Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungsrückgabe bei Mietende: Rechtliche Einordnung und Wirkungen eines Wohnungsübergabeprotokolls

 

Orientierungssatz

1. Treffen die Parteien des Mietvertrages bei Ende des Mietverhältnisses im Rahmen der Verhandlungen über die Rückgabe des Mietobjekts Feststellungen über den Zustand der Räume und über vom Mieter deswegen noch durchführende Arbeiten, so handelt es sich hierbei regelmäßig um ein so genanntes deklaratorisches Schuldanerkenntnis, das eine bestehende Schuld lediglich bestätigt und keine neue Schuld schafft.

2. Mangels erkennbar abweichenden Willens ist im Wege der Auslegung davon auszugehen, dass die Mietparteien bei den Verhandlungen über die Rückgabe nur über die im Rahmen des Mietverhältnisses in Betracht kommenden Ansprüche verhandeln, und dem Mieter keine Verpflichtungen auferlegt werden sollen, die nach übereinstimmender Annahme der Parteien nach Maßgabe des Mietvertrages ohnehin nicht bestehen.

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 18. Oktober 2004 verkündete Urteil des Amtsgerichts Lichtenberg - 10 C 224/04 - geändert und die Klage abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

I. Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gemäß § 540 Abs.1 Satz 1 Nr.1 ZPO Bezug genommen. Von der Darstellung des Tatbestandes wird im Übrigen gemäß §§ 540 Abs.2, 313a Abs.1 Satz 1 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

II. A. Die Berufung der Beklagten ist statthaft und zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 511, 513, 517, 519, 520 ZPO).

B. Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg.

I. Die Klägerin hat gegen die Beklagten zunächst keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen nicht fachgerecht erfolgten Anstrichs an Wänden und Decken der vermieteten Räume i.H.v. 864,00 EUR gemäß § 280 BGB.

Zutreffend ist das Amtsgericht zunächst davon ausgegangen, dass die Beklagten dem Grunde nach dazu verpflichtet sind, Schadensersatz zu leisten und sie mit hiergegen vorgebrachten Einwendungen ausgeschlossen sind. Diese Verpflichtung folgt jedoch nicht allein aufgrund der in dem Wohnungsübergabe-Protokoll vom 12. Dezember 2003 getroffenen Vereinbarungen, sondern vornehmlich aus der Verletzung der mietvertraglichen Pflicht, die Mietsache nicht zu beschädigen. Unzutreffend geht das Amtsgericht in diesem Zusammenhang davon aus, dass es sich bei den im Wohnungsübergabe-Protokoll vom 12. Dezember 2003 getroffenen Vereinbarungen hinsichtlich noch auszuführender Arbeiten um ein kausales bzw. konstitutives Schuldanerkenntnis i.S.d. § 781 BGB handelt, welches unabhängig von einem bestehenden Schuldgrund eine selbständige Verpflichtung schaffen soll. Treffen Mietvertragsparteien zum Ende des Mietverhältnisses bei den Rückgabeverhandlungen Feststellungen zum Zustand der Räume und zu seitens des Mieters deswegen noch auszuführenden Arbeiten, so handelt es hierbei regelmäßig um ein sogenanntes deklaratorisches Schuldanerkenntnis, welches eine bestehende Schuld lediglich bestätigt und keine neue schafft (vergl. dazu Palandt-Sprau, 63. Auflage, BGB § 781 Rdnr.3). Dabei ist in Ermangelung eines erkennbar abweichenden Willens im Wege der Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB davon auszugehen, dass die Vertragsparteien bei den Rückgabeverhandlungen nur über die aus dem Mietvertrag in Betracht kommenden Ansprüche verhandeln und dem Mieter keine Verpflichtungen auferlegt werden sollen, von denen die Parteien davon ausgehen, dass sie nach Maßgabe des Mietvertrags ohnehin nicht bestehen. Vorliegend haben die Parteien insoweit lediglich über Schadensersatzansprüche aufgrund durch nicht fachgerecht ausgeführte Arbeiten verursachte Beschädigung der Mietsache und ferner wegen nicht mehr vollständig vorhandener Einrichtung verhandelt. Gegenstand des deklaratorischen Schuldanerkenntnisses ist danach neben der Haftung dem Grunde nach nur die Wiederherstellungspflicht im Rahmen des Anspruchsinhalts gemäß § 249 Abs.1 Satz 1 BGB. Eine vertragliche Primärpflicht zur Durchführung der Arbeiten als Anspruchsgrund war demgegenüber nach dem Inhalt des Protokolls gerade nicht Gegenstand des Schuldanerkenntnisses. Eine derartige Primärpflicht folgt auch nicht aus § 6 des Mietvertrags, denn die darin enthaltene klauselmäßige Überbürdung von Schönheitsreparaturen ist wegen des starren Fristenplans und des dadurch bedingten Verstoßes gegen § 9 AGBG a.F. unwirksam (BGH NJW 2004, 2586).

Sodann sind die Beklagten aufgrund des Protokolls nicht gehindert die Höhe des geltend gemachten Schadens zu bestreiten. Als Anspruchsinhalt wurde lediglich die Wiederherstellungspflicht anerkannt, welche vorliegend nicht geltend gemacht wird. Die Klägerin verlangt vielmehr Schadensersatz in Geld gemäß § 249 Satz 2 BGB bzw. § 250 Satz 2 BGB. Macht der Vermieter Schadensersatz in Geld wegen vom Mieter ausgeführter aber nicht geschuldeter Schönheitsreparaturen geltend, ist dieser durch eine Differenzberechnung darzulegen...

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