Rz. 4
Veräußerung i. S. d. § 566 setzt den dinglichen Vorgang des Eigentumsübergangs voraus. Nach § 873 ist zur Übertragung des Eigentums an einem Grundstück die Einigung zwischen Veräußerer und Erwerber über den Eintritt der Rechtsänderung und die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch erforderlich. Die Einigung i. S. d. § 873 ist nicht die Einigung innerhalb des Verpflichtungsgeschäfts, z. B. Kauf, sondern die Einigung über die dingliche Rechtsänderung. Ist hingegen das dingliche Geschäft unwirksam, kommt es nicht zum Eigentumsübergang und damit nicht zu einem Übergang der Mietverhältnisse gem. § 566. Dasselbe gilt bei wirksamer Anfechtung des dinglichen Rechtsgeschäfts, die auf den Zeitpunkt des Abschlusses des dinglichen Rechtsgeschäfts zurückwirkt.
Der neue Eigentümer vermieteten Wohnraums tritt auch dann anstelle des Vermieters in die Rechte und Pflichten aus bestehenden Mietverhältnissen ein, wenn er das Eigentum nicht durch ein Veräußerungsgeschäft, sondern kraft Gesetzes erwirbt (BGH, Urteil v. 9.7.2008, VIII ZR 280/07, GE 2008, 1122, bestätigt durch BGH, Urteil v. 10.3.2009, VIII ZR 265/08, WuM 2009, 357).
Wichtig ist festzuhalten, dass die Rechte aus dem Mietvertrag nicht mit Wirksamkeit des Kaufvertrags übergehen, sondern erst nach Vollendung des dinglichen Rechtsakts, der Eintragung des neuen Eigentümers im Grundbuch. Die Eintragung einer Auflassungsvormerkung reicht nicht. Da sich das Grundbuchverfahren oftmals aus vielerlei Gründen verzögert, kann etliche Zeit zwischen Abschluss des Kaufvertrags und der Vollendung des Veräußerungsakts vergehen. Das hat für die Rechte und Pflichten des bisherigen Vermieters und des Erwerbers als neuen Vermieter weitreichende Folgen. Ein vereinbarter Lasten- und Nutzenwechsel im Kaufvertrag ersetzt den Veräußerungsakt nicht und lässt nicht die Wirkungen des § 566 eintreten. Allerdings können schuldrechtliche Ansprüche abgetreten werden, so z. B. der Anspruch auf die Miete. Das setzt jedoch einen entsprechenden Abtretungsvertrag zwischen Alt- und Neugläubiger voraus (§ 398), der nicht ohne weiteres in der Vereinbarung eines Lasten- und Nutzenwechsels gesehen werden kann. Im Interesse der Klarheit auch für den Mieter, der wissen muss, an wen er zu zahlen hat, muss daher zwischen Verkäufer und Käufer genau geregelt werden, welche Ansprüche abgetreten werden. Wegen der Anzeige an den Mieter als Schuldner wird auf die Vorschriften der §§ 398 ff. Bezug genommen.
Ein neuer Eigentümer/Vermieter kann sich zur Begründung einer Kündigung wegen Zahlungsverzuges nicht auf einen Rückstand berufen, der vor dem Eigentumsübergang entstanden ist, es sei denn, diese Mietrückstände sind ihm vom Veräußerer/Vorvermieter abgetreten worden (LG Berlin, Urteil v. 18.1.2005, 63 S 354/04, GE 2005, 487).
Rz. 5
Das Kündigungsrecht, das mit dem Eigentumswechsel in Anwendung des § 566 auf den Erwerber als neuen Vermieter übergeht, ist nach überwiegender Ansicht nicht abtretbar, da es sich um ein sog. unselbständiges Gestaltungsrecht handelt, das eine "höchst persönliche Natur" hat (vgl. die Kommentierung zu § 542 Rn. 3). In diesem Zusammenhang ist allerdings festzuhalten, dass aufgrund rechtsgeschäftlicher Vereinbarung zwar keine Abtretung, jedoch die Erteilung einer Vollmacht möglich ist, die den Käufer bis zur Eigentumsumschreibung in die Lage versetzt, in Vertretung des (Noch-)Eigentümers auch Kündigungen auszusprechen. Eine Abtretung kann eine Ermächtigung zur Kündigung durch den Erwerber enthalten (BGH, Urteil v. 10.12.1997, XII ZR 119/96, NJW 1998, 896; vgl. § 542 Rn. 4).
Die Vereinbarung im notariellen Vertrag, wonach der Käufer mit dem Tag der Übergabe in alle Rechte und Pflichten des Verkäufers eintritt, enthält eine Ermächtigung zur Kündigung von Mietverhältnissen im eigenen Namen schon vor Umschreibung im Grundbuch (KG, Urteil v. 4.2.2008, 8 U 167/07, GE 2008, 540.
Über die nach dem Wortlaut des § 566 Abs. 1 notwendige Identität von Vermieter und Veräußerer hinaus muss der Vermieter in der Regel auch Eigentümer sein, es muss also eine Identität zwischen Vermieter, Veräußerer und Eigentümer bestehen (Schmidt-Futterer/Streyl, § 566 Rn. 64). Bei fehlender Identität zwischen Vermieter und Veräußerer ist § 566 Abs. 1 entsprechend anwendbar, wenn die Vermietung des veräußerten Grundstücks mit Zustimmung und im alleinigen wirtschaftlichen Interesse des Eigentümers erfolgt und der Vermieter kein eigenes Interesse am Fortbestand des Mietverhältnisses hat (BGH, Urteil v. 12.7.2017, XII ZR 26/16, GE 2017, 1086). Entscheidend für das Einverständnis des Eigentümers ist, dass es ihn quasi selbst belastet, weil das Mietverhältnis, das ein anderer geschlossen hat, in seinem wirtschaftlichen Interesse liegt oder weil er es aus sonstigen Gründen gegen sich gelten lassen möchte, ohne allerdings formal Vertragspartner zu sein; er muss bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise während der Vertragslaufzeit und nicht nur zum Zwecke des Vertragsübergangs bei Veräußerung i. d. R. gleichsam als Vermieter anzuse...