Harald Kinne, Hans-Jürgen Bieber
Rz. 7
Die überlebenden Mieter können das Mietverhältnis innerhalb eines Monats nach Kenntnis vom Tod des Mieters außerordentlich mit der gesetzlichen Frist kündigen. Die Kündigung ist sowohl bei unbefristeten als auch bei befristeten Mietverhältnissen zulässig. Da bei unbefristeten Mietverhältnissen der Mieter ohnehin gem. § 573c kündigen kann, ist das in § 563a eingeräumte Sonderkündigungsrecht ohnehin nur für Zeitmietverträge oder Mietverträge mit vereinbartem Kündigungsausschluss von Bedeutung. Ausnahme: Der Kündigungsausschluss ist seinerseits gem. § 307 unwirksam.
Rz. 8
Die überlebenden Mieter müssen sich innerhalb einer einmonatigen Überlegungsfrist entscheiden, ob sie das Mietverhältnis kündigen wollen. Die frühere Kündigung auf den ersten zulässigen Termin hatte sich als zu kurz herausgestellt. Die Frist beginnt, nachdem der/die überlebende(n) Mitmieter Kenntnis – also positive Kenntnis – vom Tod des Mieters erlangt hat (Schmidt-Futterer/Streyl, § 563a Rn. 12). Vermutungen oder Gerüchte reichen nicht; auch Erkundigungspflichten bestehen nicht. Bei Geschäftsunfähigen und beschränkt Geschäftsfähigen kommt es auf die Kenntnis des gesetzlichen Vertreters an; ebenso bei Betreuern, wenn das Wohnen zu ihrem Aufgabenkreis gehört (Schmidt-Futterer/Streyl, § 563a Rn. 12). Bei mehreren überlebenden Mitmietern beginnt für alle die Kündigungsfrist mit der Kenntnis des letzten Mitmieters von dem Tod des Mieters (Schmidt-Futterer/Streyl, § 563a Rn. 13; Sternel, ZMR 2004, 713, 719). Die Kündigung muss bis zum Ablauf der Überlegungsfrist spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf des übernächsten Monats erfolgen; denn für diese außerordentliche Kündigung mit gesetzlicher Frist gilt § 573d Abs. 2 (Schmidt-Futterer/Streyl, § 563a Rn.11).
Kündigung
Der Mieter verstirbt am 3.10.2022.
Der (letzte) Mitmieter erlangt davon Kenntnis am 15.10.2022.
Die Überlegungsfrist läuft am 15.11.2022 ab. Die Kündigung kann noch am 15.11.2022 zum 28.2.2023 erfolgen.
Rz. 9
Die Kündigung bedarf nach § 568 Abs. 1 der Schriftform. Ein Begründungszwang besteht nicht. Die irrtümliche Angabe nicht einschlägiger Gesetzesformen bei der Begründung der Kündigung ist daher unschädlich (AG Wetzlar, Urteil v. 27.10.2009, ZMR 2010, 375). Mehrere Mitmieter können nur gemeinsam wirksam kündigen (LG Berlin, Beschluss v. 17.10.2016, 65 T 158/16, GE 2017, 83), da es sich bei der Kündigung um die Ausübung eines Gestaltungsrechts handelt, das von mehreren Vertragspartnern nur gemeinsam ausgeübt werden kann (Schmidt-Futterer/Streyl, § 563a Rn. 13; Hinz, ZMR 2002, 640, 644); möglicherweise besteht aber ein Anspruch auf Mitwirkung des anderen Mitmieters (OLG Düsseldorf, Beschluss v. 2.5.2007, I-10 W 29/07, WuM 2007, 567 = ZMR 2007, 960 bei Scheitern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft). Ein Anspruch auf Zustimmung eines Mitmieters zur Kündigung durch den anderen Mitmieter besteht aber nur dann, wenn sich das Festhalten am Mietvertrag durch einen der Mitmieter im Einzelfall als treuwidrig darstellt. Dies dürfte insbesondere dann anzunehmen sein, wenn sich ein Mitbewohner dauerhaft einer einvernehmlichen Lösung verweigert und die Kündigung auch für die Zukunft kategorisch ausschließt LG Frankfurt/Main, Beschluss v. 7.12.2020, 2-11 T 117/20, GE 2021, 768). Wird das Mietverhältnis nicht mit den Mitmietern fortgesetzt, weil alle wirksam gekündigt haben, wird es mit dem Erben fortgesetzt (§ 564).
Rz. 10
Dem Vermieter steht dagegen kein außerordentliches Kündigungsrecht zu. Dies ergibt sich bereits daraus, dass er auch mit den überlebenden Mitmietern den Mietvertrag abgeschlossen hatte (Schmidt-Futterer/Streyl, § 563a Rn. 14).
Bei Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Mietverhältnisses kann der Vermieter nur nach den allgemeinen Vorschriften (§§ 543, 569 bzw. § 573) kündigen. Bei der fristgemäßen Kündigung muss er die sich aus § 573c ergebenden Kündigungsfristen einhalten, wobei dem überlebenden Mitmieter die Mietzeit des verstorbenen Mieters in vollem Umfang zugutekommt.