Verfahrensgang

AG Werl (Entscheidung vom 08.11.2002; Aktenzeichen 4 C 378/02)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 08. Nov. 2002 verkündete Urteil des Amtsgerichts Werl (Aktenzeichen: 4 C 378/02) wird auf seine Kosten zurückge-wiesen.

 

Gründe

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO i. V. m. § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO n. F. abgesehen.

Die zulässige Berufung des Klägers bleibt im Ergebnis erfolglos. Er hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung von 922,78 EUR, welche er für den Erwerb von 44 Nachrüstsätzen für Pflegebetten aufgewandt hat.

I.

Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Schadensersatz unter dem Gesichtspunkt der Produkthaftung gem. § 823 Abs. 1 BGB.

Bei Inverkehr bringen der von Beklagtenseite gefertigten Pflegebetten lag kein Produktfehler vor. Einen Fabrikationsfehler hat der Kläger zu Recht selbst nicht behauptet, da ein sogenannter "Ausreißer" nicht vorgelegen hat. Darüber hinaus war - entgegen der Auffassung des Klägers - jedoch auch kein Konstruktionsfehler gegeben, da die Betten bei ihrer Lieferung dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprachen und ihre Funktionsfähigkeit nach damaligen Erkenntnissen nicht beeinträchtigt war. Darüber hinaus waren die Betten zertifiziert. Der Kläger hat auch nicht vorgetragen, dass es bereits bei Kaufvertragsabschluss oder Lieferung der Betten ein Problembewußtsein für den besonderen Feuchtigkeitsschutz gegeben hätte, so dass dies unter Berücksichtigung der zu erwartenden Lebensdauer von Pflegebetten bereits damals hätte technisch ins Kalkül gezogen werden müssen. Zu Recht hat das Amtsgericht deshalb in dem angefochtenen Urteil darauf hingewiesen, dass die von der Beklagten gelieferten Betten nicht etwa deshalb mangelhaft sind, weil sich aufgrund später entstandener Erkenntnisse der zuständigen Behörde die Voraussetzung für die Erteilung der CE-Kennzeichnung verschärft haben. In diesem Zusammenhang hat das Amtsgericht zu Recht einen Ersatzanspruch aufgrund der Normierung des § 3 Abs. 2 Produkthaftungsgesetzes für ausgeschlossen gehalten.

Die Beklagte hat darüber hinaus die Kosten für die Nachrüstsätze auch nicht wegen einer Verletzung der Produktbeobachtungspflicht zu tragen. Um seiner Gefahrabwendungspflicht zu genügen, muss sich der Hersteller über die Verwendungsfolge seines Produktes laufend informieren (BGHZ 80, 199 ff.). Hierbei hat der Hersteller auch Fachzeitschriften, sonstige Literatur und die Produktentwicklung seiner Mitbewerber zu beachten. Gehen von dem Produkt erhebliche Gefahren aus - bei drohenden Gesundheitsschäden muss ein entsprechender ernst zunehmender Verdacht genügen - trifft den Hersteller eine Warnpflicht sowie nach Lage der Dinge eine Rückrufpflicht einschließlich der Pflicht, dem Käufer Ersatz zu leisten oder für die Kosten der Reparatur aufzukommen (vergl. Münchener Kommentar, BGB, 3. Aufl., § 823 Rd.-Nr. 289). Eine solche Pflicht kann den Hersteller unter Umständen auch dann treffen, wenn sich erst nach Inverkehrgabe des Produktes bis zu diesem Zeitpunkt unerkennbare Risiken zeigen, eine schuldhafte Pflichtverletzung zum Zeitpunkt des Inverkehrsbringens also nicht vorlag (Münchener Kommentar, aaO., Rd.-Nr. 280 a. E. m. w. N.). Teilweise wird in der Literatur die Auffassung vertreten, dass sich die Pflicht zur Kostenübernahme durch den Hersteller aus einem negatorischen bzw. quasi-negatorischen Beseitigungsanspruch des Abnehmers ergeben soll (so Hager, Versicherungsrecht 84, 799 ff.; Pieper, BB 1991, 985 ff. (989); Michalski, BB 1998, 961 ff.; Foerste, DB 1999, 2199). Allerdings ist vorliegend zweifelhaft, ob die Beklagte aufgrund ihrer Produktbeobachtungspflicht und der Feststellungen des Bundesinstituts für Arzneimittel- und Medizinprodukte vom 27. März 2001 überhaupt eine Handlungspflicht hatte. Eine solche Handlungspflicht erscheint der Kammer deshalb fraglich, weil die Untersuchungen zu Bränden von Pflegebetten keine einheitliche Ursache ergeben haben. Das Bundesinstitut für Arzeimittel- und Medizinprodukte hat lediglich vorsorglich die Notwendigkeit erkannt, die Antriebseinheiten der Pflegebetten noch besser gegen eindringende Feuchtigkeit zu schützen. Hinzu kommt, dass es nie zu einem Brand bei einem von der Beklagten gefertigten Bett gekommen ist. Selbst wenn jedoch eine Handlungspflicht der Beklagten aufgrund der Feststellungen des Bundesinstituts für Arzeimittel- und Medizinprodukte vom 27. März 2001 zu bejahen wäre, so hätte die Beklagte nach Auffassung der Kammer allenfalls eine Warnpflicht, nicht jedoch eine Rückrufpflicht einschließlich der Pflicht, dem Kläger Ersatz zu leisten für die Kosten der Nachrüstsätze. Denn Verkehrspflichten zum Rückruf einer Ware (d. h. zur kostenlosen Reparatur, zum Austausch usw.) gibt es nur, soweit eine Warnung des Benutzers nicht genügt. Genau daran scheitert in der Regel eine Rückrufpflicht. Wer nämlich durch Warnung erfährt, dass die Sache, die er erworben hat, zumindest bei Benutz...

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