Leitsatz (amtlich)
Ein für einen Zeitraum vor dem Inkrafttreten der Mietrechtsreform am 1. September 2001 wegen vorbehaltloser Mietzahlung verwirktes Minderungsrecht des Mieters lebt für die Zeit danach wieder auf, sofern der Mieter dies binnen eines angemessenen Zeitraums seit dem Wiederaufleben dem Vermieter gegenüber geltend macht. Die Erklärung einer unberechtigten Kündigung stellt eine Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht dar, die Schadensersatzansprüche insbesondere für Aufwendungen begründet, die dem Erklärungsempfänger für rechtliche Beratungen zu deren Abwehr entstehen.
Orientierungssatz
Wenn für einen Zeitraum vor dem Inkrafttreten der Mietrechtsreform am 1. September 2001 ein Minderungsrecht des Mieters wegen vorbehaltloser Mietzinszahlung verwirkt war, lebt es für die Zeit danach wieder auf, sofern sich der Mieter nun binnen eines angemessenen Zeitraums nach der Gesetzesänderung (hier: November/Dezember 2001) darauf beruft (Anschluss BGH, 16. Juli 2003, VIII ZR 274/02, NJW 2003, 2601).
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen - das am 26. September 2002 verkündete Teilurteil des Amtsgerichts Schöneberg - 109 C 73/02 A - abgeändert und neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.070,34 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 340,67 EUR seit dem 10. März 2002 und aus 729,67 EUR seit dem 10. April 2002 sowie weitere Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz bis zum 21. Mai 2002 auf jeweils 161,33 EUR seit dem 10. Mai 2000, 10. Juni 2000, 10. Juli 2000, 10. August 2000, 10. September 2000, 10. Oktober 2000, 10. November 2000, 10. Dezember 2000, 10. Januar 2001, 10. Februar 2001. 10. März 2001, 10. April 2001, 10. Mai 2001, 10. Juni 2001, 10. Juli 2001, 10. August 2001, 10. September 2001, 10. Oktober 2001 und 10. November 2001, aus 780,73 EUR seit dem 10. Januar 2002, aus 721,23 EUR seit dem 10. Februar 2002 und aus 373,36 EUR seit dem 10. März 2002.
Im Übrigen wird die Zahlungsklage abgewiesen.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens (63 S 368/02) haben die Klägerin 53 % und die Beklagte 47 % zu tragen.
Die Berufung der Beklagten gegen das am 11. November 2002 verkündete Schlussurteil des Amtsgerichts Schöneberg - 109 C 73/02 A - wird auf ihre Kosten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass von den Kosten der I. Instanz die Klägerin 63 % und die Beklagte 37 % zu tragen haben (63 S 398/02).
Gründe
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.
I. Berufung gegen das Teilurteil
Die zulässige Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil des Amtsgerichts ist teilweise begründet.
Die Beklagte ist gemäß § 535 Satz 2 BGB a.F. bzw. § 535 Abs. 2 BGB n.F. verpflichtet, an die Kläger restliche Mieten in Höhe von insgesamt 1.070,34 EUR zu zahlen. Im Übrigen ist der Mietzinsanspruch der Kläger teilweise gemindert.
1. Heizungsgeräusche
Insoweit ist der von der Beklagten geschuldete Mietzins für die Zeit von Dezember 2001 bis April 2002 gemäß § 536 BGB n.F. um 10 % der Bruttokaltmiete von 1.333,96 EUR, d.h. um monatlich 133,40 EUR gemindert. Zwar sind Gewährleistungsansprüche der Beklagten für die bis zum 31. August 2001 fälligen Mieten nach § 539 BGB a.F. und dessen Auslegung bis zum 31. August 2001 ausgeschlossen, weil sie die von ihr geschuldete Miete jeweils ohne entsprechenden Vorbehalt gezahlt hat und einen solchen auch nicht innerhalb angemessener Zeit nach Rechtskraft der Entscheidung über die Zustimmung zur Mieterhöhung erklärt hat. Hingegen ist die Heranziehung von § 536 b BGB in entsprechender Anwendung für die nach der Mietrechtsreform, d.h. ab September 2001 fälligen Mieten nicht zutreffend. Der BGH hat nunmehr entschieden (VIII ZR 274/02 - Urteil vom 16. Juli 2003, NJW 2003, 2601 = GE 2003, 1145), dass nach altem Recht (§ 539 BGB a.F.) ausgeschlossene Gewährleistungsansprüche mit der Gesetzesänderung zum 1. September 2001 wieder aufleben und § 536 b BGB n.F. insoweit nicht entsprechend anzuwenden ist. Denn nach der Begründung des Mietrechtsreformgesetzes liegt in diesem Zusammenhang nunmehr keine vom Gesetzgeber unbeabsichtigte Regelungslücke vor, die eine analoge Anwendung einer anderen Vorschrift gestattet.
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte die nach altem Recht verwirkten Mängel, soweit ersichtlich, erstmals - jedenfalls erneut - mit Schreiben vom 19. November 2001 in hinreichend nahem zeitlicher Zusammenhang zur Gesetzesänderung angezeigt. Zwar enthält dieses Schreiben nur ein Instandsetzungsverlangen und lässt einen Willen zur Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen nicht eindeutig erkennen. Allerdings bestätigt die Hausverwaltung der Klägerin unter Bezugnahme auf ein weiteres Schreiben der Beklagten vom 6.Dezember 2001, dass diese Minderungsansprüche geltend gemacht hat, mit den sich die Klägerin nicht einverstanden erklärt hat.
Unter Einbeziehung der vom Amtsgericht auf der Grundlage der e...