Normenkette

BGB §§ 355, 312b, 312d; BGB-Info VO § 14

 

Verfahrensgang

AG Dorsten (Entscheidung vom 11.08.2010; Aktenzeichen 21 C 596/09)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 25.01.2012; Aktenzeichen VIII ZR 95/11)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 11.08.2010 verkündete Urteil des Amtsgerichts Dorsten - 21 C 596/09 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger, der langjähriger Kunde der Rechtsvorgängerin der Beklagten war, schloss mit dieser Rechtsvorgängerin auf Grund deren Angebots aus dem Jahre 2008 im Wege des Fernabsatzes einen Sondervertrag über den Bezug von Erdgas für sein Wohnhaus ...str. ... in E mit der Bezeichnung "S F ...". Darin ist für die Dauer der bis zum 31.08.2010 vereinbarten Laufzeit für das bezogene Erdgas ein Festpreis vorgesehen. Gleichzeitig ist dem Kläger ein Widerrufsrecht eingeräumt und als Widerrufsadresse die Post fach anschrift der Rechtsvorgängerin der Beklagten angegeben. Am 18.10.2008 erhielt der Kläger ein Tarifwechselschreiben der Beklagten, das den Sondervertrag bestätigte.

Als sich der aktuelle Gaspreis für den Kläger gegenüber dem Festpreis ungünstiger darstellte, kündigte er den Vertrag, was ihm die Beklagte mit Schreiben vom 03.09.2009 zum 31.08.2010 bestätigte. Daraufhin ließ der Kläger durch Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 01.10.2009 den Widerruf seiner Vertragserklärung erklären, den die Beklagte nicht akzeptierte.

Deshalb begehrt der Kläger die Feststellung, dass sein Widerruf vom 01.10.2009 das Vertragsverhältnis mit der Beklagten beendet hat. Dazu hat er die Ansicht vertreten, dass sein Widerruf rechtzeitig erfolgt sei, weil die im Vertrag angegebene Postfachanschrift keine "ladungsfähige" Anschrift im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen darstelle, die Widerrufsbelehrung daher nicht gesetzeskonform sei und den Lauf der Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt habe.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass das Vertragsverhältnis zwischen ihm und der Beklagten durch seinen Widerruf mit Schreiben vom 01.10.2009 wirksam beendet worden ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, ein gesetzliches Widerrufsrecht bestehe bei Erdgaslieferungsverträgen nicht. Daher fänden die Vorschriften über die Anforderungen an eine Widerrufsbelehrung für das vertraglich eingeräumte Widerrufsrecht keine Anwendung.

Sie ist weiterführend der Ansicht gewesen, dass die im Vertrag enthaltene Widerrufsbelehrung den gesetzlichen Anforderungen entspreche.

Mit dem am 11.08.2010 verkündeten Urteil (21 C 596/09) hat das Amtsgericht Dorsten die Klage abgewiesen. In seiner Begründung hat es die Beantwortung der Frage, ob dem Kläger überhaupt ein gesetzliches Widerrufsrecht zusteht, dahinstehen lassen, weil es die Angabe der Postfachanschrift in der Widerrufsbelehrung als ausreichend angesehen hat. § 14 BGB-InfoVO, der eine "ladungsfähige" Anschrift verlangt, hat das Amtsgericht nicht angewandt, weil er mit dem Wortlaut der Gesetzesnorm (§ 355 Abs. 1 S.1 BGB) kollidiere und auf Grund des Verordnungscharakters hinter der Gesetzesformulierung zurücktrete.

Gegen diese, dem Klägervertreter am 16.08.20010 zugestellte, Entscheidung richtet sich die am 16.09.2010 bei Gericht zunächst per Fax eingegangene Berufung des Klägers, die er mit bei Gericht am 08.11.2010 eingegangenem Schriftsatz vom 04.11.2010 innerhalb der bis zum 16.11.2010 verlängerten Frist begründet hat.

Unter Wiederholung seiner erstinstanzlich vertretenen Ansichten beantragt der Kläger,

unter Abänderung des am 11.08.2010 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Dorsten (21 C 596/09) nach seinem Antrag I. Instanz zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Auch sie wiederholt und vertieft ihren Vortrag in I. Instanz, nimmt noch einmal auf ihre Ansicht Bezug, dass ein gesetzliches Widerrufsrecht nicht bestehe.

 

Entscheidungsgründe

Die gemäß § 511 ZPO an sich statthafte, im übrigen zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.

Im Ergebnis zu Recht hat das Amtsgericht die Klage abgewiesen.

In seiner Begründung hat das Amtsgericht unterstellt bzw. offen gelassen, dass bzw. ob dem Kläger ein gesetzliches Widerrufsrecht, das sich aus §§ 312 d Abs. 1, 312 b BGB herleitet, zusteht. Es hat vielmehr darauf abgestellt, dass der Widerruf des Klägers vom 01.10.2010 nicht fristgerecht, d.h. innerhalb der 2-Wochen-Frist des § 355 Abs. 2 BGB, erfolgt sei. Die Widerrufsbelehrung, die eine Postfachanschrift der Beklagten als Anschrift, an die der Widerruf zu richten ist, angibt, entspreche den Anforderungen des § 355 BGB, weshalb die Widerrufsfrist mit dem 18.10.2009 (Zugang der Vertragsbestätigung) zu laufen begann.

Das erkennende Gericht teilt im Ergebnis die Auffassung des Amtsgerichts, dass der Widerruf vom 01.10.2009 verfristet ist. Die Verfristung beruht darauf, dass auch das erkennende Gericht die Angabe einer Postfachanschrift in der Widerrufsbelehrung auch dann für ausreichend erachtet, wenn nach § 14 Abs. 4 BGB-I...

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