Leitsatz (amtlich)
1. Klauseln über einen Zustimmungsvorbehalt des Vermieters zur Haustierhaltung sind nur insoweit mit den Vorgaben des § 307 BGB vereinbar, als die Zustimmungserteilung „ausschließlich von nachvollziehbaren und überprüfbaren sachlichen Kriterien” abhängig gemacht wird, „die nur auf die Einhaltung des vertragsgemäßen Gebrauchs” abzielen. Fehlt es hingegen an sachlichen Kriterien, an denen sich die Entscheidung des Vermieters auszurichten hat und ist die Klausel – mieterfeindlich – dahin auslegbar, dass die Entscheidung des Vermieters „in dessen freies, das heißt an keine nachprüfbare Voraussetzungen gebundenes Ermessen” gestellt wird, liegt eine unangemessene Benachteiligung des Mieters vor, sodass die Klausel unwirksam ist und die Zulässigkeit der Haustierhaltung nicht von einer Zustimmung des Vermieters abhängt.
2. Ist die Klausel über den Zustimmungsvorbehalt unwirksam, so fehlt es an einer vertraglichen Regelung und hängt es von einer umfassenden Abwägung der Interessen aller Beteiligten ab, ob die konkrete Hundehaltung vom Mietgebrauch umfasst ist oder nicht. Den der Hunderasse X zugeschriebenen Risiken eines besonders ausgeprägten Bewegungsdrangs, eines starken Beschützerinstinkts und eines schwach ausgeprägten Talents, unbeaufsichtigt in der Wohnung zurückzubleiben halten die Kläger unter anderem entgegen, dass sie beide im Schichtdienst tätig seien, sich also abwechselnd um die Betreuung des Tieres kümmern können und werden, dass sie über langjährige Erfahrung mit der Betreuung und Erziehung von Hunden verfügen und außerdem auf zusätzliche Unterstützung von Nachbarn zurückgreifen können. Die Beklagte hat diese besonderen Umstände nicht ausreichend in den Blick genommen und deswegen die aus der Rassezugehörigkeit fließenden Risiken der Hundehaltung zu Unrecht als von vorne herein unbeherrschbar eingeschätzt. Sie hat dabei auch nur unzureichend berücksichtigt, dass die Kläger selbstverständlich für Abhilfe sorgen und die Hundehaltung in der Wohnung notfalls werden beenden müssen, sollten sich die aufgezeigten Risiken realisieren und es ungeachtet der Bemühungen der Kläger um die Haltung und Erziehung des Hundes zukünftig durch den Hund zu Störungen der anderen Hausbewohner oder sonst zu Beeinträchtigungen der Interessen der Beklagten kommen.
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird das am 3. Mai 2022 verkündete Urteil des Amtsgerichts Köpenick – 7 C 181/21 – geändert und wie folgt neu gefasst:
- 1. Es wird festgestellt, dass die Kläger zur Haltung eines Hundes der Rasse X in der von ihnen angemieteten Wohnung …straße …, 1… Berlin keine Zustimmung der Beklagten benötigen.
- 2. Die Widerklage wird abgewiesen.
Die Berufung der Beklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits beider Rechtszüge hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auch für den zweiten Rechtszug auf 11.731,52 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Kläger sind Mieter einer Zweizimmerwohnung im 1. OG eines Mehrfamilienhauses, die Beklagte ist die Vermieterin. Die Kläger halten in der Wohnung einen Hund der Rasse X, obwohl die Beklagte ihnen die nach § 11 des Mietvertrages vorausgesetzte Zustimmung zur Haltung des Tieres versagt hat. Die Kläger nehmen die Beklagte auf Feststellung in Anspruch, dass sie den Hund auch ohne Zustimmung der Beklagten halten dürften, und hilfsweise auf Erteilung der Zustimmung zur Hundehaltung. Die Beklagte begehrt widerklagend Räumung und Herausgabe der Wohnung, hilfsweise, die Entfernung des Hundes aus der Wohnung. Wegen der Einzelheiten sowie des Sach- und Streitstandes einschließlich der zur Entscheidung gestellten Anträge wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angegriffenen Urteils verwiesen, welches den Klägern am 18. und der Beklagten am 13. Mai 2022 zugestellt worden ist.
Das Amtsgericht hat die Klage vollständig sowie die Widerklage mit dem Hauptantrag abgewiesen; dem Hilfswiderklageantrag auf Entfernung des Tieres aus der Wohnung hat das Amtsgericht stattgegeben. Der in § 11 des Mietvertrages vorgesehene Zustimmungsvorbehalt der Beklagten zur Hundehaltung stelle sich nicht als unangemessene Benachteiligung der Kläger im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB dar. Dass die Klausel keine Abwägungskriterien benenne, sei unschädlich und führe nicht zu einem nicht nachprüfbaren freien Ermessen des Vermieters, denn dieser sei gemäß § 242 BGB vielmehr schon von Gesetzes wegen zu einer umfassenden Abwägung verpflichtet. Dass bei der Abwägung...