Entscheidungsstichwort (Thema)
Personenversicherungsrecht (Unfall)
Tenor
Der Antrag des Antragstellers vom 01.03.2005 auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens wird abgelehnt.
Tatbestand
I.
Der Antragsteller unterhält bei der Antragsgegnerin eine Unfallversicherung. Gegenstand des Versicherungsvertrages sind u.a. die Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen (AUB 88) der Antragsgegnerin. In deren § 11 Nr. 1 heißt es u.a.
„… Die ärztlichen Gebühren, die dem Versicherungsnehmer zur Begründung des Leistungsanspruchs entstehen über nimmt der Versicherer bei Invalidität bis zu 1 Promille der versicherten Summe …”
Der Antragsteller erlitt bei einem Sturz am 04.11.2002 Verletzungen u.a. im Bereich der linken Schulter. Seither klagt er über beträchtliche Schmerzen. Er unterzog sich im Juni 2003 einer Schulteroperation (Neer'sche Acromioplastik), die jedoch die Schmerzsymptomatik nicht verbesserte. Der behandelnde Orthopäde des Antragstellers … bestätigte in zwei Erklärungen vom 22.07.2003 (Anlage 6) sowie vom 10.10.2003 (Anlage 7), dass unfallbedingt gesundheitliche Beeinträchtigungen verblieben seien. Der Hausarzt des Antragstellers … bestätigte mit Schreiben vom 07.02.2004 (Anlage 3), dass der Antragsteller erstmals nach dem Unfall vom 04.11.2002 über Beschwerden im Schulterbereich geklagt habe und dass ein Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Folgen an der Schulter hochwahrscheinlich sei.
Die Antragsgegnerin ließ den Antragsteller durch Dr. … untersuchen. Dieser Sachverständige kam in seinem Gutachten vom 03.11.2003 u.a. nach kernspintomografischen Untersuchungen zu dem Ergebnis, dass die vom Antragsteller geklagten Gesundheitsstörungen unfallunabhängig seien. Die Antragsgegnerin verweigert im Hinblick darauf die Erbringung der vom Antragsteller verlangten Versicherungsleistungen.
Der Antragsteller erstrebt die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens u.a. mit der Begründung, dass hierdurch ein Klageverfahren vermieden werden könne. Das Verfahren soll auch dazu dienen, die Prozessaussichten einschätzen zu können.
Entscheidungsgründe
II.
Der Antrag ist insgesamt rechtsmissbräuchlich und deshalb unzulässig. Der Antragsteller verlangt die Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens zur Erreichung verfahrensfremder Ziele.
1. Beweisfrage 3 (2. Teil)
Diese Beweisfrage zielt, wie ihr zweiter Teil zeigt, auf die Erforschung der Höhe des Invaliditätsgrades. Diese Fragestellung ist in einem selbständigen Beweisverfahren unzulässig.
Seinem Wesen und seiner Funktion nach bildet das selbständige Beweisverfahren eine dem Klageverfahren vorgelagerte oder in einem laufenden Klageverfahren eine vorgezogene Beweisaufnahme (Thomas/Putzo, Zivilprozessordnung, 26. Auflage ≪200 a≫, Vorbemerkung § 485 ZPO Rz. 1). Es dient damit der Gewinnung von Erkenntnissen in einem Streit der Parteien um entscheidungsrelevante Tatsachen. Entscheidende Voraussetzung für die Erfüllung dieser Aufgabe ist, dass die Parteien die Tatsachen benennen, die sodann durch Beweiserhebungen daraufhin überprüft werden sollen, ob sie so, wie sie vom Antragsteller behauptet worden sind, auch gegeben sind. Nicht Aufgabe der (gerichtlich organisierten und geleiteten) Beweisaufnahme ist es hingegen, den Antragsteller von seiner Darlegungslast zu befreien und die entscheidungsmaßgeblichen Tatsachen erst zu ermitteln. So wie im Klageverfahren sogenannte Ausforschungsbeweise unzulässig sind, muss dies auch für das selbständige Beweisverfahren gelten.
Eben eine solche Ausforschung des Sachverhalts durch das Gericht erstrebt der Antragsteller hier mit dem zweiten Teil der Beweisfrage 3 („… wie hoch ist der Invaliditätsgrad?”). Dem Antragsteller ist es zuzumuten, sich hier zunächst die für hinreichenden Tatsachenvortrag, d.h. für eine konkrete Bezifferung des Invaliditätsgrades erforderlichen Informationen zu beschaffen. Nach § 11 Nr. 1 AUB 88 ist der durch entsprechende Kostenzusagen der Antragsgegnerin in die Lage versetzt, selbst die notwendigen Gutachten durch von ihm ausgewählte und beauftragte Ärzte erstellen zu lassen.
2. Die Beweisfragen im übrigen:
Ohne Erkenntnisse zur Höhe des Invaliditätsgrads ist die Beantwortung der übrigen Beweisfragen zum Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfall des Antragstellers und den von ihm geklagten Beschwerden sinnlos. Eine entsprechende Feststellungsklage wäre mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig. Dem Antragsteller müsste im Klageverfahren entgegengehalten werden, dass er (nur) mit einer Leistungsklage das eigentliche Klageziel, nämlich die Auszahlung von Versicherungsleistungen unmittelbar erreichen könnte. Eine Feststellungsklage wäre auch nicht ausnahmsweise ausreichend. Es ist für den Bereich des Versicherungsvertragsrechts zwar anerkannt, dass eine Klage auf Feststellung des Bestehens der Eintrittspflicht eines Versicherers zulässig ist, wenn erwartet werden darf, dass der Versicherer bei einem entsprechend Urteil ohne weiteres die von ihm geschuldete Leistung erbringen wird. Eine solche Sonderlage i...