Verfahrensgang
AG Gernsbach (Beschluss vom 17.05.2021; Aktenzeichen 1 H 1/21) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Amtsgerichts Gernsbach vom 17.05.2021, Az. 1 H 1/21, aufgehoben und die Sache zur weiteren Durchführung des Verfahrens an das Amtsgericht zurückverwiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.
3. Der Beschwerdewert wird auf 4000 Euro festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Antragssteller begehren die Einleitung eines selbstständigen Beweisverfahrens zu der Frage der Ursache von Feuchtigkeit und Schimmel in der im Sondereigentum befindlichen Wohnung im ….
Mit Beschluss vom 17.05.2021, den Antragstellern zugestellt am 28.05.2021, hat das Amtsgericht den Antrag als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es angeführt, dass das Vorbefassungsrecht der … nicht gewahrt worden sei. Es fehle daher am Rechtschutzbedürfnis der Antragsteller.
Gegen diese Entscheidung wenden sich die Antragssteller mit der sofortigen Beschwerde, welche sie mit Schreiben vom …, bei Gericht eingegangen am …, erhoben haben.
Sie behaupten, das selbstständige Beweisverfahren sei zulässig. Dem Verfahren stehe nicht entgegen, dass das Vorbefassungsrecht nicht gewahrt worden sei.
Entscheidungsgründe
II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig und begründet.
1.
Der Antrag auf Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens ist zulässig.
Gemäß § 485 Abs. 2 ZPO ist der Antrag auf Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens zulässig, wenn die antragstellende Partei ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Ursache eines Sachschadens hat. Ein rechtliches Interesse ist nach § 485 Abs. 2 ZPO anzunehmen, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen, kann. Der Begriff des rechtlichen Interesses ist weit zu fassen. Insbesondere ist es dem Gericht grundsätzlich verwehrt, bereits im Rahmen des selbstständigen Beweisverfahrens eine Schlüssigkeits- oder Erheblichkeitsprüfung vorzunehmen. Dementsprechend kann ein rechtliches Interesse nur in völlig eindeutigen Fällen verneint werden, in denen evident ist, dass der behauptete Anspruch keinesfalls bestehen kann (vgl. BGH, NJW-RR 2010, 946 Rn. 6; NJW 2004, 3488).
Dabei fehlt es nicht schon deshalb an einem rechtlichen Interesse hinsichtlich der Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens, weil bei Geltendmachung von Mängeln am Gemeinschaftseigentum gegenüber einer Wohnungseigentümergemeinschaft durch einen Sondereigentümer eine vorherige Beschlussfassung der WEG notwendig ist. Zwar ist anerkannt, dass eine Leistungsklage – nunmehr aufgrund von § 9a Abs. 1 WEG gegen die … als Rechtspersönlichkeit direkt – im Falle fehlender Vorbefassung unzulässig ist. Dies ergibt sich aus dem sog. „Vorbefassungsrecht” der …. Dies ist im Falle der Leistungsklage auch sachgerecht, weil es der WEG aufgrund dieses Rechtes grundsätzlich möglich sein muss, das „ob” und „wie” einer etwaigen Mangelbeseitigung selbst zu bestimmen (BGH, NJW 2018, 1749 Rn. 15). Das Bestimmungsrecht wird ihr aber genommen, wenn Leistungsklage erhoben wird, weil das Gericht in diesem Fall eine verbindliche Verpflichtung ausspricht.
Diese Konstellation liegt aber nicht vor, wenn es lediglich um die Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens gegen … geht, sodass im Ergebnis im Einklang mit der Rechtsprechung des BGH von der Zulässigkeit des Beweisverfahrens auszugehen ist, weil ein rechtliches Interesse besteht.
Im Falle der Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens zur Feststellung von Mängeln am Gemeinschaftseigentum durch einen Sondereigentümer gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft ist zu beachten, dass anders als im Falle der Leistungsklage keine gerichtliche Entscheidung hinsichtlich des „ob” und „wie” vorweggenommen wird, sodass alleine aus diesem Grund die fehlende Vorbefassung nicht zur Unzulässigkeit des Antrags führen kann (vgl. BGH NJW 2018, 1749 Rn. 18). Vielmehr wird lediglich das Bestehen der behaupteten Mängel durch Einholung eines Sachverständigengutachten zwischen den Parteien festgestellt.
Es ist weiter zu bedenken, dass auch eine Leistungsklage ausnahmsweise ohne Vorbefassung zulässig ist, wenn die Vorbefassung bloße Förmelei wäre. Die Prüfung der Frage der bloßen „Förmelei” würde jedoch das selbstständige Beweisverfahren überfrachten (vgl. BGH NJW 2018, 1749 Rn. 12) Auch aus diesem Grund ist es interessengerecht, die Durchführung des selbstständigen Beweisverfahrens nicht von einer Vorbefassung abhängig zu machen.
Dabei ist im hier in Streit stehenden Einzelfall weiter zu beachten, dass weitergehende Maßnahmen durch den Verwalter der WEG abgelehnt wurden, da aus seiner Sicht ein Mangel am Gemeinschaftseigentum nicht vorliege. Eine weitere Befassung sei nach Auffassung des Verwalters nur denkbar, wenn der Nachweis erbracht sei, dass die Ursache für die Feuchtigkeit und den Schimmel im Bereich des Gemeinschaftseigentums liege (vgl. Bl. 85, 89 d. Akte). Hieraus ergibt sich dann aber um so mehr, dass die Vermeidun...