Verfahrensgang
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Urteil vom 26.07.2017; Aktenzeichen 72 C 44/17 WEG) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 26.7.2017 verkündete Urteil des Amtsgerichts Tempelhof/Kreuzberg – 72 C 44/17 WEG – geändert und die Anfechtungsklage hinsichtlich des Beschlusses zu TOP 3 der Eigentümerversammlung vom 28.2.2017 abgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits I. Instanz haben die Klägerin 4/5 und die Beklagten 1/5 zu tragen.
Die Kosten des Rechtsstreits II. Instanz hat die Klägerin zu tragen.
3. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
I.
Von den tatbestandlichen Feststellungen wird gem. § 313 a Abs. 1, 540 Abs. 2 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.
Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung erfolgreich nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Diese Voraussetzungen liegen vor. Denn der auf der Eigentümerversammlung vom 28.2.2017 zu TOP 3 gefasste Beschluss widerspricht nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung.
1. Rechtsschutzbedürfnis
Entgegen der von den Beklagten vertretenen Ansicht besteht für die Anfechtungsklage der Klägerin ein Rechtsschutzbedürfnis. Denn ein solches ist immer dann gegeben, wenn die klagende Partei geltend macht, in ihrem Recht auf ordnungsgemäße Verwaltung verletzt zu sein (BGH v. 02.10.2015 – V ZR 5/15, Tz. 8). Weiter gehende finanzielle Interessen oder Vorteile bzw. Nachteile aus dem angefochtenen Beschluss muss die klagende Partei nicht haben. Zutreffend verweist daher die Klägerin darauf, dass ein spezielles Individualinteresse für eine zulässige Beschlussanfechtungsklage nicht erforderlich ist.
2. Bestimmtheit
Der Beschluss ist inhaltlich nicht zu unbestimmt und hat keinen unverständlichen Inhalt. Sofern die Klägerin die Ansicht vertritt, es sei nicht klar zum Ausdruck gebracht worden sei, ob der Veräußerer oder der Erwerber die Kosten zu tragen habe und so würden – je nachdem, wann die Kosten der Verwalterzustimmung bezahlt würden – zufällige Ergebnisse erzielt, überzeugt dies nicht. Denn ein Beschluss ist bereits dann hinreichend bestimmt, wenn er aus sich heraus klar, eindeutig und widerspruchsfrei erkennen lässt, was gelten soll. Dabei kann der Inhalt auch durch Auslegung bestimmt werden.
Aus dem Beschlusstext „Es wird beschlossen, die Kosten, die zu Lasten der Gemeinschaft für eine vereinbarungsgemäß vom Verwalter zu erteilende Veräußerungszustimmung anfallen, gemäß § 21 Abs. 7 WEG in der Jahresabrechnung der betreffenden Sondereigentumseinheit aufzuerlegen” wird unzweifelhaft ersichtlich, dass es der Wille der Mehrheit der Wohnungseigentümer war, immer dann, wenn Kosten durch eine vom Verwalter zu erteilende Veräußerungszustimmung entstehen, diese im Rahmen der Jahresabrechnung der veräußerten Einheit in Gänze aufzuerlegen sind. Dies hat auch die Klägerin so verstanden, wie sich aus ihren Schriftsätzen zweifelsfrei ergibt. Dass die Wohnungseigentümer nicht geregelt haben, ob der Erwerber oder der Veräußerer die Kosten zu tragen hat, ist unerheblich. Denn eine Regelung im Innenverhältnis der Verkaufsparteien könnten die Eigentümer mangels Beschlusskompetenz gar nicht treffen. Dies wäre im Ergebnis eine Vereinbarung zu Lasten Dritter und die Wohnungseigentümer nähmen Einfluss auf ein Rechtsverhältnis, an dem sie in keiner Weise beteiligt sind.
3. Unwirksamkeit des Beschlusses
a.
Die Auffassung der Klägerin, aus dem Beschlusswortlaut ergebe sich, dass die Wohnungseigentümer sich auf § 21 Abs. 7 WEG gestützt hätten und nicht auf § 16 Abs. 3 WEG, so dass letztere Norm durch die Kammer bereits nicht zu prüfen sei, entbehrt rechtlichen Relevanz. Entscheidend für die Überprüfung der Rechtslage durch die Kammer sind nicht die rechtlichen Argumente, die die Parteien für entscheidend halten, sondern welche tatsächlich objektiv anwendbar sind. Von daher gibt es durch den Beschlusswortlaut grundsätzlich keine „Begrenzung” des rechtlichen Prüfungsumfangs.
b.
Unabhängig von der Frage, ob § 16 Abs. 3 WEG vorliegend anwendbar ist, verdrängt diese Norm die Regelung des § 21 Abs. 7 WEG nicht (BGH Urteil vom 18.3.2016 – V ZR 75/15 = GE 2016, 596). Die Vorschriften schließen sich nicht aus, sondern stehen nebeneinander. Auch § 21 Abs. 7 WEG ermöglicht eine abstrakt-generelle Regelung, wie sie hier in Rede steht.
§ 21 Abs. 7 WEG gibt die Beschlusskompetenz zur Regelung bestimmter Geldangelegenheiten. Unter den Kosten für einen besonderen Verwaltungsaufwand fallen solche, die durch einen über den normalen üblichen Aufwand bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen. Ein besonderer Verwaltungsaufwand liegt dann nicht vor, wenn die Tätigkeit durch die normale Vergütung des Verwalters abgegolten ist, weil sie zu seinen gesetzlichen Aufgaben gehört (Niedenführ 12. A., § 21 RZ 137; Bärmann 13. A., § 21 RZ 193). Zwar sind d...