 20 % (§ 5 Abs. 2 Satz 1 WiStG) oder gar um mehr als 50 % (§§ 302 f. StGB), so hat der Mieter unabhängig von der Wirksamkeit der Vereinbarung nach den §§ 558ff. einen Anspruch auf Rückzahlung der preisrechtswidrig überhöhten Miete (§ 823 Abs. 2). Da bei der Beantwortung der Frage, ob der Vermieter ein geringes Angebot an vergleichbaren Räumen ausgenutzt hat, auf das gesamte Gebiet der Gemeinde und nicht lediglich auf den Stadtteil abzustellen, in dem sich die Mietwohnung befindet (BGH, Urteil v. 13.4.2005, VIII ZR 44/04, GE 2005, 790), und der Mieter, der sich auf eine überhöhte Miete gem. § 5 WiStG beruft, darlegen und ggf. beweisen muss, welche Bemühungen bei der Wohnungssuche er bisher unternommen hat, weshalb diese erfolglos blieb und dass er mangels Ausweichmöglichkeit nunmehr auf den Abschluss des für ihn ungünstigen Mietvertrags angewiesen war (BGH, Urteil v. 28.1.2004, VIII ZR 190/03, GE 2004, 540; LG Berlin, Urteil v. 28.9.2004, 64 S 230/04, GE 2005, 801; AG Hamburg-Barmbek, Urteil v. 9.9.2004, 822 C 73/03, ZMR 2004, 919), dürften Rückzahlungsansprüche kaum noch dargelegt werden können.