Verfahrensgang
AG Rinteln (Entscheidung vom 20.01.2010; Aktenzeichen 2 C 108/09) |
Tenor
1.
Auf die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Rinteln vom 20.01.2010 wird dieses aufgehoben und die Klage abgewiesen.
2.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4.
Der Streitwert wird auf 3.527,88 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Auf die Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 2 in Verbindung mit § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO verzichtet.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Rinteln vom 20.01.2010 hat Erfolg, da die Klage keinen Erfolg hat.
I.
Der Kläger kann von der Beklagten nicht gemäß § 546 Abs. 1 BGB die Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung verlangen, da die Beklagte zum Zeitpunkt der vom Kläger gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 3 b) BGB ausgesprochenen fristlosen Kündigungen vom 22.12.2008 (Bl. 13 d.A.), 30.04.2009 (Bl. 24 d.A.) und 11.11.2009 (Bl. 132 d.A.) nicht schuldhaft mit zwei Monatsmieten im Zahlungsrückstand war und damit das Mietverhältnis zwischen den Parteien fortbesteht.
1.
Zwar befand sich die Beklagte auf den vertraglich vereinbarten Mietzins bezogen in einem Zahlungsrückstand, der zum Zeitpunkt aller drei Kündigungserklärungen über die Grenze von den vertraglich geschuldeten zwei Monatsmieten hinausreicht. Doch ist von diesem vertraglich vereinbarten Mietzins zunächst der Betrag abzuziehen, um den die Beklagte im Sinne des § 536 BGB berechtigt ist, die Miete zu mindern.
a)
Von dieser Prämisse ausgehend war die Beklagte zum Zeitpunkt des Zugangs der ersten Kündigungserklärung vom 22.12.2008 noch nicht mit insgesamt zwei Monatsmieten im Zahlungsrückstand, als dass der Kläger berechtigt gewesen wäre, das bestehende Mietverhältnis zu kündigen.
Zum Zeitpunkt der ersten Kündigungserklärung war die Beklagte mit insgesamt vertraglich geschuldeten 720,04 EUR im Mietrückstand, so dass der überschießende Betrag über die nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 b) BGB geforderten zwei Monatsmieten in Höhe von insgesamt 669,80 EUR hinausgehend 50,24 EUR betrug. Doch selbst bei einer berechtigten Mietminderung von nur 4% für die Monate September 2008 bis Dezember 2008 hätte dem Kläger kein Kündigungsgrund zugestanden, da dieser aufgrund einer wirksamen Minderung der Beklagten im Sinne des § 536 BGB lediglich berechtigt gewesen wäre, den geminderten Mietzins geltend zu machen.
Das Amtsgericht Rinteln hat in seiner Entscheidung vom 20.01.2010 der Beklagten allein für die defekte Heizungsanlage zu Recht mit 5% einen höheren Minderungsanspruch zugebilligt, so dass zum Zeitpunkt der ersten Kündigung des Klägers kein Kündigungsgrund bestand.
b)
Im Rahmen der am 30.4.2009 ausgesprochenen Kündigung bestand ein Mietrückstand der Beklagten von 1.416,69 EUR, so dass bei Abzug von zwei Monatsmieten in Höhe von 669,80 EUR ein Rückstand von 746,89 EUR verbleibt. Die vom Amtsgericht zugebilligte Minderungsquote von insgesamt 7% pro Monat reicht nicht aus, um unter die Grenze der zwei Monatsmieten im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 3 b) BGB zu kommen. Dafür wären Minderungsansprüche in Höhe von mindestens 30% der jeweiligen Monatsmiete von September 2008 bis April 2009 erforderlich gewesen.
c)
Auch zum Zeitpunkt des Zugangs der dritten Kündigungserklärung vom 11.11.2009 befand sich die Beklagte immer noch mit einem Betrag von 1.416,69 EUR in Zahlungsrückstand. Dies reicht aufgrund der vom Amtsgericht zugebilligten Minderungsquote von 7% ebenfalls nicht aus, um unter die Grenze von zwei Monatsmieten im Sinne des § 543 Abs. 3 Nr. 3b) BGB zu gelangen. Dafür wären Minderungsansprüche von mindestens 49,79 EUR oder 15% der 15 Monatsmieten von September 2008 bis November 2009 erforderlich gewesen (1.416,69 EUR Rückstand - 669,80 EUR für 2 Monatsmieten ./. 15 Monate).
2.
Diese Rückstände führen allerdings nicht automatisch zur Wirksamkeit der zwei vom Kläger ausgesprochenen Kündigungserklärungen vom 30.4.2009 oder 11.11.2009, da § 543 Abs. 2 Nr. 3 b) BGB einen verschuldeten Zahlungsrückstand des Mieters gebietet. § 543 Abs. 2 Nr. 3b) BGB fordert einen Verzug des Mieters im Hinblick auf seine Zahlungsverpflichtungen. Generell kommt der Mieter zwar im Sinne des § 286 BGB bereits dann in Verzug, wenn er die Mietzahlung zum vereinbarten Zeitpunkt nicht leistet. Dies ist aber solange nicht der Fall, wie die Zahlung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat (§ 286 Abs. 4 BGB). Ein Mieter ist daher mangels Verschulden so lange mit der Mietzahlung nicht im Verzug, wie er annehmen darf, die Miete zu Recht gemindert zu haben (unverschuldeter Rechtsirrtum; so auch LG Frankfurt vom 14.11.2003 in NJW-RR 2004, 1238).
Damit verbleibt der Kammer zu prüfen, ob die Beklagte unter verständiger Würdigung eines objektiven Betrachters davon ausgehen konnte, sie sei berechtigt gewesen, die von ihr gezahlte Wohnraummiete für die streitgegenständliche Wohnung um mindestens 30% zu kürzen, um die Grenze des § 543 Abs. 2 Nr. 3 b) BGB...