Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnraummiete: Verneinung der Gestattung einer Parabolantenne für einen eingebürgerten ausländischen Mieter bei vorhandenem Kabelanschluß

 

Orientierungssatz

1. Zwar haben ausländische Mieter grundsätzlich ein anerkennenswertes Interesse daran, über eine Satellitenempfangsanlage Programme ihres Heimatlandes zu empfangen, um sich über das dortige Geschehen zu unterrichten und die kulturelle und sprachliche Verbindung aufrecht zu erhalten. Sie können insofern nicht auf das Kabelprogramm verwiesen werden, weil in das inländische Kabelnetz nur eine kleine Anzahl ausländischer Programme eingespeist wird, die den Informationsbedarf regelmäßig nicht deckt (Anschluß BVerfG, 19. Juni 1994, 1 BvR 439/93, NJW 1994, 2143).

2. Eine andere Beurteilung ist aber gerechtfertigt, wenn der ausländische Mieter die deutsche Staatsangehörigkeit angenommen und damit zu erkennen gegeben hat, daß er auf Dauer in Deutschland bleiben und sich damit in den deutschen Kulturkreis eingliedern will. Sein Interesse, eine Parabolantenne anzubringen, um Programme seines ehemaligen Heimatlandes empfangen zu können, ist bei der Abwägung mit den (Eigentums-)Interessen des Vermieters geringer zu achten als das eines auf Dauer in Deutschland lebenden ausländischen Mieters, der seine ausländische Staatsangehörigkeit beibehält.

 

Tenor

Der Antrag des Beklagten und Widerklägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Berufung gegen das am 19. Juni 2003 verkündete Schlussurteil des Amtsgerichts Wedding - 19 C 665/02 - wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist unbegründet, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg hat, § 114 ZPO.

Der Beklagte kann von der Klägerin nicht gemäß § 535 Abs. 1, § 242 BGB in Verbindung mit dem bestehenden Mietverhältnis über eine Wohnung im Hause ..., verlangen, dass diese der Installation einer 80 cm großen Parabolantenne nebst Halterung und Antennenleitung an dem oberen Rohr der Balkonbrüstung seiner Wohnung im 1. Obergeschoss zustimmt.

Dieser Anspruch steht ihm grundsätzlich nicht zu. Denn es ist unstreitig, dass ihm der Empfang von Rundfunk- und Fernsehprogrammen über den in seiner Wohnung vorhandenen Kabelanschluss möglich ist. Daran ändert nichts die Tatsache, dass der Beklagte und Widerkläger aus dem Kosovo stammt, seine Heimatsprache albanisch ist und er ein Interesse daran hat, mit Hilfe einer Parabolantenne albanische Programme zu empfangen. Denn der Beklagte und Widerkläger hat die deutsche Staatsangehörigkeit angenommen. Auf die Interessen seiner Ehefrau, die die deutsche Staatsangehörigkeit nicht angenommen hat, kann er sich nicht berufen, da diese nicht an dem Mietvertrag beteiligt ist.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts haben Ausländer ein anerkennenswertes Interesse daran, die Programme ihres Heimatlandes zu empfangen, um sich über das dortige Geschehen unterrichten und die kulturelle und sprachliche Verbindung aufrechterhalten zu können. Angesichts der kleinen Zahl ausländischer Programme, die in das inländische Kabelnetz eingespeist werden, besteht diese Möglichkeit meist nur mittels einer Satellitenempfangsanlage. Das Interesse ausländischer Mieter am Empfang von Rundfunkprogrammen ihres Heimatlandes ist von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 GG geschützt und deshalb bei der Abwägung mit den Eigentümerinteressen zu berücksichtigen. Die grundlegende Bedeutung des Grundrechts auf Informationsfreiheit bei Anwendung und Auslegung der bürgerlichrechtlichen Vorschriften wird deshalb verkannt, wenn der ausländische Mieter auf den Kabelanschluß verwiesen wird, der ihm nur beschränkten oder gar keinen Zugang zu seinen Heimatprogrammen verschafft. Ferner wird die grundlegende Bedeutung des Grundrechts auf Informationsfreiheit verkannt, wenn bei der Abwägung den Eigentumsinteressen des Vermieters von vornherein der Vorrang vor den Informationsinteressen des Mieters einräumt wird, ohne dass ersichtlich ist, welche Eigenschaften des Mietobjektes dieses Ergebnis rechtfertigen (so Beschluss vom 9. 6. 1994 - 1 BvR 439/93 - NJW 1994, 2143).

Eine andere Beurteilung ist aber gerechtfertigt, wenn der ehemals ausländische Mieter die deutsche Staatsangehörigkeit angenommen hat und damit zu erkennen gegeben hat, dass er auf Dauer in Deutschland bleiben und sich damit in den deutschen Kulturkreis eingliedern will. Er ist mit einem Ausländer, der seine Staatsangehörigkeit beibehalten will, nicht mehr zu vergleichen. Das Interesse eines im Ausland geborenen, in Deutschland lebenden Mieters, der die deutsche Staatsangehörigkeit angenommen hat, eine Parabolantenne anzubringen, um die Hörfunk- und Fernsehprogramme seines früheren Heimatlandes empfangen und sich über das dortige Geschehen unterrichten sowie die kulturelle und sprachliche Verbindung aufrechterhalten zu können, ist bei der Abwägung mit den Interessen des Vermieters geringer zu achten, als das eines au...

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