Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnraummiete: Wiederaufleben eines durch vorbehaltlose Mietzahlung verwirkten Minderungsrechts nach der Mietrechtsreform
Leitsatz (amtlich)
Ein durch vorbehaltlose Mietzahlung verwirktes Minderungsrecht lebt nach dem 1. September 2001 nur dann wieder auf, wenn der Mieter sich innerhalb eines angemessenen Zeitraumes erkennbar auf die Minderung beruft (Anschluß an LG Berlin, 24. Oktober 2003, 63 S 105/03, Grundeigentum 2004, 480).
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 21. Oktober 2003 verkündete Urteil des Amtsgerichts Schöneberg - 3 C 7/03 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1.
Die Beklagte wird verurteilt, die Schimmelbildung an den Rahmen der Doppelfenster des Schlafzimmers (von der Wohnungseingangstür aus gesehen der erste Raum rechts) in der von der Klägerin innegehaltenen Wohnung in ..., und die gelben Verfärbungen oberhalb des Heizkörpers im Wohnzimmer (Zimmer vor dem Wintergarten) fachgerecht zu beseitigen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Klägerin 2/3 und die Beklagte 1/3 zu tragen. Die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz fallen der Klägerin zur Last.
Gründe
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Mit der Berufung verfolgt die Klägerin den Schadensersatzanspruch im Zusammenhang mit der Reparatur des Geschirrspülers in Höhe von 281,00 EUR sowie die Feststellung der Minderung ab Mai 2002 in Höhe von 99,48 EUR und ab September 2002 in Höhe von weiteren 20,00 EUR bis 11. April 2003 weiter.
Die gemäß §§ 511ff. ZPO mit Ausnahme eines Teils der Feststellungsklage zulässige Berufung der Klägerin ist im wesentlichen unbegründet und lediglich hinsichtlich der Kostenentscheidung teilweise begründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten für den Kostenvoranschlag von 20,00 EUR oder auf Zahlung eines Vorschusses für die Reparatur des Geschirrspülers gemäß dem Kostenangebot der ... vom 31. Juli 2002 in Höhe von 261,00 EUR gemäß § 536a Abs. 2 BGB. Es kann dabei offen bleiben, ob der unstreitige Wasserschaden in der Wohnung ursächlich für den Defekt am Geschirrspüler war. Denn jedenfalls ist eine erforderliche Pflichtverletzung der Beklagten nicht konkret vorgetragen worden. Die Klägerin stützt ihren Anspruch zwar unter Beweisantritt darauf, dass der Beklagten die Schadensgeneigtheit der Rohrleitungen aufgrund vorangegangener Verstopfungen im Haus bekannt gewesen sei und sie keine Abhilfe geschaffen habe. Diesem Beweisantritt war jedoch mangels Darlegung konkreter Tatsachen nicht nachzugehen. Denn es stellt einen unzulässigen Ausforschungsbeweis dar, wenn erst in der Beweisaufnahme von den Zeugen die zur Begründung einer Pflichtverletzung erforderlichen Tatsachen, nämlich Zeit und Ort des vorangegangenen Auftretens von Schäden und Verstopfungen, eingeholt werden müssten. Mangels hinreichender Darlegung zu den Tatbestandsvoraussetzungen ist der Anspruch im Ergebnis zu Recht abgewiesen worden. Eine Verletzung der Hinweispflicht kann nicht mit Erfolg gerügt werden, da auch in der Berufungsinstanz kein weiterer Tatsachenvortrag erfolgt ist.
Desweiteren ist die Feststellungsklage unbegründet. Ein Minderungsrecht gemäß § 536 BGB wegen des Taubenbefalls besteht nicht. Denn es ist nicht dargelegt worden ist, ob und ggf. wann sich im laufenden Mietverhältnis die diesbezügliche Situation verschlechtert haben sollte oder neu aufgetreten wäre. Soweit danach davon auszugehen ist, dass er bereits seit Beginn des Mietverhältnisses im November 2000 vorlag, ist die vorliegende Minderung gemäß § 539 BGB a. F. analog ausgeschlossen. Für die Zeit nach der Mietrechtsreform ab September 2001 folgt der Ausschluss des Minderungsrechts aufgrund Verwirkung gemäß §§ 242, 814 BGB. Denn zum Wiederaufleben des zuvor bereits verwirkten Minderungsrechts bedurfte es eines erkennbaren Verhaltens des Mieters, so etwa in dem Fall des erneuten sich darauf Berufens (vgl. BGH GE 2003, 1145; LG Berlin GE 2004, 480). Danach verliert der Mieter sein Minderungsrecht, wenn er über einen längeren Zeitraum von regelmäßig sechs Monaten hinweg in Kenntnis des Mangels die volle Miete entrichtet. Auf diese Weise wird ein Vertrauenstatbestand beim Vermieter dergestalt geschaffen, dass dieser davon ausgehen darf, der Mieter akzeptiere den Zustand der Mietsache als vertragsgemäß. Darüber hinaus treffen ferner die von der angefochtenen Entscheidung herangezogenen Gründe zu. Denn obwohl ein gewisser Taubenbefall zwischen den Parteien unstreitig ist und die Beklagte die Kostenlast des für erledigt erklärten Instandsetzungsanspruchs bezüglich der Tauben anerkannt hat, bedarf es für die Feststellung einer Minderungsquote einer Darlegung zum Umfang der Gebrauchsbeeinträchtigung, d. h. im vorliegenden Fall zur Häufigkeit und Intensität der Störungen durch Taubenkot und -lärm und den gesteigerten Reinigungserfordernissen. Dies ist weder der Klageschrift noch dem weiteren Sachvo...