Leitsatz (amtlich)

1. Jahresabrechnungen müssen vor der Beschlussfassung den Eigentümern zur Verfügung gestellt werden. Dies muss aber nicht in der Frist des § 24 Abs. 4 S. 2 WEG geschehen. Ein Prüfungszeitraum von 8 Tagen kann ausreichend sein.

2. Weicht der Anfangsbestand der Instandhaltungsrücklage in der Jahresabrechnung von dem Endbestand der Vorjahresabrechnung ab, muss dies erläutert werden, damit die Abrechnung nachvollziehbar ist.

 

Verfahrensgang

AG Idstein (Urteil vom 15.04.2019; Aktenzeichen 3 C 20/19 (10))

 

Tenor

Unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung wird das Urteil des Amtsgerichts Idstein vom 15.04.2019 insoweit abgeändert, als der Beschluss zu TOP4 der Wohnungseigentümerversammlung auch bezüglich der „Darstellung der Entwicklung der Instandhaltungsrückstellung und des Sollvermögens” für ungültig erklärt wird.

Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz werden gegeneinander aufgehoben. Die Kosten der Berufungsinstanz tragen der Kläger zu 85 % und die Beklagten zu 15 %.

Das Urteil und das angefochtene Urteil – im Umfang der Berufungszurückweisung – sind vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert für die Berufungsinstanz: bis 9.000 EUR

 

Tatbestand

I.

Mit der Klage wendet sich der Kläger, soweit für die Berufung noch von Interesse, gegen einen Beschluss über die Genehmigung der Jahresabrechnung 2017. In der Einladung zu der Versammlung ist als TOP 4 die Beschlussfassung über die Jahresabrechnung 2017 aufgeführt, in dem Anschreiben ist darauf hingewiesen worden, dass die Hausgeldabrechnung zeitnah übersandt wird. Diese ist separat übersandt worden.

Der Kläger rügt unter anderem, dass der verbliebene Zeitraum von 8 Tagen nach Übersendung der Jahresabrechnung für die Vorbereitung auf die Versammlung zu kurz sei. Darüberhinausgehend rügt er, dass die Instandhaltungsrücklage nicht das laut Jahresabrechnung für 2016 am 30.12.2016 vorhandene Guthaben fortschreibt, sondern einen in Ist- und Sollrücklage um über 25.000 EUR erhöhten Wert ansetzt.

Das Amtsgericht Idstein hat die Klage, soweit Gegenstand des Berufungsverfahrens, abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er die vollständige Ungültigerklärung des Beschlusses über die Jahresabrechnung begehrt.

Wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen. Im Übrigen wird hinsichtlich des Vortrages in der Berufungsinstanz auf die dort gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Berufung ist teilweise begründet.

1. Zu Recht und mit zutreffender Argumentation hat das Amtsgericht den Einwand der zu späten Übersendung der Abrechnung nicht durchgreifen lassen, so dass insoweit zunächst auf die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen werden kann.

Allerdings entspricht es der Rechtsprechung auch der Kammer, dass eine Übersendung von Unterlagen zu einem vorgeschlagenen Beschluss erforderlich ist, wenn für die Beschlussfassung eine eingehende inhaltliche Auseinandersetzung mit diesen Unterlagen von wesentlicher Bedeutung ist (vgl. dazu BGH, NJW-RR 2012, 343). Dies wird etwa regelmäßig – auch von der Kammer – im Hinblick auf Abrechnungen und Wirtschaftspläne angenommen (vgl. nur BGH, NJW-RR 2012, 343; Kammer NJW-RR 2018, 1168; NJW-RR 2019, 75).

Indes ist für die Übersendung nicht die Frist des § 24 Abs. 4 S. 2 WEG maßgeblich. § 24 Abs. 4 S. 2 WEG regelt die Einberufung, wobei insoweit gemäß § 23 Abs. 2 WEG erforderlich ist, dass die anstehenden Beschlüsse bezeichnet werden. Damit soll sichergestellt werden, dass sich die Eigentümer auf die Beschlussfassung vorbereiten können, wobei nach der Rechtsprechung des BGH eine schlagwortartige Beschreibung des Beschlussgegenstandes genügt (BGH NZM 2012, 275). Dem wird die Einladung, die unter TOP 4 die Beschlussfassung über die Genehmigung der Jahresabrechnung vorsieht, gerecht. Insoweit war für die Eigentümer eindeutig erkennbar, dass eine Beschlussfassung über die Jahresabrechnung 2017 auf der Versammlung anstand.

Eine davon zu trennende Frage ist, ob die Eigentümer sich auf die Beschlussfassung hinreichend vorbereiten konnten, weil ihnen die für die Willensbildung erforderlichen Unterlagen rechtzeitig vorlagen. Dies ist letztlich eine Frage des Einzelfalls und abhängig von dem jeweiligen Beschlussgegenstand. Die Kammer teilt die Auffassung des Amtsgerichts, dass der hier gegebene Zeitraum von acht Tagen zur Prüfung der Abrechnung ausreichend war. In diesem Zeitraum ist es ohne weiteres möglich, eine überschaubare aus sieben Seiten bestehende Abrechnung zu prüfen, zumal über die Abrechnung bereits zuvor ein – zwischenzeitlich für ungültig erklärter – Beschluss gefasst wurde. Da aus der Einladung zu ersehen war, dass ein Beschluss über die Abrechnung zur Entscheidung anstand und diese „zeitnah” übersandt werde, war für die Eigentümer auch ersichtlich, dass eine Abrechnung den Eigentümern zugeleitet wird, so dass diese sich auf die Prüfung – ggf. unter Zuhilfenahme v...

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