Verfahrensgang

AG Berlin-Tiergarten (Urteil vom 10.04.2002; Aktenzeichen 4 C 688/01)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 10. April 2002 verkündete Urteil des Amtsgerichts Tiergarten – 4 C 688/01 – abgeändert und neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen haben die Kläger als Gesamtschuldner zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO n.F. Bezug genommen.

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben, weil ein Anspruch der Kläger auf Zustimmung zur Mieterhöhung gemäß § 2 MHG bestehe. Dabei sei das Mieterhöhungsverlangen vom 29. August 2001 formell wirksam, weil aus ihm hervorgehe, dass eine Mieterhöhung für preisfreien Wohnraum begehrt werde. Bei Zweifeln habe der Mieter Erkundigungen über die Preisfreiheit einholen können. Im Übrigen habe der Mieter aufgrund des Rundschreibens vom Dezember 2001 über die Beendigung der Preisbindung im Rechtsstreit die Möglichkeit gehabt, den Anspruch mit der Kostenfolge gemäß § 93 ZPO anzuerkennen.

In der Berufungsinstanz wiederholen die Parteien ihre jeweiligen Rechtsauffassungen.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils, die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf das Protokoll vom 21. Januar 2002 Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die gemäß §§ 511ff. ZPO zulässige Berufung ist begründet.

Der Klägerin steht nach § 2 Abs. 1 MHG in Verbindung mit Art. 229 § 3 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB kein Anspruch auf Zustimmung zu einer Erhöhung der monatlichen Nettokaltmiete von 348,25 DM um 96,00 DM auf 444,25 DM ab dem 1. Januar 2002 gemäß dem Erhöhungsverlangen vom 29. August 2001 zu.

Das Mieterhöhungsverlangen ist formell unwirksam, weil darin ein Hinweis auf das zukünftige Ende der Preisbindung zum 1. Januar 2002 fehlt. Grundsätzlich ist zwar ein Mieterhöhungsverlangen gemäß § 2 MHG, das noch während der Dauer der Preisbindung zugeht, wirksam, wenn damit – wie hier – eine Erhöhung des Mietzinses für die Zeit nach dem Ende der Preisbindung verlangt wird (vgl. KG Rechtsentscheid vom 29. Januar 1982 – 8 W RE-Miet 4902/81, GE 1982, 425ff.; OLG Hamm Rechtsentscheid vom 9. Oktober 1980 – 4 ReMiet 2/80, WuM 1980, 262; LG Berlin GE 1996, 677; LG Köln WuM 1996, 276). Voraussetzung dafür ist jedoch nach Auffassung der Kammer, dass dem Mieter in dem Erhöhungsverlangen der Umstand der Beendigung der Preisbindung und dessen Zeitpunkt ausdrücklich bekannt gemacht wird, sofern der Mieter diese Kenntnis nicht bereits besitzt. Die Tatsache allein, dass das Erhöhungsverlangen auf § 2 MHG gestützt wird, reicht nicht aus, um den Mieter von der Beendigung der Preisbindung in Kenntnis zu setzen. Das Mieterhöhungsverlangen muss aus sich heraus verständlich sein. Der Mieter muss allein aufgrund der Angaben im Erhöhungsverlangen in die Lage versetzt werden, eine Entscheidung über die Zustimmung hierzu innerhalb der Zustimmungsfrist treffen zu können. Ein Mieter, der während der Preisbindung ohne weitere Erläuterung ein Erhöhungsverlangen nach § 2 MHG erhält, ist nicht darauf zu verweisen, eigene Nachforschungen beim Bezirksamt anstellen zu müssen. Dies würde die Informationsbeschaffungspflicht des Mieters überspannen. Davon zu unterscheiden ist der – hier nicht einschlägige – Fall, dass es dem Mieter zur Überprüfung der Beendigung der Preisbindung obliegen kann, ggf. selbst die erforderlichen Auskünfte beim Bezirksamt einzuholen, wenn er eine entsprechende Mitteilung über das Auslaufen der Preisbindung vom Vermieter erhalten hat. Der Mieter kann anderenfalls vielmehr zunächst davon ausgehen, dass ihn ein ohne Hinweis auf das Ende der Preisbindung und noch während der Dauer der Preisbindung zugegangenes Erhöhungsverlangen nicht zu einem eigenen Tätigwerden zwecks Informationsbeschaffung zwingt. Der Umstand, dass § 2 Abs. 2 MHG eine Hinweisobliegenheit des Vermieters in vorgenanntem Sinne nicht normiert, steht ihr nicht entgegen. Denn eine abschließende Regelung des Begründungsumfangs enthält diese Vorschrift nicht. Insbesondere dann, wenn dem Mieter beim Auslaufen der Preisbindung die Voraussetzungen der Anwendbarkeit des § 2 MHG dem Grunde nach überhaupt erst zur Kenntnis zu bringen sind, kann auf eine dahingehende Erläuterung, die in der Mehrzahl der Fälle unproblematisch zumindest mit dem Erhöhungsverlangen verbunden werden kann, nicht verzichtet werden.

Vorliegend enthält das Erhöhungsverlangen nach § 2 MHG vom 29. August 2001 keinen Hinweis auf das bevorstehende Ende der Preisbindung. Mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Beklagten vom 20. November 2001 wurde unwidersprochen beanstandet, dass eine Beendigung der Preisbindung dort nicht bekannt sei, eine Mitteilung hierüber fehle und deshalb § 2 MHG keine Anwendung finde. Eine Antwort der Kläger auf die...

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