Leitsatz (amtlich)

Wer einen Datenträger (hier: Festplatte) in Unkenntnis der darauf gespeicherten kinderpornographischen Filmdateien erwirbt und bei dessen Überprüfung diese Filmdateien entdeckt, erfüllt den Tatbestand des vorsätzlichen Besitzes kinderpornographischer Schriften gemäß § 184 b Abs. 4 S. 2 StGB, wenn er anschließend diese Filmdateien durch einen Kopiervorgang auf die Festplatte seines Personalcomputers verschiebt und dort belässt (im Anschluss an OLG Oldenburg NdsRpfl 2011, 77).

 

Normenkette

StGB § 184b Abs. 4 S. 2

 

Tenor

Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft wird das angefochtene Urteil im Rechtsfolgenausspruch abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Der Angeklagte wird wegen unerlaubten Besitzes kinderpornographischer Schriften zu einer

Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 10,-- Euro

verurteilt. Ihm wird gestattet, diese Strafe in Monatsraten zu je 100,-- Euro zu bezahlen. Diese Vergünstigung entfällt, wenn er mit mehr als einer Rate in Verzug gerät.

Die Berufung des Angeklagten wird verworfen.

Der beschlagnahmte PC-Tower, Eigenbau Icy Box, wird eingezogen.

Der Angeklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

 

Gründe

I.

Durch Urteil des Amtsgerichts L. vom 21.07.2010 wurde der Angeklagte wegen Besitzes kinderpornographischer Schriften zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 10,-- Euro verurteilt. Gegen dieses Urteil legten sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft jeweils form- und fristgerecht Berufung ein. Während das Rechtsmittel des Angeklagten erfolglos blieb, hatte das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft hinsichtlich des Strafmaßes Erfolg.

II.

Zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten hat die Kammer folgende Feststellungen getroffen: (wird ausgeführt).

III.

In der Berufungshauptverhandlung wurde folgender Sachverhalt festgestellt:

Der Angeklagte erwirbt häufig Computerfestplatten über die Online-Auktionsplattform eBay, um sie gewinnbringend weiter zu verkaufen. Sofern die Festplatten defekt sind, repariert er sie. Per Überweisung vom 05.05.2008 erwarb der Angeklagte über eBay eine Festplatte der Marke Western Digital WD1500AHFD mit einer Speicherkapazität von 150 Gigabyte (nachfolgend: 150er-Platte), die er in seinem selbst zusammengestellten PC in einem "Icy Box"-Tower verbaute. Diese Festplatte nutzte der Angeklagte in der Folge als Systemfestplatte. Im gleichen Zeitraum erwarb der Angeklagte ebenfalls über eBay eine weitere Festplatte der Marke Western Digital WD3000JS mit einer Speicherkapazität von 300 Gigabyte (nachfolgend: 300er-Platte). Diese verbaute er oberhalb der 150er-Platte im selben PC-Gehäuse "Icy Box". Auf der 300er-Platte befand sich kein Betriebssystem; der Angeklagte nutzte sie als reinen Datenspeicher. Beide Festplatten hatte der Angeklagte nach dem Kauf im Jahre 2008 ständig in Benutzung.

Der Angeklagte geriet Ende des Jahres 2008 in den Verdacht, urheberrechtlich geschützte Programme über Filesharing-Tauschbörsen zu verbreiten. Am Vormittag des 24.04.2009 wurde auf Grund dessen seine Wohnung in L. durchsucht und u.a. der PC "Icy Box" beschlagnahmt. Auf diesen PC hatte durchgängig allein der Angeklagte Zugriff. Zum Zeitpunkt der Beschlagnahme des PC "Icy Box" war das SATA-Kabel der 300er-Festplatte abgezogen, diese befand sich mithin aktuell nicht in Betrieb.

Der IT-Fachmann der Polizeidirektion Lörrach, der Zeuge KHK S., begann am 13.07.2009 mit der Auswertung des PC. Dies geschah, indem unter Verwendung des so genannten Imaging-Programms "Access Data FTK Imager 3.0" eine vollständige Spiegelung beider verbauter Festplatten vorgenommen wurde. Mit dem "Spiegelbild" des Festplatteninhalts, das in der Sache eine vollständig inhaltsgleiche Kopie des Originals ist, wurde alsdann forensisch gearbeitet; die Originalfestplatten blieben hinsichtlich Dateistruktur, Zugriffsdaten und der "Zeitstempel", welche Zugriffe und Veränderungen systemintern dokumentieren, unangetastet. Die nachfolgenden Feststellungen wurden dementsprechend anhand der Images getroffen.

Auf beiden Festplatten fanden sich neben Hinweisen auf illegal heruntergeladene Lizenzprogramme auch ca. 1.500 Filmdateien pornographischen Inhalts, die teilweise gelöscht und nur noch als kleine Vorschaubilder (Thumbnails) vorhanden waren. Etwa 5 bis 10% dieser Dateien, die zu einem großen Teil auch ohne gesonderte Wiederherstellung aufgerufen werden konnten, waren bereits ihrem Titel nach kinder- oder jugendpornographischen Inhalts. Durch ein spezielles polizeiliches Suchprogramm, welches die auf dem Index kinderpornographischer Filme aufgelisteten Filme aufspüren kann, wurde eine Vielzahl kinderpornographischer Filme auf beiden Festplatten festgestellt. Die anschließende Aufschlüsselung dieser Filme in Einzelbilder erwies, dass insbesondere mindestens 7 Filme vorlagen, an denen reale sexuelle Handlungen von oder an Kindern wie Geschlechtsverkehr, Oralverkehr und Analverkehr vorgenommen wurden, wobei die Kinder ihrem Aussehen und Erscheinungsbild nach zweifelsfrei jünger als vierzehn Jahre waren. ...

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