Entscheidungsstichwort (Thema)

Anordnung der Nachtragsverteilung für eine bereits vereinnahmte Einkommensteuererstattung

 

Normenkette

InsO § 204 Abs. 1 S. 2; ZPO § 572 Abs. 3

 

Verfahrensgang

AG Dresden (Beschluss vom 05.08.2010; Aktenzeichen 558 IK 2046/06)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Treuhänderin wird der Beschluss des Amtsgerichts Dresden – Insolvenzgericht – vom 5. August 2010 aufgehoben und das Verfahren auch zur erneuten Behandlung des Antrags der Treuhänderin auf Anordnung der Nachtragsverteilung an das Amtsgericht zurückgegeben.

 

Tatbestand

I.

Die beschwerdeführende Treuhänderin begehrt die Anordnung der Nachtragsverteilung für eine von ihr bereits vereinnahmte Einkommensteuererstattung.

Auf Anregung der Treuhänderin hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 20. Februar 2008 das Verbraucherinsolvenzverfahren ohne Verteilung aufgehoben und angeordnet, dass die Verfügungsbefugnis der Treuhänderin auch nach Aufhebung des Verfahrens unter anderem bezüglich Ansprüchen auf Steuererstattungen für die Veranlagungszeiträume vom 1. Januar 2006 bis zur Aufhebung des Verfahrens aufrechterhalten werden. Mit Schriftsatz vom 15. Februar 2010 hat die Treuhänderin mitgeteilt, dass eine Einkommenserstattung für das Jahr 2006 in Höhe von 714,91 EUR bei ihr eingegangen sei und beantragt, die Nachtragsverteilung anzuordnen und ihr eine Vergütung für die Durchführung der Nachtragsverteilung in Höhe von 36,68 EUR einschließlich Auslagen und Umsatzsteuer festzusetzen. Mit Beschluss vom 5. August 2010 hat das Amtsgericht diesen Antrag zurückgewiesen, weil ein Fall des § 203 InsO nicht vorliege. Gegen diesen ihr am 9. August 2010 zugestellten Beschluss wendet sich die am 23. August 2010 eingegangene sofortige Beschwerde der Treuhänderin.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die nach § 204 Abs. 1 Satz 2 InsO statthafte und auch im Übrigen nach §§ 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache vorläufig Erfolg. Eine Nachtragsverteilung kann vorliegend nicht mit der Begründung versagt werden, § 203 Abs. 1 InsO sei nicht einschlägig.

Der von der Treuhänderin nach Schlusstermin und Aufhebung des Verfahrens vereinnahmte. Erstattungsbetrag ist, wie in dem von Amtsgericht und Treuhänderin bereits mehrfach zitierten Aufsatz von Bork umfänglich dargestellt, ein Vermögensgegenstand, der in der Literatur von unterschiedlichen Stimmen den unterschiedlichen einzelnen Nummern des § 203 Abs. 1 InsO zugeordnet wird. Die Diskussion, welche Nummer die einschlägige ist, kann dabei zur Überzeugung der Kammer offen bleiben.

Jedenfalls steht der Nachtragsverteilung nicht entgegen, dass die Verfügungsbefugnis der Treuhänderin bezüglich des Erstattungsanspruchs im Einstellungsbeschluss vorbehalten wurde. Mit der Einziehung hat sie über den Erstattungsanspruch verfügt, aus der Verfügungsbefugnis ergibt sich aber nicht, dass sie den vereinnahmten Betrag auch ohne Anordnung einer Nachtragsverteilung nach eigenem Gutdünken ausschütten dürfte. Auf die Verfügung des Amtsgerichts vom 10. Juni 2010, wonach die Treuhänderin den Erstattungsbetrag insgesamt auf Gerichtskosten zu zahlen hätte, wäre letztlich eine Verteilung, die nur im Rahmen der Nachtragsverteilung in Betracht kommt. Die Nachtragsverteilung stellt sich damit letztlich als der notwendige zweite Schritt nach dem bestandskräftigen ersten Schritt dar, mit dem das Amtsgericht das Insolvenzverfahren eingestellt hat, obwohl mit einer Steuererstattung für 2006 und 2007 zu rechnen war. Nebenbei war dieses Vorgehen nach dem Dafürhalten der Kammer auch durchaus zweckmäßig (vgl. z.B. auch Hamburger Kommentar zur InsO/ Preß/Hennigsmeier, 3.A, § 203 Rz. 2 und § 196 Rz. 5).

Der angefochtene Beschluss ist daher aufzuheben. Die Kammer erachtet es für sachgerecht, derzeit nicht selbst zu entscheiden (§ 572 Abs. 3 ZPO), weil das Amtsgericht das ihm nach § 203 Abs. 3 Satz 1 InsO eingeräumte Ermessen, von der Anordnung abzusehen, bislang nicht ausgeübt und die Schuldnerin hier auch nicht beteiligt hat. Die Kammer weist allerdings darauf hin, dass im Falle eines Absehens von der Nachtragsverteilung das Guthaben nicht an die Justizkasse, sondern an die Schuldnerin auszukehren wäre.

Eine Kostengrundentscheidung und Festsetzung des Werts des Beschwerdeverfahrens sind entbehrlich, weil Gerichtskosten nicht anfallen und die Erstattung außergerichtlicher Kosten nicht in Betracht kommt.

 

Fundstellen

ZInsO 2011, 302

ZInsO 2011, 302, 303

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