Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnraummiete: Einstweilige Verfügung gegen den Vermieter wegen unzureichend angekündigter Baumaßnahmen
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Baumaßnahme, die sowohl der Instandsetzung als auch der Modernisierung dient, muss nach § 554 Abs. 3 BGB formell angekündigt werden.
2. Wird für die Ankündigung die gesetzliche Frist und die Baumaßnahmen nicht erläutert, kann der Mieter eine einstweilige Verfügung auf Unterlassung erwirken; eine schon im Mietvertrag erteilte Zustimmungserklärung zu etwaigen Modernisierungsmaßnahmen ist unwirksam.
Tenor
1. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, es zu unterlassen, auf dem Hausgrundstück W.Straße 25, 10781 Berlin-S., eine Einrüstung sämtlicher Fassadenteile des 1. Innenhofes, des 2. Innenhofes sowie der weiteren Fassadenteile des 1. Quergebäudes, des 2. Seitenflügels und des 2. Quergebäudes vorzunehmen.
2. Der Antragsgegnerin wird angedroht, dass für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die in Ziff. 1 ausgesprochene Verpflichtung ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu vollstrecken an den Geschäftsführern der Komplementär-GmbH festgesetzt werden kann.
3. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.
4. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
Die sofortige Beschwerde gegen die Zurückweisung des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung betreffend einen Anspruch auf Unterlassung der Einrüstung eines Gebäudes ist gemäß §§ 567 Abs. 1 Nr. 2, 569 ZPO zulässig und begründet.
Den Antragstellern steht gemäß § 935 ZPO in Verbindung mit § 1004 BGB ein Anspruch auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gerichtet auf die Unterlassung der Errichtung der angekündigten Einrüstung zu. Der Verfügungsgrund ergibt sich aus gegebener Dringlichkeit der alsbaldigen Entscheidung zur Regelung des Rechtsverhältnisses. Denn es ist nicht erkennbar mit einer, Entscheidung im Hauptsacheverfahren vor Abschluss der geplanten Arbeiten zu rechnen, so dass der Rechtsschutz in dem Falle leer laufen würde.
Der Verfügungsanspruch ergibt sich vorliegend daraus, dass die Antragsteller nicht, gemäß § 554 Abs. 2 BGB zur Duldung der Einrüstung verpflichtet sind. Denn insoweit stellt das Ankündigungsschreiben der Hausverwaltung der Antragsgegnerin vom 27. August 2004' mangels Einhaltung der dreimonatigem Frist vor Baubeginn und wegen der fehlenden Erläuterungen zu den einzelner Maßnahmen keine wirksame Ankündigung dar. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin handelt es sich vorliegend auch um Maßnahmentür Verbesserung der Mietsache und zur Schaffung neuen Wohnraums gemäß § 554 Abs. 2 BGB und nicht ausschließlich um bloße Instandhaltungsmaßnahmen gemäß Abs. 1, für die eine Duldungspflicht bestehen könnte. Zum einen fehlt es insoweit an einer Darlegung, welche Instandhaltungsmaßnahmen aufgrund welchen konkret mangelhaften Zustands an der Fassade auszuführen sein sollen. Zum anderen hat die Hausverwaltung der Antragsgegnerin in dem Rundschreiben vom 27. Juli 2004 selbst mitgeteilt, dass zur Durchführung der Arbeiten an den Fassaden.. sowie dem Dachausbau alle Fassadenteile eingerüstet werden. Bei dem geplanten Dachausbau handelt es sich um eine gemäß § 554 Abs. 2 BGB ankündigungspflichtige Maßnahme zur Schaffung von Wohnraum. Soweit also die Einrüstung - wie hier - sowohl einer Instandsetzung (Fassade) als auch einer Modernisierung (Dachgeschossausbau) dient, greift § 554 Abs. 2 BGB ein. Dessen Voraussetzungen sind jedoch nicht erfüllt (s.o.).
Die Einwände der Beschwerdeerwiderung greifen nicht durch. Die in Zusätzen zu den Mietverträgen enthaltene Klausel aus 1996, wonach der Mieter zukünftigen Modernisierungsmaßnahmen zustimmt, ist als, unbestimmte Vorratsgenehmigung unwirksam. Der Umstand, dass gegenüber einigen Mietern. Duldungstitel hinsichtlich der Durchführung von Versorgungsleitungen durch ihre Wohnungen vorliegen, beinhaltet nicht auch eine Duldung von Gerüsten zwecks Dachgeschossausbau. Dass sich aus den früheren Titeln auf eine Kenntnis der Mieter vom geplanten Dachgeschossausbau schließen lässt, reicht zur Begründung der Duldungspflicht nicht aus. Es ist auf Seiten der Antragsteller auch nicht treuwidrig, auf der Einhaltung ihrer gesetzlichen Rechte nach § 554 Abs. 2 BGB zu bestehen.
Der Vortrag der Antragsgegnerin, wonach gegenwärtig keine Arbeiten bezüglich des Dachgeschossausbaus vorgenommen werden, ist nicht dahin zu verstehen, dass zur Zeit nur Instandsetzungsarbeiten an der Fassade vorgenommen werden und dass Gerüst nach Abschluss dieser Arbeiten wieder abgebaut werden. soll. Vielmehr heißt es in der Beschwerdeerwiderung, dass die Dachgeschossarbeiten zwar erst nach einer noch zu erklärenden Ankündigung an die Mieter erfolgen sollen, dennoch aber bereits vorbereitende Maßnahmen. wie die Gerüsterstellung schon erforderlich und hinzunehmen seien. Dies ist tatsächlich nicht der Fall. Vor...