Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewerberaummiete: Schriftformerfordernis für die einvernehmliche Mietzinsanpassung

 

Orientierungssatz

Haben die Parteien eines auf unbestimmte Zeit geschlossenen Mietvertrages über Gewerberaum nach einer Mietanpassungsklausel jeweils "Einvernehmen" über die angemessene jährliche Anhebung des Mietzinses zu erzielen, findet auf die jeweilige Vereinbarung über die Mietzinsanpassung das Schriftformerfordernis nach § 550 BGB Anwendung. Dem Schriftformerfordernis wird nicht dadurch genügt, dass der Mieter ohne weiteres die jeweils angepasste Miete bezahlt.

 

Nachgehend

KG Berlin (Urteil vom 28.02.2005; Aktenzeichen 12 U 74/03)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Mit Mietvertrag vom 6. Dezember 1993 (Kopie: Bl. 5-10 d. A.) mieteten die Beklagten von der Klägerin Gewerberäume und Freiflächen in B zum Betrieb einer Kfz-Werkstatt. Das Mietverhältnis sollte am 15. Dezember 1993 beginnen und nicht vor dem 31. Dezember 2003 enden. § 37 des Mietvertrages lautet:

"Nach Ablauf eines Mietjahres (erstmalig zum 1.1.95) ist für das folgende Jahr über eine angemessene Anhebung des Mietzinses zwischen den Mietparteien jeweils Einvernehmen zu erzielen. Die Parteien gehen gegenwärtig von einer jährlichen ca. 5%igen Mietsteigerung aus.

Sollten sich die Parteien über die exakte Mietsteigerung nicht einigen können, so soll die angemessene Mietsteigerung unter Berück(s)ichtigung der Steigerung der Lebenshaltungskosten sowie des Gewerbemietenindexes durch einen von der IHK zu benennenden Sachverständigen festgesetzt werden. ..."

Die Klägerin forderte von den Beklagten eine erhöhte Miete (Erhöhung ab Januar 1995, 1996 und 1997 um jeweils 5%, ab Januar 1998 um 1,5%, ab Januar 2000 um 1,4% und ab Januar 2001 um 2%), die von den Beklagten auch gezahlt wurde.

Mit Anwaltsschreiben vom 26. März 2002 (Kopie: Bl. 12 d. A.) kündigten die Beklagten das Mietverhältnis "wegen Nichteinhaltung der Schriftform gemäß § 550 BGB zum 30. September 2002". Dieser Kündigung widersprach die Klägerin.

Die Klägerin meint:

Bei den Mieterhöhungen handele es sich um unwesentliche Vertragsänderungen, die nicht der Schriftform bedürften. Von einer wesentlichen Änderung, die eine schriftliche Fixierung erforderlich mache, könne erst bei einer Mieterhöhung ab etwa 20% gesprochen werden. Abzustellen sei nicht auf die Gesamtsteigerung des Mietzinses in Höhe von etwas unter 24%. Vielmehr sei bei jeder einzelnen Vertragsänderung gesondert zu prüfen, ob diese wesentlich sei und eine schriftliche Fixierung erforderlich mache.

Die Klägerin beantragt

festzustellen, daß das Mietverhältnis betreffend die Kfz-Werkstatt im Hause R gemäß Mietvertrag vom 06.12.1993 aufgrund der Kündigung vom 26.03.2002 nicht am 30.09.2002 "enden wird" (gemeint: geendet hat), sondern bis 31.12.2003 weiterbesteht.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie sind der Auffassung, der Mietvertrag wahre nicht mehr die Schriftform.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Parteienvertreter und die eingereichten Unterlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 16. Januar 2003 verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die erhobene Feststellungsklage (§ 256 ZPO) ist zulässig.

Die Unwirksamkeit einer Kündigung kann zwar nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein, weil es hierbei nicht um das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses geht, sondern um die Wirksamkeit einer Rechtshandlung (vgl. BGH, GRUR 1992, 112, 114). Auch ist derzeit offen, ob der Mietvertrag - wäre er nicht wirksam gekündigt - noch bis zum 31. Dezember 2003 fortbestehen würde. Der Klageantrag ist aber dahin auszulegen, daß festgestellt werden soll, daß der Mietvertrag einen wirksam auf bestimmte Zeit, nämlich bis zum 31. Dezember 2003, geschlossenen Vertrag darstellt (vgl. BGH, NJW 2000, 354, 356). Das erforderliche Feststellungsinteresse (§ 256 Abs. 1 ZPO) ergibt sich daraus, daß die Beklagten auf Grund ihrer Kündigung von einer vorzeitigen Beendigung des Mietverhältnisses ausgehen.

In der Sache konnte die Klage aber keinen Erfolg haben, denn die Kündigung der Beklagten vom 26. März 2002 hat das Mietverhältnis zum 30. September 2002 beendet.

Wird der Mietvertrag für längere Zeit als ein Jahr nicht in schriftlicher Form geschlossen, so gilt er für unbestimmte Zeit (§§ 550 Satz 1, 578 Abs. 1 BGB). § 550 BGB gilt auch für nachträgliche Änderungen eines in schriftlicher Form abgeschlossenen Mietvertrages, sofern es sich nicht um unwesentliche Nebenabreden handelt (Schmid, GE 2002, 1039, 1040; Palandt/Weidenkaff, BGB, 61. Aufl., § 550 Rdnrn. 3, 10, 15 f.). § 550 BGB gilt daher ausnahmslos für jede nachträgliche Vereinbarung zur Miethöhe. Die Miethöhe bildet nämlich zusammen mit den Mietparteien, dem Mietobjekt und der Mietzeit die wesentlichen Elemente eines Mietvertrages (§ 535 BGB...

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