Leitsatz (amtlich)
Wird in einer Eigentümergemeinschaft über einen längeren Zeitraum diskutiert, ob der Bauträger gerichtlich in Anspruch genommen wird, darf der Verwalter nicht kurz vor Ablauf der Verjährung eigenmächtig ein selbständiges Beweisverfahren als „Notmaßnahme” einleiten.
Eine Klausel in einem Verwaltervertrag, nach welcher der Verwalter „nur bei nachweislich grober Fahrlässigkeit” haftet, ist unwirksam.
Verfahrensgang
AG Limburg a.d. Lahn (Urteil vom 27.02.2018; Aktenzeichen 4 C 901/17 (18)) |
Tenor
In dem Rechtsstreit
…
wird die Beklagte darauf hingewiesen, dass die Kammer beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.
Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen, die Berufungsklägerin mag binnen vorgenannter Frist auch mitteilen, ob die Berufung zurückgenommen wird.
Tatbestand
I.
Die Beklagte war Verwalterin der Klägerin und leitete gegen den Bauunternehmer ein selbständiges Beweisverfahren ein, ohne hierzu von den Eigentümern ermächtigt worden zu sein. Die Eigentümer beschlossen im Anschluss das selbständige Beweisverfahren nicht fortzuführen, daraufhin ist der Antrag zurückgenommen worden. Die entstandenen Kosten macht die WEG nun gegen die Beklagte geltend. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung, mit der sie vor allem rügt, das Amtsgericht habe den Anwendungsbereich des § 27 Abs. 3 Nr. 2 WEG verkannt. Zudem hafte sie nur für grobe Fahrlässigkeit, denn der Verwaltungsvertrag enthalte folgende Klausel „Die Verwaltung hat eine angemessene Betriebshaftpflichtversicherung abgeschlossen. Die Haftung greift nur bei nachweislich grober Fahrlässigkeit”.
Entscheidungsgründe
II.
Die Kammer ist einstimmig zu der Überzeugung gelangt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert sie zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung der Kammer aufgrund mündlicher Verhandlung. Die angefochtene Entscheidung ist nicht zu beanstanden.
Insoweit kann zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen in vollem Umfang auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen werden. Hiergegen wendet sich die Berufung ohne Erfolg.
Entscheidend ist, ob die Beklagte zur Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens berechtigt war. Die Auffassung des Amtsgerichts, dass der Verwaltervertrag insoweit keine Ermächtigung schafft, wird von der Kammer geteilt. Vorliegend ging es um die Durchsetzung von Gewährleistungsansprüchen aus dem Vertrag zur Errichtung der WEG, dies ist ersichtlich nicht von § 6 des Verwaltervertrages erfasst, der sich mit Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen beschäftigt, so dass es auf die Frage, ob diese Klausel, die eine Verlagerung von Instandhaltungsaufgaben auf den Verwalter ohne Jahresobergrenze vorsieht, wirksam ist (verneinend Kammer ZWE 2018, 38), nicht ankommt.
Maßgeblich ist daher, die Anwendbarkeit des § 27 Abs. 3 Nr. 2 WEG, wobei darauf hinzuweisen ist, dass aus dieser Norm alleine eine Vollmacht im Außenverhältnis folgt. Da die Wohnungseigentümer ihre Angelegenheiten selbst verwalten, haben sie die Letztentscheidungsbefugnis, so dass auch bei einer Berechtigung im Außenverhältnis zu handeln, der Verwalter pflichtwidrig handelt, wenn er gegen interne Weisungen verstößt. Die Frage der Ordnungsgemäßheit der Weisungen ist alleine im Anfechtungsverfahren, ggf. unter Beanspruchung von Eilrechtsschutz, zu klären. Zutreffend ist, dass von § 27 Abs. 3 Nr. 2 WEG ausnahmsweise auch Aktivprozesse erfasst sind, wozu auch die Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens gehören kann (BGHZ 78, 166, 172). Erforderlich ist aber stets, dass es sich um eine Notmaßnahme handelt. Dies sind Maßnahmen, die so plötzlich erforderlich werden, dass es dem Verwalter objektiv unmöglich ist, kurzfristig noch eine außerordentliche Eigentümerversammlung einzuberufen, um über die Maßnahme zu entscheiden. Diese Voraussetzungen liegen bei Gewährleistungsprozessen im Regelfall bereits deshalb nicht vor, weil sich Mängel idR – so auch hier – nicht erst kurz vor Ablauf der Gewährleistungsfrist zeigen.
Eine Maßnahme wird allerdings nicht dadurch zu einer Notmaßnahme, dass man zugewartet hat und nun ein Gefahreintritt – hier der Verjährung – droht (vgl. nur LG Berlin NZM 2018, 874; Bärmann/Merle § 21 Rn. 10; Jennißen/Heinemann § 21 Rn. 23). Vorliegend hat die Beklagte selbst vorgetragen, dass bereits mehrfach Gewährleistungsansprüche Gegenstand von Beratungen auf Eigentümerversammlungen waren, zuletzt am 06.10.2014, die Eigentümer sich aber nicht zu einer gerichtlichen Inanspruchnahme des Bauträgers haben entscheiden können. Damit haben die Eigentümer aber eine Entscheidung getroffen, welche die Beklagte nicht umgehen durfte. Alleine dies steht der Annahme einer Notmaßnahme entgegen (vgl. BayObLG ZWE 2001, 418). Ausweislich der Einladung und des Protokolls zu dieser Versammlung (Bl. 148 ff dA), war hier auch ...