Leitsatz (amtlich)
Der Klageantrag auf Einsichtgewährung in die Verwaltungsunterlagen (§ 18 Abs. 4 WEG) muss die begehrten Unterlagen hinreichend vollstreckungsfähig bezeichnen, da die Vollstreckung durch den Gerichtsvollzieher gemäß § 883 ZPO erfolgt.
Besteht Streit über die Existenz von Unterlagen, kommt der GdWE eine sekundäre Darlegungslast zu, wenn der Kläger hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorhandensein der Unterlagen vorträgt.
Verfahrensgang
AG Offenbach (Aktenzeichen 320 C 49/21) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Offenbach am Main wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Streitwert für das Berufungsverfahren: bis 2.000 EUR
Tatbestand
I.
Mit der Klage begehrt der Kläger, ein Erbbauberechtigter, von der beklagten Erbbauberechtigtengemeinschaft Einsicht in Verwaltungsunterlagen. Diese möchte er, angesichts des Umfangs der begehrten Einsicht mit zwei weiteren Erbbauberechtigten zu den üblichen Geschäftszeiten an einem Werktag ausüben.
Er begehrt Einsicht in die Buchhaltungsunterlagen 2019, in die Lohnsteuerbescheinigungen die von dem im Klageantrag näher bezeichneten Steuerbüro erstellt worden sind für die angestellten Personen der Gemeinschaft, in die Wartungsverträge 2019, die mit externen Unternehmen abgeschlossen wurden sowie in die Arbeitsverträge der im Jahr 2019 beschäftigten Personen für die Gemeinschaft.
Die Beklagte ist der Auffassung, dem Kläger bereits Kopien der Buchhaltungsbelege übersandt zu haben, legt in Kopie Arbeitsverträge vor, wobei die Parteien darum streiten, ob dies sämtliche Arbeitnehmer erfasst und vertritt die Ansicht, dass ein Anspruch weitere Personen zur Einsicht mitzunehmen nicht bestehe, zumal in Zeiten der Corona-Pandemie hierfür das Verwaltungsbüro zu klein sei.
Das Amtsgericht, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, hat der Klage stattgegeben, hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der diese ihren erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag weiterverfolgt. Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Zu Recht hat das Amtsgericht der Klage stattgegeben, so dass zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen wird.
Der Anspruch des Klägers besteht aus § 18 Abs. 4 WEG.
1. Der Klageantrag ist entgegen der Auffassung der Berufung hinreichend bestimmt, soweit der Kläger begehrt, ihm Einsicht in alle Buchhaltungsunterlagen des Jahres 2019 betreffend die Erbbauberechtigtengemeinschaft zu gewähren.
Zutreffend ist, dass die Unterlagen, in die Einsicht gewährt werden soll, hinreichend bestimmt bezeichnet werden müssen. Dies ist schon erforderlich, um die Vollstreckung eines späteren Titels zu gewährleisten. Insoweit ist eine genaue Präzisierung erforderlich, weil die Vollstreckung des Anspruchs aus § 18 Abs. 4 WEG nach § 883 ZPO zu erfolgen hat. Insoweit entspricht es gefestigter Auffassung für vergleichbare Einsichtsrechte im Gesellschaftsrecht, dass die Vollstreckung nicht nach § 888 ZPO zu erfolgen hat, wenn die Einsichtgewährung als Hauptpflicht und nicht als Reflex einer Rechenschaftspflicht tituliert ist (zusammenfassend jüngst BayObLG DGVZ 2022, 133; OLG Frankfurt aM NJW-RR 2018, 765; BeckOK ZPO/Stürner, 47. Ed. 1.12.2022, ZPO § 883 Rn. 4), da auch die Einsichtnahme in der Sache eine kurzfristige Herausgabe ist (Bendtsen in Kindl/Meller-Hannich, Zwangsvollstreckung, 4. Aufl., 2020, ZPO § 883 Rn. 36 mwN).
Da anders als im alten Recht nun das Einsichtnahmerecht in § 18 Abs. 4 WEG gesetzlich ausdrücklich gesetzlich geregelt ist und nicht (mehr) Teil einer Rechenschaftspflicht ist, handelt es sich insoweit um eine Hauptpflicht der Gemeinschaft. Anders als im alten Recht ist das Einsichtnahmerecht auch nicht mehr Teil einer Rechenschaftspflicht, die im hier maßgeblichen Rechtsverhältnis der Wohnungseigentümer zur Gemeinschaft ohnehin nur in den im WEG bestimmten Grenzen des § 28 WEG bestehen dürfte. Für diese Lösung sprechen zudem Praktikabilitätserwägungen. So hält § 883 Abs. 2 ZPO beispielsweise ein praktikables Instrument bereit, wenn die Unterlagen nicht aufzufinden sind. Zudem werden damit auch Probleme der Vollstreckung nach § 888 ZPO, die sich daraus ergeben, dass Titelschuldner die Gemeinschaft ist, den Anspruch aber das Handlungsorgan der Gemeinschaft – der Verwalter – erfüllen muss, vermieden (näher Dötsch/Schultzky/Zschieschack, WEG-Recht 2021, Kap. 14 Rn. 155; Greiner, Wohnungseigentumsrecht, § 8 Rn. 134; BeckOK WEG/Elzer, 49. Ed. 1.7.2022, WEG § 43 Rn. 61).
Erforderlich ist daher, dass der Gerichtsvollzieher bestimmen kann, welche Unterlagen dem Titel unterfallen oder nicht, zudem muss die Gemeinschaft klar erkennen können, was von ihr zur Erfüllung des Anspruchs verlangt wird. Dem wird der Klageantrag insoweit gerecht.
In zeitlicher Hinsicht hat der Kläg...