Verfahrensgang
AG Freiburg i. Br. (Entscheidung vom 29.08.2011; Aktenzeichen 18 Gs 62/11) |
Tenor
1.
Auf die Beschwerde des Verteidigers wird der Beschluss des Amtsgerichts Freiburg vom 29. August 2011 (18 Gs 62/11) aufgehoben.
2.
Dem Beschuldigten wird für die Übertragung des Schriftverkehrs mit seinem Verteidiger, soweit dieser zur Vorbereitung der Hauptverhandlung oder damit in Zusammenhang stehender eigener Verfahrenshandlungen erforderlich ist, AAAA , als Übersetzer für die albanische Sprache bestellt.
3.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
Gründe
I.
Bei der Staatsanwaltschaft Freiburg ist derzeit unter dem Aktenzeichen 641 Js 16249/11 ein Ermittlungsverfahren gegen XXXXX wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz anhängig. Der zwanzig Jahre alte Beschuldigte befindet sich seit dem 19.6.2011 aufgrund Haftbefehls vom gleichen Tage in Untersuchungshaft, die in der Justizvollzugsanstalt XXXXX vollzogen wird. Er steht im Verdacht, am 18.6.2011 gemeinsam mit einem Mittäter in Gewinnerzielungsabsicht 1, 080 kg Kokain und 1,168 kg Heroin zum Preis von insgesamt 60.000,- EUR an einen verdeckten Ermittler der Polizei verkauft und übergeben zu haben und zugleich im Besitz von weiteren 0,548 kg Heroin gewesen zu sein. Darüber hinaus steht der Verdacht der unerlaubten Einfuhr der Betäubungsmittel und der bandenförmiger Begehungsweise im Raum.
Der Beschuldigte ist als albanischer Staatsangehöriger der deutschen Sprache nicht mächtig. Mit Schreiben vom 22.8.2011 beantragte sein Wahlverteidiger daher beim Amtsgericht Freiburg, die Notwendigkeit der Übersetzung der Verteidigerpost des Beschuldigten an den Unterzeichner festzustellen. Mit Beschluss vom 29.8.2011 (AZ 18 Gs 62/11) lehnte der zuständige Ermittlungsrichter die beantragte Feststellung ab unter Hinweis darauf, dass dem Anspruch des Beschuldigten auf ein faires Verfahren durch die jeweils von einem Dolmetscher zu übersetzende mündliche Kommunikation zwischen dem Verteidiger und seinem Mandanten ausreichend Rechnung getragen werde. Am 6.9.2011 legte der Verteidiger gegen diesen Beschluss Beschwerde ein, die damit begründet wurde, dass dem Beschuldigten bei Ablehnung der Tragung der Kosten für die Übersetzung seiner Korrespondenz mit dem Verteidiger entgegen der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung nicht die gleichen prozessualen Rechte zustünden, wie einem Beschuldigten, der der deutschen Sprache mächtig ist. Darüber hinaus verstoße der angefochtene Beschluss gegen die Pflicht zur Kostenminimierung, da durch Fahrten des Verteidigers und des Dolmetschers nach Waldshut-Tiengen höhere Kosten verursacht würden, als durch die Übersetzung der Schreiben. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 6.9.2011 verwiesen.
Nachdem der Ermittlungsrichter mit Beschluss vom 9.9.2011 der Beschwerde nicht abgeholfen hatte, legte er die Sache über die Staatsanwaltschaft, die beantragte, das Rechtsmittel zu verwerfen, der Kammer zur Entscheidung vor.
II.
Das Rechtsmittel des Verteidigers gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 29.8.2011 ist zulässig.
Das Schreiben vom 22.8.2011 ist als Antrag auf Bestellung eines Übersetzers zur Übertragung der Schreiben des Beschuldigten in die deutsche Sprache nach § 187 GVG zu verstehen ( vgl. OLG Celle, B. v. 9.3.2011 - StraFo 2011, 186; Hanseatisches OLG, B. v. 27.10.2004 - NJW 2005, 1135). Gegen die Ablehnung dieses Antrags durch das Amtsgericht ist das Rechtsmittel der einfachen Beschwerde gegeben (vgl. OLG Celle a.a.O., Rdz. 3; OLG Karlsruhe, B. v. 9.9.2009 - StraFo 2009, 527, Rdz. 3). Ein Antrag auf Feststellung der Erforderlichkeit von Auslagen zur Übersetzung der Korrespondenz zwischen Verteidiger und Beschuldigtem nach § 46 Absatz II S.1 und 3 RVG - gegen eine daraufhin ergangene Entscheidung des Amtsgerichts wäre ein Rechtsmittel nicht zulässig (vgl. Gerold/Schmidt, RVG, 18. Aufl. Rdz. 71 zu § 46; Mayer/Kroiß, RVG, 3. Aufl. Rdz. 163 zu § 46) - kommt hingegen nicht in Betracht, da der Verteidiger nicht gerichtlich bestellt wurde.
§ 187 GVG konkretisiert das - unmittelbar aus dem Diskriminierungsverbot des Art 3 Absatz 3 Satz 1 GG und aus Art. 6 Absatz 3 lit. e MRK folgende Recht des Beschuldigten in einem Strafverfahren die Unterstützung eines Dolmetschers zu erhalten und sich auch außerhalb der eigentlichen Verhandlungen und Vernehmungen, auch bereits im Ermittlungsverfahren, der Dienste eines Dolmetschers und/oder Übersetzers zu bedienen. Die Regelung erfasst dabei insbesondere auch die Kommunikation des Beschuldigten mit seinem Verteidiger, unabhängig davon, ob es sich um einen Pflicht- oder um einen Wahlverteidiger handelt (vgl. BVerfG, B.v. 27.8.2003 - NJW 2004, Rdz. 22; 50 OLG Karlsruhe a.a.O., Rdz.4). Zwar kann der Beschuldigte entsprechende Kosten zunächst selbst verauslagen und später im Rahmen der Kostenerstattung gegenüber der Staatskasse geltend machen, um die Effektivität der Verteidigung aber nicht zu behinde...