Leitsatz (amtlich)
1. Ein Fensteraustausch von defekten Holzfenstern gegen moderne Kunststofffenster ist eine Maßnahme der modernisierenden Instandsetzung, die auch bei zahlreichen Fenstern im Haus kein Gesamtkonzept erfordert.
2. Für die bei Sanierungen erforderliche Bestandsaufnahme reicht bei auf der Hand liegender Schadensursache und technisch einfach gelagerten Instandsetzungsvorhaben der Sachverstand von Handwerksfirmen aus.
Verfahrensgang
AG Offenbach (Urteil vom 08.04.2019; Aktenzeichen 310 C 39/17) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Offenbach vom 08.04.2019, Az. 310 C 39/17 abgeändert und die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird für beide Instanzen auf bis 5.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Parteien bilden die WEG …. Sie streiten über die Gültigkeit des auf der Versammlung vom 18.05.2017 von den Wohnungseigentümern gefassten Beschlusses unter TOP 5, der lautet: „Die Hausverwaltung wird beauftragt, die vorliegenden Aufträge zur Instandhaltung der Fenster zu vergeben. Die Gesamtsumme von 35.132,79 EUR wird durch eine Sonderumlage entsprechend der Eigentumsanteile erbracht. Die entsprechende Summe wird den Eigentümern durch die Hausverwaltung umgehend mitgeteilt und muss bis zum 01.07.2017 auf das bekannte Wohngeldkonto der WEG eingezahlt werden.”
Der Anfechtungsklage der Klägerin, welche der Meinung ist, der Beschluss entspreche nicht ordnungsmäßiger Verwaltung, weil die auszutauschenden Fenster nicht erneuerungsbedürftig seien, hat das Amtsgericht stattgegeben und den Beschluss für ungültig erklärt. Zur Begründung führte es aus, dass der Beschluss ordnungsmäßiger Verwaltung widerspreche, soweit es sich um eine modernisierende Instandsetzung im Sinne von § 22 Abs. 3, 21 Abs. 3 WEG handelt. Soweit der Fensteraustausch eine Modernisierungsmaßnahme in Sinne von § 22 Abs. 2 WEG darstelle, fehle es am Vorliegen der Voraussetzungen, da eine unbillige Beeinträchtigung anderer Wohnungseigentümer gegeben sei. Eine nicht ordnungsmäßige Verwaltung bzw. eine unbillige Beeinträchtigung läge vor, weil ein Gesamtkonzept für die Erneuerung der Fenster der Liegenschaft fehle. Verwaltung und Wohnungseigentümer verführen seit Jahren nach einem erörterten, aber nicht beschlossenen oder vereinbarten Konzept. Zwar seien Wohnungseigentümer nicht stets gehalten, einen Plan für Instandsetzungs- oder Modernisierungsarbeiten aufzustellen. Im vorliegenden Fall sei dies jedoch anders zu beurteilen. Da noch eine Vielzahl von Fenstern aus der Zeit vor 1998 stammten, könne der Beschluss nicht isoliert betrachtet werden.
Da die Eigentümer sich nicht rechtlich an das praktizierte Konzept gebunden hätten, bestünde die Gefahr, dass bei identischen Sachverhalten in der Zukunft in einem Fall der Antrag auf Austausches eines Fensters gebilligt, in einem anderen Fall aber abgelehnt werde. Dies berge die Gefahr unbilliger Ergebnisse.
Hinsichtlich der weiteren Feststellungen sowie der Begründung im Einzelnen wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.
Hiergegen wendet sich die Beklagten mit der Berufung. Sie sind der Ansicht, dass das Amtsgericht zwischen modernisierender Instandhaltung und Modernisierung hätte abgrenzen müssen. Ferner belegten die eingeholten Gutachten der Baufirmen die Sanierungsbedürftigkeit der betroffenen Fenster. Die Entscheidung, sanierungsbedürftige Fenster zu erneuern, sei ermessensfehlerfrei.
Die Beklagten beantragen,
das Urteil des Amtsgerichts Offenbach vom 08.04.2019 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil. Der Beschluss widerspräche mangels Gesamtkonzept ordnungsmäßiger Verwaltung. Es handele sich gerade nicht ausschließlich um Instandsetzungsmaßnahmen. Es würde pauschal die Erneuerung von Fenstern beschlossen, unabhängig von deren Instandsetzungsbedarf.
Die Parteien haben einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren mit Schriftsätzen vom 11.05.2020 und 12.05.2020 (Bl. 302 f. d. A.) zugestimmt.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Berufung hat Erfolg.
Voranzustellen ist, dass es sich bei dem Austausch der Fenster nicht um eine Modernisierungsmaßnahme, sondern um eine Instandsetzung, teilweise in der Form der modernisierenden Instandsetzung handelt. Denn die Fenster werden nicht anlasslos auf einen höheren Stand der Technik gehoben, sondern eine etwaige Verbesserung erfolgt nur im Zuge einer von der Mehrheit der Wohnungseigentümer angenommenen Instandsetzungsbedürftigkeit.
Der beschlossene Austausch der Fenster als Instandsetzungsmaßnahme nach § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG ist allein mit Blick auf die als nicht gegeben gerügte Erneuerungsbedürftigkeit einzelner Fenster nicht zu beanstanden.
Bei der Beschlussfassung über Sanierungsmaßnahmen haben die Wohnungseigentümer einen Gestaltungsspielraum. Ob Wohnungseigentümer für die Sanierung einen mehrjährigen ...